Kölner Domplombe

Kölner Domplombe
Die Domplombe vor der Verblendung (2000)

Die sogenannte Kölner Domplombe, oder auch Ziegelsteinplombe genannt, war eine größere Steinmauer im Nordturm des Kölner Doms, die mit 27.500 Ziegelsteinen eine riesige Lücke in zwanzig Meter Höhe flickte, die eine Fliegerbombe im Herbst 1943 in einen der Stützpfeiler gerissen hatte. Sie wurde von vielen Kölnern, die den Krieg erlebt hatten, als Mahnmal gesehen. Diese Ziegelplombe wurde erst 2004/2005 teilweise entfernt und mit den gleichen Obernkirchener Sandsteinen, die schon beim Bau des Turmes im 19. Jahrhundert verwendet wurden, neuverkleidet und verblendet.

Geschichte

Ab dem 30. Mai 1942 begannen im Zweiten Weltkrieg die Bombenangriffe auf Köln. In den nächsten drei Jahren wurde die Domstadt 264 mal von den Alliierten angegriffen, öfter als jede andere deutsche Stadt. Der Kölner Dom wurde von über 70 Bomben getroffen. Durch die Bombentreffer stürzten, unter anderem im Langhaus, einige Deckengewölbe ein, das Dach ist dank des eisernen Dachstuhls nicht eingestürzt. Den Dom bei Bombardements grundsätzlich auszusparen, war abwurftechnisch nicht möglich, denn die daneben befindliche Hohenzollernbrücke und der Hauptbahnhof sollten durch Bombenteppiche getroffen werden.

In der Nacht des 3. Novembers 1943 gegen 19 Uhr schlug eine Fliegerbombe in den Nordwestpfeiler des Nordturms ein und riss in 20 m Höhe mehr als 82 Kubikmeter Quadermauerwerk heraus.[1] In den frühen Morgenstunden des 4. Novembers 1943 erreichte das Pionier-Ersatz-Bataillon 253 aus Köln-Westhoven die Domplatte. Es bestand die Gefahr, dass Gestein nachstürzen könnte. Eine schnelle Sicherung der Gefahrenstelle wurde als dringend notwendig angesehen. Am 5. November 1943 erteilte Dombaumeister Hans Güldenpfennig den Kölner Bauunternehmern Wildermann und Schorn den Sicherungs-Auftrag. Auch wurde der Schutt weggeräumt. Der Kommandeur des Pionier-Ersatz-Bataillons 253, Dr. Paul Börger[2][3], schrieb, dass er später Baukräfte (Maurer) zur Verfügung stellte, die damals wegen der Kriegszeiten kaum vorhanden waren. In der Rechnung der Baufirma Wildermann sind neben Polierer usw. auch nur drei Maurer mit je neun Arbeitsstunden aufgeführt[1] – zu wenig für 27.500 Ziegelsteine, da man für jeden Ziegelstein fast eine Minute Arbeitszeit braucht. Der Kölner Dombaumeister Willy Weyres bescheinigte 1947, dass Börger als Kommandeur „im Jahre 1943 Baukräfte zur Verfügung stellte, um die durch einen schweren Bombentreffer am Nordturm des Kölner Doms entstandene Gefahrenstelle zu untermauern […], da es damals unmöglich war, die notwendigen Arbeitskräfte zu beschaffen“.[1] In einem Interview mit dem WDR von 1976 sagte Börger auch aus, „es waren also ausgesuchte Leute, die an diese Arbeit herangestellt wurden, und die alles hergegeben haben, was sie konnten. […] ich habe auch den Oberleutnant Klasen beauftragt, sich umzusehen, wo man überhaupt derartige Ziegelsteine besorgen könne. Solche erforderlichen Ziegelsteine sind dann geholt und zur Verfügung gestellt worden“.[1] Denn wie es sich erst 2004 herausstellte, handelte es sich bei diesen Ziegelsteinen um eine außerordentlich gute und feste Qualität, ungewöhnlich für die späten Kriegsjahre.[1] Ebenso schreibt Dombaumeister Arnold Wolff im Jahre 1989, dass der Kölner Überlieferung nach der „Wehrmachtsoffizier Major Dr. Paul Börger“ entscheidende Hilfe bei der Schließung der Lücke leistete. Aus einer Notiz des Domarchitekten Frönd vom 1. Dezember 1943 geht hervor, dass Wilhelm Schorn (der Baufirmeninhaber) über 40 Pioniere verfügte. Schorn habe ihn, Frönd, darauf hingewiesen, dass er „aus den 40, zunächst für uns, als wichtigste Arbeit, Maurer für den Pfeileraufbau abgegeben“ habe (Dombauarchiv, LR 819).[4] In einem Beitrag von Klaus Zöller teilte Börger mit, dass diese Soldaten „aus Köln und dem Rheinland“ gewesen seien und dass sie sich auch um den Transport des Materials gekümmert hätten.[5]

Die Ausfüllung des riesigen Loches – um die Durchführung haben sich Legenden gebildet – erfolgte in relativ kurzer Zeit innerhalb von vier Wochen um den 1. Dezember 1943 herum im Auftrag der Domverwaltung, die schon zwei Tage später nach dem Bombeneinschlag die Reparaturarbeiten nachweisbar an die Baufirmengemeinschaft Wildermann und Schorn vergab, die nach Ansicht einiger alleinig und ohne die Hilfe von Börger die Arbeiten nicht nur an diesem Strebepfeiler des Nordturms, sondern auch an sehr vielen anderen Stellen des getroffenen Domes ausführten. Dazu forderte die Firma Wildermann im November 1943 15 KZ-Häftlinge und 10 Kriegsgefangene[1] von dem nahegelegenen Messegelände als Zwangsarbeiter an, die nach den im Dombauarchiv vorliegenden Dokumenten mit Aufräumungsarbeiten in der Umgebung des Doms beschäftigt waren.

Die Domplombe nach der Restaurierung 2007

Die Ausflickung mit 27.500 Ziegelsteinen (9500 Weisweiler Klinker und 18.000 Ziegelsteine Holländer Format, welche die Rechnung der Baufirma u. a. auflistet unter dem Abschnitt: Zumauerung des zerstörten Strebepfeilers am Nordturm des Turms, Kosten: 10.183,32 Reichsmark für Einrüstung der Baustelle, das Material und 82,84 m³ Mauerwerk)[1] wurde als Plombe bezeichnet, um die Statik des Turmes zu stabilisieren und blieb jahrzehntelang bestehen. Erst vom Februar 2004 bis Sommer 2005 wurde die Ziegelsteinplombe in mehrmonatiger Arbeit verblendet. 103,7 Kubikmeter Obernkirchener Sandstein, entsprechend 250 Tonnen Material, sind zu 823 einzeln gehauenen Steinen verarbeitet worden. Zudem zieren 124 aufwändige fast 10 Jahre dauernde Bildhauerarbeiten (Kreuzblumen, Fialen, Baldachine und Figuren) wie z. B. allein 38 verschiedene Pflanzenformen vom Veilchen bis zum Hopfen die Kapitelle; unter den dargestellten Heiligen sind Cordula und Christophorus, Katharina und Nikolaus.[6] Nach Abbau des Gerüsts präsentiert sich die große Kirchenfassade seit August 2005, als der Weltjugendtag in Köln stattfand, dem Betrachter wieder nahezu makellos.

Quellen

  1. a b c d e f g Die Dom-Plombe, Film von Carl Dietmar und Thomas Förster, WDR 2004, mit vielen authentischen Filmaufnahmen, Rechnung der Baufirma vom 10. März 1944 und anderen Dokumenten
  2. Wer war der Retter?
  3. Paul Börger und seine Legende, Seite 3, Abschnitt 4.2.2
  4. Wolff, Arnold, 30. Dombaubericht, in: Kölner Domblatt, Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins, 1989, S. 14–16, Anmerkung 9
  5. Klaus Zöller, Der Major wollte dem Befehl nicht folgen, in: Beilage des Kölner Stadt-Anzeiger vom 20. Mai 1980, S. 17
  6. Das Ende der Domplombe ist gekommen

Weblinks


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