Kästenburg

Kästenburg
Hambacher Schloss
Hambacher Schloss von Osten (Rheinebene)

Hambacher Schloss von Osten (Rheinebene)

Alternativname(n): Kästenburg, Maxburg
Entstehungszeit: 11. Jahrhundert
Erhaltungszustand: teilrestauriert
Ständische Stellung: Ministerialen (Bistum Speyer bzw. Kaiser des HRR)
Geographische Lage 49° 19′ 30″ N, 8° 7′ 7″ O49.3258.1186111111111325Koordinaten: 49° 19′ 30″ N, 8° 7′ 7″ O
Höhe: 325 m ü. NN
Hambacher Schloss (Rheinland-Pfalz)
DEC
Hambacher Schloss

Das Hambacher Schloss beim Ortsteil Hambach der rheinland-pfälzischen Stadt Neustadt an der Weinstraße wurde eigentlich als Burg erbaut. Es gilt wegen des Hambacher Festes, das dort 1832 stattfand, als Symbol der deutschen Demokratiebewegung.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Blick vom Schloss über die Rheinebene, hier nach Süden

Das Hambacher Schloss liegt auf dem nach ihm benannten Schlossberg, einem 325 m hohen Vorberg der Haardt, die den Ostrand des Pfälzerwaldes bildet. Von hier aus bietet sich ein weiter Blick etwa 200 m hinunter auf die Rebenhügel beiderseits der Deutschen Weinstraße und auf die sich östlich anschließende Oberrheinische Tiefebene. Deswegen beherrschte die Anlage sowohl als Schutz- wie auch als Raubritterburg die sich bei Neustadt kreuzenden Handelswege und ebenfalls die Nordroute des vorderpfälzischen Abschnittes des Jakobsweges.

Nahe beim Schloss und seinem großen Besucherparkplatz befindet sich eine Burgschänke.

Geschichte

Chronik bis 1832

Vorgänger-Bauwerke

Nach Ausweis von Grabungsfunden wurde das Areal des Bergsporns, auf dem sich heute das Hambacher Schloss erhebt, bereits in spätrömischer Zeit genutzt. In spätkarolingisch-ottonischer Zeit wurde eine Fliehburg errichtet, von der sich Reste vor und unter der äußeren Ringmauer erhalten haben.

Errichtung der Kästenburg

Wohl in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde innerhalb der früheren Befestigung eine neue Burg gebaut. Wegen der umliegenden Esskastanienwälder erhielt sie damals den Namen Kästenburg (pfälzisch für „Kastanienburg“). Über ihre Frühzeit ist nur wenig bekannt; eine Gründung als Reichsburg ist ebenso eine unbelegte Spekulation wie die Vermutung, Kaiser Heinrich IV. habe 1076 von hier aus den Gang nach Canossa angetreten. Fest steht allein, dass Bischof Johann I. von Speyer die Anlage aus seinem Eigengut zusammen mit Burg Meistersel zwischen 1090 und 1104 an das Hochstift Speyer überschrieben hat, das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Eigentümer blieb.

Burkhard und Trushard

Die umfangreiche Anlage galt im hohen und späten Mittelalter als eine der wichtigsten Befestigungen des Hochstifts Speyer, worauf zahlreiche Aufenthalte der Bischöfe seit 1180 hinweisen. Dennoch sind die ersten Burgmannen vordringlich als Reichsministerialen und weniger als Dienstleute der Kirche bekannt geworden. So ist insbesondere der erste Vertreter, Burkhard von Kästenburg, von 1154 bis 1186 im Reichsdienst nachweisbar. Sein Bruder Trushard, belegt 1178–1201 und ursprünglich wohl aus der speyerischen Dienstmannschaft hervorgegangen, machte am Königs- bzw. Kaiserhof Heinrichs VI. eine glänzende Karriere, während der er die Ämter eines königlichen/kaiserlichen Legaten in der Lombardei (seit 1188), eines Podestà von Chieri und Ivrea (1188) und sogar eines kaiserlichen Stellvertreters in Italien (1193) bekleidete, bevor er schließlich in Speyer das Hofamt des Kämmerers ausübte (1192/93, 1198?).

Spätere Ministerialen

Die Nachkommen Trushards hatten mit der Kästenburg keine Verbindung mehr; auf der Anlage fanden sich andere Burgmannengeschlechter, darunter insbesondere seit 1256 die speyerische Ministerialenfamilie Schnittlauch von Kästenburg. Wie zahlreiche bis weit in die Neuzeit verliehene Burglehen beweisen, gehörten zu den Burgmannen, für die seit 1272 nicht mehr unbedingte Residenzpflicht galt, zeitweise auch die Grafen von Pfalz-Zweibrücken (1284) und diejenigen von Veldenz (1311).

Baumaßnahmen

Insbesondere im 13. Jahrhundert fanden größere Baumaßnahmen statt; die Bischöfe Nikolaus I. und Matthias I. unternahmen gegen Ende des 14. und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts weitere. Grund für diese Arbeiten war allerdings nicht eine häufig für das Jahr 1315 angenommene Zerstörung während der Auseinandersetzungen zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen; für eine solche Zerstörung fehlt jeder Beweis.

Rückgang der Bedeutung

Tatsächlich schwand allmählich die Bedeutung der Kästenburg, die erstmals nachgewiesen am Ausgang des 14. Jahrhunderts das bischöfliche Urkundenarchiv beherbergt hatte und in deren Burgkapelle am 12. Juli 1388 Nikolaus I. zum Bischof von Speyer geweiht worden war. Die Bedeutung ging nicht zuletzt zurück wegen der Errichtung der neuen Anlage Hanhofen seit 1414/20 (später Marientraut).

1466 gehörte die Kästenburg zu den Gütern des Hochstifts Speyer, die Kurfürst Friedrich I. für Bischof Matthias in Schutz nahm. Ein zwei Jahre zuvor aufgenommenes Inventar belegt die bescheidene Ausstattung, zu der neben Lebensmitteln und zahlreichem Bettzeug nur ein Esel, zwei Pferde („davon eines blind“) und an Waffen 14 funktionsfähige Armbrüste mit drei Winden und ungefähr 5000 Pfeilen sowie sechs Haken-, eine Stein-, vier Hand- und eine Klotzbüchse gehörten.

Schäden und Zerstörungen

Im Bauernkrieg wurde die Kästenburg 1525 vom Nußdorfer Bauernhaufen besetzt und ausgeplündert, doch entgegen anderslautenden Meinungen nicht zerstört. Nach der Eroberung und Niederbrennung im Jahre 1552 durch Truppen des Markgrafen und Söldnerführers Albrecht Alkibiades von Brandenburg, dem eine Brandschatzung von 150.000 Gulden verweigert worden war, veranlasste Bischof Marquard von Speyer, der von 1560 bis 1581 im Amt war, lediglich die notdürftige Wiederherstellung der Wohngebäude und bestimmte die Ruine zum Sitz eines Försters.

Die ehemalige Wehranlage überstand zwar den Dreißigjährigen Krieg wohl ohne weitere Schäden, doch während des Pfälzischen Erbfolgekrieges zerstörten französische Soldaten im September 1688 die mittlerweile verlassene Burg. Zwischen 1701 und 1703 wurden nochmals Befestigungsarbeiten begonnen, aber nicht zu Ende geführt.

Nachdem gegen Ende des 18. Jahrhunderts das gesamte linksrheinische Territorium der vormaligen Kurpfalz durch französische Revolutionstruppen besetzt worden war, wurde 1797 auch die Burgruine zum französischen Staatsbesitz erklärt. Nach Napoleons Sturz und dem Wiener Kongress fiel die als Rheinkreis neu definierte Pfalz 1816 an das Königreich Bayern.

Hambacher Fest

Siehe Hauptartikel: Hambacher Fest

Der Zug zum Hambacher Schloss 1832

1832 wurde die Schlossruine durch die viertägige Protestveranstaltung von etwa 30.000 Menschen zum Schauplatz der frühen Demokratiebestrebungen auf deutschem Boden.

Anlass war die Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung über Repressionsmaßnahmen der bayerischen Verwaltung. Diese hatte in den Jahren nach 1816 wichtige Errungenschaften zurückgenommen, die dem Volk in der Zeit der Besatzung durch Frankreich gewährt worden waren. Nachdem die bayerische Obrigkeit eine strenge Zensur eingeführt und politische Kundgebungen verboten hatte, gaben die Organisatoren die Veranstaltung als „Volksfest“ aus. Die Pfälzer fanden Unterstützung bei zahlreichen anderen Volksgruppen und Einzelpersonen.

Seit jenem Fest gilt das Hambacher Schloss als Sinnbild der Demokratie in ganz Deutschland.

Neuzeit

Wiederaufbauprojekt Maximilians von Bayern
Aufriss der Ruine 1842 vor dem Umbau
Entwurf von August von Voit

1842 machten die königstreuen Eigentümer die Burgruine dem bayerischen Kronprinzen und späteren König Maximilian II. zum Hochzeitsgeschenk. Seither wird das Schloss im Volksmund auch „Maxburg“ genannt. 1844 begann Bayern mit dem Wiederaufbau, zu dem August von Voit die Pläne lieferte. Obwohl dieser entsprechend dem Zeitgeschmack keine Rekonstruktion der mittelalterlichen Burg beabsichtigte, zeigen die Pläne zum neugotischen Schlossbau in Anlehnung an Hohenschwangau einen vergleichsweise behutsamen Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz. So gehört von den so neugotisch anmutenden Erkern der Fassade der linke tatsächlich zur mittelalterlichen Burg. Frei erfunden sind an der Fassade lediglich das Maßwerk der Fenster und der Zinnenkranz. Bereits zwei Jahre nach Baubeginn gerieten die Arbeiten ins Stocken und kamen endgültig in den Revolutionsjahren 1848/49 zum Erliegen. Ausgeführt wurde lediglich die Hauptfassade des Wohnbaus sowie als Torso der seitlich und rückwärtig vom Hauptbau gelegene Altan. Über mehr als ein Jahrhundert blieb das Hambacher Schloss eine offene Bauruine.

Renovierungen seit dem 20. Jahrhundert

Das Schloss stand im Eigentum des Landkreises Bad Dürkheim, seit dieser 1969 Rechtsnachfolger des aufgelösten Landkreises Neustadt an der Weinstraße wurde. 2002 wurde es in eine neu gegründete Stiftung eingebracht, die Stiftung Hambacher Schloss, deren Träger das Land Rheinland-Pfalz, der Bezirksverband Pfalz, der Landkreis Bad Dürkheim und die Stadt Neustadt an der Weinstraße sind. Der Bund unterstützt die Stiftung finanziell.

Zum 150-jährigen Jubiläum des Hambacher Festes wurde das Schloss zwischen 1980 und 1982 für rund 12 Mio. DM (etwa 6 Mio. €) fast vollständig restauriert.

Eine weitere Renovierung wurde 2006 begonnen und führte in ihrer ersten Phase zur Sperrung des Schlosses für den Besucherverkehr vom 17. Juli 2006 bis zum 24. Mai 2007. Dabei erfolgten u. a. behindertengerechte Installationen samt Einbau eines Aufzuges. Zum 175-jährigen Jubiläum 2007 wurde das Schloss für ein halbes Jahr wieder geöffnet und zeigte in einer Ausstellung die geplanten Umbaumaßnahmen im Kontext der geschichtlichen Entwicklung der Burg bzw. des Schlosses. In der zweiten Phase der Renovierung, vom 4. November 2007 bis zum 7. November 2008, war das Gebäude wiederum für Besucher geschlossen. Die in dieser Umbauphase durchgeführten Maßnahmen, insbesondere die Entfernung einer erst 1980 eingezogenen großflächigen Holzdecke, wurden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.

Veranstaltungen und Tourismus

Während der Zeiten seiner Öffnung ist das Schloss Museum und Tagungsstätte mit rund 200.000 Besuchern pro Jahr. Ganzjährig finden dort Veranstaltungen und Empfänge des Landes Rheinland-Pfalz, des Landkreises Bad Dürkheim sowie der Stadt Neustadt an der Weinstraße statt. Ein bedeutender Gast war am 6. Mai 1985 US-Präsident Ronald Reagan mit einer Rede „an die Jugend der Welt“. Auch deutsche Bundespräsidenten verbinden ihren Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz meist mit einer Visite der historischen Stätte.

Zum Auftakt der Jubliläumsfeierlichkeiten wurde am 1. April 2007 erstmals der Hambacher-Schloss-Marathon durchgeführt, der von Neustadt hinauf zum Schloss und über verschiedene Weindörfer zurück nach Neustadt führte. Von mehr als 2350 gemeldeten Teilnehmern – Profis und Amateuren – waren schließlich 2200 am Start[1].

Hauptredner des Festaktes am 27. Mai 2007 war der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker[2]. Bereits am 11. Mai 2007 war beim Mundartwettbewerb Dannstadter Höhe das Gedicht von Albert H. Keil „Nuff uffs Schloss“[2] mit einem Preis ausgezeichnet worden.

Um ebenfalls an das historische Hambacher Fest zu erinnern, zogen am 19. Juni 2007 mehr als 11.000 pfälzische Schülerinnen und Schüler auf der überlieferten Route von Neustadt bzw. von Kirrweiler hinauf aufs Schloss und feierten dort das vom Bezirksverband Pfalz organisierte „Hambacher Fest der Jugend“[3].

Bedeutung

Die „Maxburg“ gilt speziell bei Mitgliedern studentischer Verbindungen als nationales Denkmal und steinernes Symbol der Freiheit und Brüderlichkeit; das Bauwerk so zu nennen hat deshalb insbesondere unter Studenten und Akademikern den Charakter eines Codes der Zugehörigkeit. Das Schloss ist eine Station der 2007 eingerichteten Straße der Demokratie, die von Frankfurt bis nach Lörrach führt.

Literatur

  • Alexander Thon (Hrsg.): ... wie eine gebannte, unnahbare Zauberburg. Burgen in der Südpfalz. 2., verb. Auflage, Schnell und Steiner, Regensburg 2005, S. 68–73, ISBN 3-7954-1570-5
  • Alexander Thon, Stefan Ulrich, Dieter Barz: Kästenburg. In: Jürgen Keddigkeit (Hrsg.): Pfälzisches Burgenlexikon. Beiträge zur pfälzischen Geschichte Bd. 12/3. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2005, S. 83–100, ISBN 3-927754-51-X
  • Alexander Thon, Stefan Ulrich: Hambacher Schloss. Kästenburg – Maxburg. 5. Auflage. Schnell und Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3-7954-5043-8
  • Alexander Thon: Trushard von Kästenburg (vor 1178 – nach 1201). Legat, Podestà, Kämmerer und kaiserlicher Stellvertreter in Italien. In: Karl-Heinz Rothenberger (Hrsg.): Pfälzische Geschichte. Bd. 1, 2., verb. Auflage. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2002, S. 208–210, ISBN 3-927754-43-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Rheinpfalz, Ludwigshafen, 2. April 2007
  2. a b Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz: Downloads
  3. Die Rheinpfalz, Ludwigshafen, 20. Juni 2007

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