Künstlersozialversicherungsgesetz

Künstlersozialversicherungsgesetz

Die Künstlersozialversicherung (KSV) ist Teil der gesetzlichen Sozialversicherung. Sie ermöglicht freischaffenden Künstlern und Publizisten Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, wobei sie lediglich die Arbeitnehmerbeiträge zahlen.

Für die Versicherungsveranlagung und die Beitragserhebung ist die Künstlersozialkasse zuständig: als eine unselbständige, jedoch haushalts- und vermögensmäßig gesonderte Einrichtung - eine besondere, in die Unfallkasse des Bundes eingegliederte Abteilung. Sitz der Künstlersozialkasse und der Unfallkasse des Bundes ist Wilhelmshaven.

Inhaltsverzeichnis

Berechtigte

Künstler ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft oder lehrt; Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. In anderer Weise beinhaltet die Gruppe der Kritiker, Übersetzer, Wissenschaftliche Autoren und Fachleute für Öffentlichkeitsarbeit oder Werbung. Voraussetzung: Sie erzielen aus dieser erwerbsmäßigen und nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit ein Mindesteinkommen, beschäftigen nicht mehr als einen Arbeitnehmer, und sind nicht anderweitig von der Versicherungspflicht befreit.

Ausnahmen

Nebenberufliche Künstler, die ihr überwiegendes Einkommen aus einer anderweitigen Haupttätigkeit beziehen, sind auch ausgenommen. Die Künstlersozialversicherung nimmt keine Kunsthandwerker auf, auch wenn sie zweifellos eine gewisse gestalterische Leistung erbringen, wie etwa Goldschmiede oder Instrumentenbauer. Das gleiche gilt nach einem letztinstanzlichen Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Februar 2007 (Az.: B 3 KS 2/07 R) auch für Tätowierer.[1]

Finanzierung

Die Leistungen aus der KSV werden von den jeweiligen Versicherungsträgern (Krankenkassen, Deutsche Rentenversicherung Bund) nach dem jeweiligen Recht der gesetzlichen Renten- bzw. Kranken- und Pflegeversicherung erbracht.

Eine wesentliche Besonderheit gegenüber anderen in die Sozialversicherung einbezogenen Selbständigen besteht in der Art der Finanzierung der KSV. Der Finanzbedarf wird (nur) zur Hälfte aus Beiträgen der Versicherten aufgebracht. Die andere Beitragshälfte tragen die „Verwerter“ von künstlerischen Leistungen in Form der pauschal umgelegten „Künstlersozialabgabe“, welche im Jahr 2008 4,9 % (2007: 5,1 %; 2006: 5,5 %) und im Jahr 2009 4,4 % aller Honorarzahlungen an einen Künstler oder Publizisten beträgt; ferner gibt es einen Zuschuss des Bundes. Die Verfassungsmäßigkeit dieser in der Sozialversicherung einzigartigen Finanzierungskonstruktion hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. April 1987 bestätigt.

In der Kasse versichert sind aktuell (2008) rund 160.000 Menschen. Etwa die Hälfte der Versicherten sind bildende Künstler, die übrigen Schauspieler, Musiker oder Journalisten.[1] Das gemeldete jährliche Durchschnittseinkommen der bei der Künstlersozialversicherung versicherten selbstständigen Künstlerinnen und Künstler beträgt für das Jahr 2006 laut Künstlersozialkasse 10.814,- Euro. Es ist damit im Vergleich zu 2005 um 3% gesunken.

Entstehung

Das Gesetz über die Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG) vom 27. Juli 1981 (BGBl. I S. 705) bezog als rechtliche Grundlage erstmals zum 1. Januar 1983 die selbstständigen Künstler und Publizisten pflichtweise in die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein.

Kontroverse

Der Bundesverband der Selbständigen (BDS) sieht in der Finanzierung der Künstlersozialkasse eine erhebliche finanzielle Belastung. Selbständigkeit werde mit zweierlei Maß gemessen. Insbesondere kleine Betriebe aller übrigen Branchen würden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ums Überleben kämpfen und keinerlei staatliche Unterstützung erhalten. Nach Auffassung des BDS sollte der Staat entweder alle Selbständigen bei ihrer privaten Kranken-., Pflege- und Rentenabsicherung unterstützen oder niemanden.

Selbständige Künstler und Publizisten sowie Personengesellschaften, die mit mehr als einem Arbeitnehmer nicht versicherungspflichtig in der Künstlersozialkasse sind, würden im Wettbewerb benachteiligt, da die Auftraggeber auf das Honorar die Künstlersozialabgabe zahlen müssen. Für den BDS "ist nicht nachvollziehbar, warum eine Künstlersozialabgabe fällig wird, wenn der beauftragte Betrieb selbst nicht abgabepflichtig ist".

Der Deutsche Kulturrat sowie die Journalistengewerkschaften dju und DJV warnen, dass eine Abschaffung der Künstlersozialversicherung das Ende des freien Journalismus in Deutschland bedeuten würde.[2]

In einer Erklärung fordern die Sprecher der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen eindringlich den Erhalt der KSK.

„Die Künstlersozialkasse (KSK) bildet für viele Künstler und Musiker die einzige Form der sozialen Absicherung. Ihre Abschaffung bzw. „unternehmensfreundliche Reform“ bedeutet einen Schlag ins Gesicht gerade derjenigen, die trotz großem Engagement und Idealismus nicht gerade zu den Gewinnern der Ökonomisierung unser Gesellschaft gehören, einer Gesellschaft, die gerade beginnt zu begreifen, welche Bedeutung die „kreative Klasse“ für ihre Zukunft besitzt.“

Erklärung der Konferenz der deutschen Kunst- und Musikhochschulen[3]

Literatur

Bei Gesetzestexten und zugehörigen Kommentaren sind die aktuellen Ausgaben entscheidend. Daher erfolgen die Literaturangaben hier nach Erscheinungsjahr, beginnend mit dem aktuellen Stand.

  • 2008: Jürgensen, Andri: Ratgeber Künstlersozialversicherung. C.H. Beck, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-423-05683-0.
  • 2008: Jürgensen, Andri: Die Künstlersozialabgabe. Neues Prüfverfahren - Checklisten - Umsetzungshilfen. Haufe Verlag, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-448-08674-4.
  • 2007: Jürgensen, Andri: Praxishandbuch Künstlersozialabgabe. Verlag Kunst Medien Recht, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-93764101-0.
  • 2007: Jürgensen, Andri: Vorwort zu: Künstlersozialversicherung  −  Der Weg zur Komplettversicherung für Künstler und Publizisten (inkl. dem aktuellen Gesetzestext vom 12. Juni 2007), 63 S., Vlg. ars momentum, Witten Nov. 2007, ISBN 978-3-938193-37-2
  • 2007: Frank, Andreas: Künstlersozialabgabe: Die große Unbekannte in Agenturen und Unternehmen. 6. Auflage, 2007.
  • 2003: Finke, H., et al.: Künstlersozialversicherungsgesetz. Kommentar, 3. Auflage, München 2003, ISBN 3406343112.
  • 1995: Wernicke, A.: Die Organisation der Künstlersozialversicherung. Duncker & Humblot GmbH, Berlin 1995, ISBN 3428083504.
  • 1988: Ziebeil, R.: Künstlersozialversicherungsgesetz. Sankt Augustin 1988.

Weblinks

Quellen

  1. a b Tätowierer sind keine Künstler(taz vom 1.3.2007, S. 6, 24 Z. (Agentur)
  2. Tagesschau, 9.9.2008
  3. Erklärung der Konferenz der deutschen Kunst- und Musikhochschulen, 15.09.08

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