- Landseismik
-
Die Seismik ist eine Bezeichnung für Verfahren der Angewandten Geophysik, welche die Erdkruste mittels künstlich angeregter seismischer Wellen erforschen und grafisch abbilden. Man unterscheidet zwischen Landseismik, die an Land eingesetzt wird, und Seeseismik, die auf Wasseroberflächen Anwendung findet. In Abgrenzung hierzu beschäftigt sich die Seismologie mit dem Aufbau des Erdinneren und der Erdbebenforschung unter Verwendung sehr ähnlicher Methoden, die jedoch überwiegend auf natürliche seismische Quellen, die Erdbeben, zurückgreifen.
Inhaltsverzeichnis
Methoden
In der Seismik werden drei verschiedene Methoden unterschieden, die sich in der Datenerfassung, vor allem aber im Auswerteverfahren grundlegend unterscheiden.
- Reflexionsseismik: Messung und Interpretation der Energie und Laufzeiten von seismischen Wellen, die an Trennschichten im Untergrund reflektiert werden. Reflexionen treten auf, wenn sich die Impedanz im Untergrund ändert.
- Refraktionsseismik: Messung und Interpretation der Laufzeiten von seismischen Wellen, die an Trennschichten im Untergrund gebrochen (refraktiert) werden und sich dann als Kopfwelle entlang dieser Trennschichten fortpflanzen.
- Oberflächenwellenseismik: Messung und Interpretation der Dispersion, also der Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von der Frequenz, von seismischen Oberflächenwellen.
In Spezialanwendungen beispielsweise bei Bohrlochmessungen können Schallquellen und/oder Aufnehmer auch vertikal angeordnet werden (VSP: Vertical Seismic Profiling).
Um geologische Strukturen besser zu erkunden, werden die Ergebnisse der Refraktionsseismik mit denjenigen der Reflexionsseismik in geeigneter Weise miteinander kombiniert. Durch die sogenannte Hybride Seismik werden die jeweiligen Unzulänglichkeiten der einen Methode durch die Vorteile der anderen kompensiert.
Weitaus häufigst eingesetztes Verfahren ist die Reflexionsseismik. Sie wird vor allem bei der Suche nach Erdöl und Erdgas mit hoher räumlicher Auflösung und Lagegenauigkeit angewendet. Seit etwa 1990 werden vermehrt auch ingenieurgeologische Fragestellungen mit der Reflexionsseismik gelöst. Die Refraktionsseismik ihrerseits wird bei speziellen Fragestellungen eingesetzt, seit Ende der 1980er Jahre noch vor allem bei der Erforschung des großskaligen Aufbaus der Erdkruste (bis unterhalb der Mohorovičić-Diskontinuität) sowie für ingenieurgeologische und geotechnische Anwendungen.
Anwendungen
Die Seismik kommt in folgenden Bereichen zum Einsatz:
- Grundlagenforschung (wie baut sich der Untergrund auf)
- Exploration und Prospektion von Rohstoffen (Erdöl, Erdgas, Grundwasser, Thermal- und Mineralwässer, Baustoffe, Kies/Sand/Ton, etc.)
- Untergrundstudien für Ingenieurbauten (z.B. Tunnel, Fundamente, Deponien, Hohlraumdetektion)
- Gefahrenanlysen für Standorte von Altlasten (z.B. Abgrenzung eines Deponiekörpers, Auffinden von Grundwasserströmen)
- Kartierung von Naturgefahren (beispielsweise Hanginstabilitäten, Bergsturz).
Einsatzgebiete
Landseismik
Bei der sogenannten Landseismik dienen als Anregungsquelle Hammerschläge, Fallgewichte, Knallpatronen, Sprengungen („Sprengseismik“) oder schwere LKWs mit Schwingmaschinen (Vibroseis-Verfahren) an so genannten Schusspunkten. Die Signalaufnahme erfolgt üblicherweise mit Geophonen, seltener auch mit Seismometern oder Beschleunigungssensoren (Accelerometer), welche entlang von Profillinien oder flächig positioniert werden.
Seeseismik
Seismische Messungen auf der freien Wasseroberfläche werden allgemein als Seeseismik bezeichnet. Früher wurden dazu ebenfalls Sprengungen gezündet, um die nötigen Schallwellen zu erzeugen. Dies war jedoch aufwändig und gefährlich. Daher werden heute fast ausschließlich Luftpulser (Airgun) eingesetzt. Die Messungen erfolgen mit Hydrophonen, die normalerweise an Streamern hinter einem oder mehreren Messschiffen durchs Wasser gezogen werden. Bei dem Streamer handelt es sich um einen mehrere Kilometer langen Schlauch, gefüllt mit einigen hundert Hydrophonen zur Aufzeichnung reflektierter Schallwellen.
Übergangszone Wasser - Land (Transition Zone)
Messungen können auch gemischt an Land und See durchgeführt werden. Dazu werden an Land beispielsweise Geophone installiert, während im Wasser Hydrophone verwendet werden. Auf diese Weise kann in Sümpfen oder Wattengebieten gearbeitet werden.
Für spezielle Aufgaben können auch sogenannte OBS (Ocean Bottom Seismometer) auf dem Meeresgrund versenkt werden, die ebenfalls die Schallwellen registrieren.
Einsatzbereich
Die Seismik wird bei Fragestellungen zu verschiedenen Tiefenlagen eingesetzt, wobei die Grenzen diffus sind und sich nicht etwa durch grundsätzlich unterschiedliche Messverfahren unterscheiden.
- ultrahochauflösende Seismik: im Ingenieurbereich und der Archäometrie bis ca. 20 m Tiefe, Stationsabstand 5 bis 20 cm in der Reflexionsseismik, 2 bis 3 m für die Oberflächenwellenanalyse
- hochauflösende Seismik: bis ca. 300 m Tiefe, Stationsabstand ca. 1 bis 3 m
- „normale“ Seismik: bis ca. 6 km Tiefe, Stationsabstand bis 50 m
- Krustenseismik: bis max. 100 km Tiefe, Stationsabstand mehrere 100 Meter bis Dutzende Kilometer
Auswirkungen seismischer Messungen auf die Tierwelt
Airguns sind für Meerestiere in ihrem Einzugsbereich absolut tödlich. Die Schüsse werden im Abstand von wenigen Sekunden gefeuert, der Schalldruckpegel kann bis zu 270 dB erreichen.[1]
Einzelnachweise
- ↑ Peter Jaeggi: Lärmhölle Ozean - Die akustische Meeresverschmutzung tötet Wale, SWR2 Wissen Script Audio
Weblinks
Literatur
- Hans Berckhemer: Grundlagen der Geophysik, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2002, ISBN 978-3534136964
- W.M. Telford, L.P. Geldart & R.E. Sheriff: Applied Geophysics, Cambridge University Press, 1990, ISBN 978-0521339384 (Engl.)
- R. Kirsch & W. Rabbel: Seismische Verfahren in der Umweltgeophysik in: Martin Beblo (Hrsg): Umweltgeophysik, Ernst & Sohn Verlag f. Architektur und technische Wissenschaften, Berlin 1997, ISBN 3433015414
- K. Krammer: Untersuchungen von Altlasten in ehemaligen Kiesgruben mit Hilfe der Refraktionsseismik in: Martin Beblo (Hrsg): Umweltgeophysik, Ernst & Sohn Verlag f. Architektur und technische Wissenschaften, Berlin 1997, ISBN 3433015414
Wikimedia Foundation.