- Kreide-Tertiär-Grenze
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Die Kreide-Tertiär-Grenze, meist KT-Grenze genannt, ist der Zeitpunkt eines geologischen Ereignisses vor 65 Mio. Jahren, das den Übergang von der Kreidezeit zum Tertiär definiert. Dies war der Beginn eines der größten Massenaussterben der Erdgeschichte, das insbesondere die Ära der Dinosaurier beendete. Dieser geologische Kardinalpunkt bildet auch den Übergang zwischen dem Erdmittelalter und der Erdneuzeit.
Es handelt sich dabei jedoch nicht um einen Zeitpunkt im herkömmlichen Sinn. Das geologische Ereignis besteht aus gravierenden Umweltänderungen im erdgeschichtlich kurzen Zeitraum von etwa einer Million Jahren. Durch den Einschlag eines oder mehrerer Meteoriten (KT-Impakt) und erhöhte Vulkantätigkeit kam es zu einem extremen Faunen- und Florenwechsel. Geologisches Merkmal der KT-Grenze ist die Iridium-Anomalie, die auf einen Meteoriteneinschlag schließen lässt, sowie hohe Mengen an Asche und Gesteinskügelchen, welche bei großer Hitze entstanden sein müssen. Ob diese Ereignisse mit dem Aussterben ursächlich zusammen hängen, ist derzeit nicht geklärt.
Da die ICS den Begriff Tertiär durch die Epoche des Paläogens ersetzt hat, müsste man seit dem Jahr 2004 eigentlich von der KP-Grenze sprechen, es hat sich aber der Begriff KT-Grenze durchgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Indizien für Meteoriteneinschläge
Obwohl ein Eintrag extraterrestrischen Materials durch einen oder mehrere Meteoriteneinschläge auf die Erdoberfläche zu diesem erdgeschichtlichen Zeitpunkt durch Forschungsergebnisse belegt wird, ist die Frage, ob dieses Ereignis tatsächlich für das Massenaussterben zu dieser Zeit verantwortlich ist, noch nicht restlos geklärt. Als möglicher Ort des Einschlags wird oft der Chicxulub-Krater im Golf von Mexiko nahe der Halbinsel Yucatán genannt. Kontrovers diskutierte Untersuchungen an Bohrkernen aus dem Kratergebiet durch G. Keller (2004) und neuerlich M. Harting (2004) deuten allerdings darauf hin, dass der Chicxulub-Krater etwa 300.000 Jahre älter sein könnte als die Kreide-Paläogen-Grenzschicht. Dieser Einschlag könnte in diesem Fall nicht das Massenaussterben verursacht haben, das im Falle eines global verheerenden Einschlags in einem wesentlich kürzeren Zeitraum als den obigen 300.000 Jahren abgelaufen sein muss. Alternativ wird daher auch die Theorie vertreten, dass es sich bei dem K-T-Impakt um den Einschlag mehrerer Asteroiden oder Kometen innerhalb einer kürzeren Zeitspanne handeln könnte.
Ein wesentliches Indiz für die Hypothese eines oder mehrerer Einschläge ist der ungewöhnlich hohe Iridium-Gehalt vieler Gesteine nahe der Kreide-Paläogen-Grenze. Da der Erdmantel im Vergleich zu Steinmeteoriten arm an Iridium ist, vermutet man, dass sich in diesen Schichten der beim Einschlag aufgewirbelte Staub wiederfindet. Starke Unterstützung erhält die Hypothese eines Meteoriteneinschlags durch eine Anomalie der Chrom-Isotopenverteilung in derselben Schicht, die auch die Iridium-Anomalie enthält. Die Chrom-Isotopenverteilung ist auf der Erde normalerweise homogen. Während bei der Iridiumanomalie noch eingewendet wurde, dass auch vulkanische Aktivitäten eine Iridiumanreicherung bewirken könnten, ist die Isotopenanomalie bei Chrom nur durch Beimischung von extraterrestrischem Material zu erklären. Ein möglicher Kandidat für den Einschlagskörper ist ein Asteroid mit einer ähnlichen Zusammensetzung wie kohlige Chondriten; letztere besitzen die gleiche Chrom-Isotopenverteilung wie die K-T- beziehungsweise K-P-Grenzschicht. Da ein Komet vermutlich aus Eis und Staubteilchen besteht, deren Zusammensetzung den kohligen Chondriten ähnelt, ist auch ein Komet als eventueller Einschlagkörper nicht auszuschließen.
Klimaänderung
Der Einschlag eines Meteoriten mit dem Durchmesser von mehreren Kilometern bewirkt eine gewaltige Explosion, die den Eintrag von Staubpartikeln in die Atmosphäre und eine dadurch bedingte weltweite Klimaänderung zur Folge haben kann. Durch die Abschwächung der Sonneneinstrahlung sinken die Temperaturen, das Pflanzenwachstum geht zurück - Auswirkungen, die sich auf die gesamte Nahrungskette übertragen. Es wird daher vermutet, dass das Aussterben der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit mit diesem Ereignis zusammenhängen könnte. Sollte sich allerdings bestätigen, dass die Entstehung des Chicxulub-Kraters zeitlich nicht mit dem Massenaussterben identisch ist, welches dem angenommenen KT-Impakt zugeordnet wird, ist fraglich, ob selbst Einschläge dieser Größenordnung ausreichen, um ein entsprechendes Massenaussterben zu verursachen. Die Klimaänderung könnte auch durch Veränderungen der Erdatmosphäre während einer Phase eines erhöhten Vulkanismus verursacht worden sein.
Alternative Abläufe
Allgemein sind die Ursachen für Massensterben, die mehrmals in der Erdgeschichte auftraten, noch wenig verstanden. Die Ökologie, Teildisziplin der Biologie, weist darauf hin, dass Einzelereignisse in komplexen Lebensräumen zwar gravierende Auswirkungen nehmen können, welche aber durch herkömmliche evolutionäre Vorgänge fortgetragen werden. Demnach erkläre ein kosmisches Ereignis vor allem den Anstoß, nicht aber den biologischen Prozess der Umwälzung in der Lebewelt ansich. Die Vertreter der Meteoriten-Hypothese hingegen wenden ein, dass ein solches selten auftretendes Ereignis tatsächlich auch als umformende Kraft wirksam sein kann im Sinne einer rapiden physischen Zerstörung weiter Teile der Erdoberfläche mit Druck-, Feuer- und Wasserwellen, vergifteter Atmosphäre, rasche Temperaturschwankungen, Verdunkelung usw.. Unter der Annahme eines beliebig hoch skalierten Impakts ist ein so beschriebenes Szenarium auch wissenschaftlich denkbar, jedoch kann derzeit nicht bewiesen werden, dass es tatsächlich an der KT-Grenze eintrat. Eine ökologische Umwälzung hingegen, wie sie fossil belegt ist, ist auch ohne einen solchen katastrophalen Ablauf möglich.
Neben einem Einzel-Einschlag werden eine Reihe alternativer Abläufe der KT-Inzession in Betracht gezogen. So wird auch vermutet, dass der Einschlag nur das Ende bzw. den katastrophalsten Teil einer Kette aus voneinander unabhängigen Ereignissen darstellen könnte, welche in ihrer gesamten Abfolge zum Vollbild des Massenaussterbens führte. Denkbar ist auch eine Serie kleinerer und größerer Meteoriteneinschläge, die in einer geologisch kurzen Zeitspanne die Erde trafen. Dies erscheint vor allem dann wahrscheinlich, wenn man die Bewegung des Sonnensystems rund um das Zentrum der Galaxie mit in Betracht zieht, wobei angenommen werden kann, dass sie zeitweise Räume mit höherer Dichte von kosmischen Bruchstücken durchquert, welche zum gegenwärtigen Zeitpunkt astronomisch nicht beobachtbar sind. Auch der gravitative Einfluss eines vorbei bewegten anderen Sterns kann zu einem veränderten Bahnverhalten der im Sonnensystem ohnehin vorhandenen Objekte führen.
Darüber hinaus kann durch einen ausreichend großen Einschlag auch vulkanische Aktivität ausgelöst werden. Der durch den Einschlag erzeugte Impuls setzt sich geotektonisch in den Gesteinsschichten fort und kann durch Überlagerung lokal erhebliche Unformungen und flächenhaftes Austreten von Magma verursachen.
Auch ein anderes großes Massenaussterben, am Übergang zwischen Erdaltertum und Erdmittelalter (Paläozoikum und Mesozoikum), könnte durch einen Meteoriteneinschlag erklärt werden, den „PT-Impakt“ („Perm-Trias-Impakt“). Für diese Grenze wurden aber in den entsprechenden Gesteinsschichten bisher noch keine hohen Iridium-Anteile oder Isotopenanomalien festgestellt. Klimaänderungen beziehungsweise Klimakatastrophen (und infolgedessen das Massenaussterben) könnten natürlich auch Ursachen im Rahmen interner geodynamischer Prozesse auf der Erde haben, wie zum Beispiel erhöhte vulkanische Aktivitäten. Zumindest für die Perm-Trias-Grenze lässt sich eine extraterrestrische Ursache für das Massenaussterben derzeit nicht belegen.
Kritik
Siehe auch
- Impakt
- Impaktkrater
- Durchschlagskraft von Meteoriten, Geschossen und anderen Impaktoren nach Newton
- Baptistina (Asteroid)
Literatur
- Smit J., Hertogen J. (1980) An extraterrestrial event at the Cretaceous-Tertiary boundary, Nature 285, 198-200. Abstract
- Alvarez L.W., Alvarez W., Asaro F., Michel H.V. (1980) Extraterrestrial Cause for the Cretaceous-Tertiary Extinction, Science 208, 1095-1108. E-Text
- Shukolyukov A., Lugmair G.W. (1998) Isotopic Evidence for the Cretaceous-Tertiary Impactor and Its Type, Science 282, 927-929.
- Keller G., Adatte T., Stinnesbeck W., Rebolledo-Vieyra M., Fucugauchi J. U., Kramar U., Doris Stüben D. Chicxulub impact predates the K-T boundary mass extinction (2004), Proceedings of the National Academy of Science of the USA (PNAS) Volume 101, Nummer 11, Seite 3753-3758. Artikel online auf den Seiten der PNAS.
- Harting, Markus: Zum Kreide/Tertiär-Übergang in NE-Mexiko: Geochemische Charakterisierung der Chicxulub-Impaktejekta. Dissertation an der Universität Karlsruhe, Fak. f. Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften, 2004. Abstract pdf online
- Arenillas, I., Arz, J.A., Grajales-Nishimura, J.M., Murillo-Muñetón, G., Alvarez, W., Camargo-Zanoguera, A., Molina, E., Rosales-Domínguez, C. (2006) Chicxulub impact event is Cretaceous/Paleogene boundary in age: New micropaleontological evidence, Earth and Planetary Science Letters 249, 241-257. Abstract pdf online
Weblinks
Commons: Kreide-Tertiär-Grenze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Die Kreide-Tertiär-Grenze in Chubut/Patagonien Von Wolfgang Kießling u. a. Forschungsprojekte in der Paläontologie. Internetpräsenz der Paläontologischen Gesellschaft vom 2. September 2002
- SPIEGEL-Online (10/06) über die wissenschaftliche Kontroverse
- Mekkas der Moderne: Stevns Klint - Der Ort, an dem die Welt unterging Von Hildegard Westphal. In: einestages, veröffentlicht: 16. Dezember 2007
- Online guide to the continental Cretaceous-Tertiary boundary in the Raton basin, Colorado and New Mexico
- Crater Morphology; Some Major Impact Structures
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