Lakerten

Lakerten

Lakerten ( deutsch: „unter dem Laken“) ist die Bezeichnung einer ethnischen Minderheit von Fahrenden im Großherzogtum Luxemburg und seinen ehemaligen Provinzen.

Die Lakerten sind mit den Jenischen ethnisch verwandt. Auch zu vergleichen mit den Quinqui aus Spanien.

Geschichte

Die Lakerten stammen von Luxemburger Fahrenden ab, die bis ins 13. Jahrhundert nachweisbar sind und eine Geheimsprache unter sich gebrauchten. Im Laufe der großen Hungersnöte des 15. und 16. Jahrhunderts wanderten diese Fahrenden und Teile der übrigen Luxemburger Bevölkerung nach Siebenbürgen (Rumänien) aus. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts kamen die Nachkommen dieser Auswanderer nach Luxemburg zurück. In Planwagen reisten sie an und ließen sich in den Vororten der großen Städte nieder. Da sie keine festen Wohnsitze hatten, hausten sie in Holz- beziehungsweise Planwagen. Und eben weil diese Wagen mit Planen, lux. Laken, zugedeckt waren, nannten die übrigen Bürger diese Rückwanderer „Lakerten“, die in Laken schlafenden.

Die Lakerten trafen in diesen Vororten auf die dort ansässigen Jenischen, die im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts aus Deutschland, Belgien und Holland hergezogen waren. Da die Lakerten denselben Beschäftigungen wie die übrigen Jenischen nachgingen (Kesselflicker, Altwarenhändler, Lumpensammler, Wilderer, Kirmes- und Zirkusleute, Scherenschleifer oder ähnlich), blieben Lakerte und Jenische unter sich. Die Lakerten vermischten ihre Geheimsprache mit dem Jenischen und das „Lakerschmus“, die Lakersprache oder auch Weimerskircher Jenisch wurde geboren.

Die Hauptbeschäftigung der Lakerten lag im Sammeln von Lumpen, Alteisen und Knochen. Eine Bruderschaft der Lumpenkrämer wurde im 19. Jahrhundert ins Leben gerufen. Die Lumpenkrämer behielten die Bezeichnung Lakerten bei, was heute fälschlicherweise zu der Annahme führt, die Bezeichnung Lakerten käme vom Lumpenhandel. Das Hausieren und das Sammeln von Lumpen wurde gesetzlich geregelt. Einmal im Jahr, am 29. September, erwählten die Lumpenkrämer ihren Lumpenkönig. Dieser König war der offizielle Sprecher der Lakerten und unterhielt die Beziehung zur Obrigkeit, nämlich zu Staat und Kirche. Ende des 19. Jahrhunderts zogen viele Jenische nach Frankreich und Deutschland ab, sodass in den ehemaligen Elendsvierteln der Städte nur die Lakerten übrig blieben.

Im 20. Jahrhundert wurde der Lumpenhandel durch die Nationalsozialisten vorübergehend untersagt. Nach der Befreiung des Großherzogtums wurde der Lumpenhandel erneut aufgenommen. Die Lakerten konzentrierten sich zunehmend auf den Alteisenhandel. Andere wurden Sesshafte, wieder andere wurden Kirmesleute oder Markthändler. Der Lumpenhandel funktionierte wie folgt: Die Menschen gaben den Sammlern ihre Altkleider, Alteisen etc. und erhielten Porzellanwaren dritter Qualität (Porzellanwaren mit Fabrikationsfehlern) zum Tausch.

Lakerten Heute

Heute gibt es nicht mehr viele fahrende Lakerten. Die meisten Luxemburger wissen nicht einmal, dass sie solche Vorfahren unter ihren Familienmitgliedern haben. Die Lakersprache oder das Jenische ist teilweise in den Luxemburger Sprachgebrauch übergegangen, was dazu führte, dass man heute fälschlicherweise das Weimerskircher Jenisch als eine alte Luxemburger Mundart ansieht.

Etliche Lakerten sind sich ihrer Wurzeln bewusst, zum Beispiel die Familie Libeart, die ein großes Recyclingunternehmen gründete. Die Familie Antony, einst zu den Kesselflickern gehörig, zählt heute zu den renommierten Baufirmen.

Es existiert noch die Lakergruppe „Lompekréimer“, zu deutsch: Lumpenkrämer, die versuchen, authentische Jenische Musik zu machen und viele Lieder in der Lakersprache komponieren.

Trotz der fast in Vergessenheit geratenen Lumpenkrämer finden viele Menschen im Großherzogtum Luxemburg zu ihren fahrenden Ahnen zurück, sodass sich auch durch die Gründung des Jenischen Bundes die Kultur dieser Europäischen Minderheit erhalten wird.

Weblinks

  • [1] jenische Musik

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