Kurschatten

Kurschatten

Der Begriff Kurschatten bezeichnet eine Person, zu der während einer Kur, oft empfunden als zweiter Urlaub, ein enger Kontakt aufgebaut wird. Er impliziert Erotik, die entstehende Beziehung kann aber auch platonisch bleiben. Man sitzt beim Essen am selben Tisch, unternimmt gemeinsame Tagesaktivitäten, verabredet sich und geht am Abend möglicherweise zum Tanzen. Normalerweise hält ein solches Verhältnis nur für die Länge des Kuraufenthaltes oder höchstens ein paar Wochen oder Monate darüber hinaus. In manchen Fällen entwickeln sich daraus aber auch langfristige Freundschaften oder Beziehungen.

,Der Kurschatten hat Einsamen den Aufenthalt versüßt, er ist Grund für Witze, er hat Ehen gestiftet, aber auch zerstört', heißt es im Flyer zur Bad Schwalbacher (Wander-)Ausstellung. Der dazu erschienene Katalog gibt einen Einblick in die Sittengeschichte des Kur- und Bäderwesens vom 14. Jahrhundert an; er beleuchtet ebenso die Beziehungen zwischen Kurgästen in späteren Epochen. Wichtig ist dabei die Konstellation eines Kuraufenthaltes: die Entfernung von zu Hause, von Familie und Beruf, die andere Umgebung, die vorübergehende Loslösung von möglichen privaten und beruflichen Belastungen, der erleichterte Kontakt zu anderen Menschen mit z. T. ähnlichen Problemen, die Möglichkeit, sich auszusprechen, einen neuen Abschnitt zu beginnen und vieles mehr.

Das Thema Kurschatten hat auch Eingang in die Literatur gefunden, zum Beispiel in Thomas Manns Tristan, Felix Krull und Zauberberg. Neben zahlreichen bildlichen Darstellungen, insbesondere auf Scherzpostkarten und in Karikaturen, gibt es auch eine plastische Bearbeitung des Themas in Gestalt des Kurschattenbrunnens in Bad Wildungen.

Das Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren nahm den Begriff 2006 als fingierten Lexikonartikel (Nihilartikel) ins Nachschlagewerk auf.[1] Es ist fraglich, ob man wirklich von einem Nihilartikel sprechen kann, da der Begriff Kurschatten im Volksmund weit verbreitet ist.

Einzelnachweise

  1. Dirk Liesemer: Von Steinläusen und Kurschatten auf Spiegel Online vom 7. März 2010

Literatur

  • Martina Bleymehl-Eiler: Der Kurschatten - ein Tabu bei Licht betrachtet. Ausstellungskatalog der Stiftung KurStadtApothekenmuseum Bad Schwalbach, 2007, 48 Seiten.
  • Catherine C. Fraser, Dierk O. Hoffmann: Pop Culture Germany!: Media, Arts, and Lifestyle. ABC-CLIO 2006, ISBN 9781851097388, S. 74-75 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
  • Kurt Möller: Von Kurschatten und anderen Kurfreuden. Jena/Plauen/Quedlinburg: Verlag Neue Literatur 2003.
  • Martin Anger: Über den Umgang mit Kurschatten. Heiteres Bade-Brevier. Zürich: Verlag Sanssouci 1982.
  • Fritz Hofmann: Kurschatten Geschichten. Berlin/Weimar: Aufbau-Verlag 1981.
  • Peter Ziegler: Kurschatten gesucht. Schnappschüsse aus einer Bäderstadt. Bad Kissingen 1978.

Weblinks


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