Mohorovicic-Diskontinuität

Mohorovicic-Diskontinuität
Aufbau der Erde: wichtigste Schalen und ihre Tiefe

Die Mohorovičić-Diskontinuität [ˈmɔhɔrɔʋitʃitɕ], meist kurz als Moho bezeichnet, stellt eine Grenzfläche innerhalb des Schalenbaus der Erde dar. Sie trennt die Erdkruste vom Erdmantel. Einerseits ist für diesen Übergang eine Diskontinuität der Laufgeschwindigkeit von Erdbebenwellen ausschlaggebend, andererseits bedeutet er einen Wechsel in der mineralogischen Zusammensetzung des Gesteins. Nicht immer fallen diese beiden Grenzen zusammen, in manchen Fällen ist der Übergang nicht sprunghaft sondern kontinuierlich über einen größeren Bereich.

Inhaltsverzeichnis

Entdeckung

Die Diskontinuität wurde im Jahre 1910 vom kroatischen Geophysiker Andrija S. Mohorovičić entdeckt, als er Seismogramme des Erdbebens von Pokupsko nahe der kroatischen Hauptstadt Zagreb vom 8. Oktober 1909 analysierte. Mohorovičić war aufgefallen, dass einige P- und S-Erdbebenwellen später eintrafen als erwartet und vermutete, dass sie an einer Grenze in etwa 54 km Tiefe gebeugt worden seien [Lit.Bolt, p.95f]. Spätere Untersuchungen bestätigten diese Grenze, unter der in etwa 30-50 km Tiefe – in ozeanischen Gebieten in ca. 5-7 km – der dichtere obere Erdmantel beginnt, der eine Temperatur um die 600°C aufweist.

Geowissenschaftlicher Hintergrund

Nationalpark Gros Morne, Neufundland. Tektonische Kräfte haben hier Gestein aus der Tiefe gehoben und den Übergangsbereich von Krustenmaterial zum dichteren Mantelgestein freigelegt.

Die Moho-Fläche zeichnet sich durch einen sprunghaften Anstieg der seismischen Geschwindigkeit und damit auch der akustischen Impedanz aus. Seismische Wellen werden daher an dieser Grenzschicht teilweise reflektiert. Die Reflexionen können in einem Seismogramm beobachtet werden, was eine Ortung des Dichtesprungs erlaubt. Verursacht wird der Geschwindigkeitsunterschied durch die Unterschiede in der Dichte von Krusten- und Mantelgesteinen. Der Mantel setzt sich aus verschiedenen Mineralen zusammen, die alle eine hohe Dichte um 3,2 g/cm³ haben und unter der Bezeichnung Peridotit zusammengefasst werden. Die Kruste hingegen besteht in ozeanischen Gebieten vorwiegend aus Basalt und verwandtem Gestein (ρ~2,9), auf den Kontinenten aus dem noch leichteren Granit und Granodiorit (ρ=2,7) bzw. Gneis, und in tieferen Bereichen aus Amphibolit oder Gabbro. Da der Peridotit des Mantels eine deutlich höhere Dichte aufweist, pflanzen sich die seismischen Wellen darin schneller fort als in der Kruste, wodurch nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz der Strahlweg der Welle beeinflusst wird. Da der Geschwindigkeitskontrast an der Moho in der Regel recht stark ausgeprägt ist und auch über ein meist geringes Tiefenintervall erfolgt, ist sie eine der prominentesten Diskontinuitäten des Erdkörpers.

Tiefenvariation der Grenzfläche

Interpolierte Mohotiefen im Gebiet Norddeutschland bis Südschweden. Kreise markieren die Stützstellen mit exakten Messwerten aus seismischen Experimenten.

Streng genommen muss zwischen zwei unterschiedlichen Definitionen der Moho unterschieden werden: Die petrologische Moho bezieht sich allein auf den Wechsel im Gestein (siehe Abbildung), während die seismologische Moho durch den Geschwindigkeitsanstieg der P-Wellen von 6-7 auf etwa 8 km/s definiert ist. Da die Geschwindigkeit wesentlich durch die Dichte (und auch die Elastizität) des Gesteins bestimmt wird, fallen die Moho-Tiefen nach beiden Definitionen in der Regel zusammen. In einzelnen Fällen können jedoch Abweichungen auftreten, wenn etwa der Übergang nicht sprunghaft erfolgt oder durch Eintrag zusätzlicher chemischer Komponenten die Mineralstruktur und damit der jeweilige Elastizitätsmodul des Gesteins verändert wird.

Unter den Ozeanen liegt die Moho im Durchschnitt nur 5-7 km tief, unter kontinentalen Gebieten beträgt ihre Tiefe 30-50 km. In Küstennähe endet die Kruste bereits in 20-30 km Tiefe, in Sachsen beispielsweise liegt sie bei 32 km, doch unter mächtigen Gebirgsketten (wie etwa die Anden und der Himalaya) kann sie auch 70-80 km hinabreichen. Die Ursache für die wechselnde Tiefe der Mohorovičić-Diskontinuität ist die verschiedenartige Entstehung der Erdkruste: Die ozeanische Kruste bildet sich durch Aufschmelzen aufsteigenden Mantelmaterials an mittelozeanischen Rücken, die kontinentale Kruste hingegen auch heute noch durch Magmatismus an den Kontinentalrändern (Subduktions- oder Kollisionszonen). Die Tiefe der Moho korreliert näherungsweise mit der Höhe der Topografie, weil die leichtere Kruste wie ein schwimmender Eisberg umso tiefer in den oberen Mantel "eintaucht", je höher ihre Berge emporragen. Siehe auch Gebirgswurzel und Prinzip der Isostasie.

Literatur und Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mohorovičić-Diskontinuität —   [mɔhɔ rɔviːtʃitɕ ; nach A. Mohorovičić], Mohorovičić Fläche, M Fläche, Kurzwort Moho, Grenzfläche oder Übergangszone zwischen Erdkruste und Erdmantel (Erde) in durchschnittlich 25 40 km, unter Kontinenten bis 60 km Tiefe, unter Ozeanen schon in …   Universal-Lexikon

  • Mohorovičić-Diskontinuität — Aufbau der Erde, die wichtigsten Schalen: Erdkruste: 0–40 km Oberer Mantel: 40–410 km Übergangszone: 410–660 km Unterer Mantel: 660–2900 km Äußerer Kern: 2900–5100 km Innerer Kern: 5100–6371 km Die Mohorovičić… …   Deutsch Wikipedia

  • Mohorovičić —   [mɔhɔ rɔviːtʃitɕ], Andrija, kroatischer Seismologe und Meteorologe, * Volosko (bei Rijeka) 23. 1. 1857, ✝ Zagreb 18. 12. 1936; 1882 91 Professor in Bakar, danach (bis 1921) Leiter der Landesanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Zagreb;… …   Universal-Lexikon

  • Mohorovicic — Andrija Mohorovičić (ca. 1880) Andrija Mohorovičić [ˈaːndria ˈmɔhɔrɔʋitʃitɕ] (* 23. Januar 1857 in Volosko bei Opatija; † 18. Dezember 1936 in Zagreb) war ein kroatischer Meteorologe und Geophysik …   Deutsch Wikipedia

  • Mohorovičić — Andrija Mohorovičić (ca. 1880) Andrija Mohorovičić [ˈaːndria ˈmɔhɔrɔʋitʃitɕ] (* 23. Januar 1857 in Volosko bei Opatija; † 18. Dezember 1936 in Zagreb) war ein kroatischer Meteorologe und Geophysik …   Deutsch Wikipedia

  • Diskontinuität (Geologie) — Bei einer geologischen bzw. geophysikalischen Diskontinuität handelt es sich um eine messtechnisch feststellbare Trennfläche innerhalb oberflächennaher Gesteinskörper oder in tieferen Regionen der Erdkruste und des Erdmantels. Der Name bedeutet… …   Deutsch Wikipedia

  • Andrija Mohorovičić — (ca. 1880) Andrija Mohorovičić [ˈaːndria ˈmɔhɔrɔʋitʃitɕ] (* 23. Januar 1857 in Volosko bei Opatija; † 18. Dezember 1936 in Zagreb) war ein kroatischer Meteorologe und Geophysiker. Ihm gelang 1909 erstmals, mit Bebenwellen die Trennfläch …   Deutsch Wikipedia

  • Andrija Mohorovicic — Andrija Mohorovičić (ca. 1880) Andrija Mohorovičić [ˈaːndria ˈmɔhɔrɔʋitʃitɕ] (* 23. Januar 1857 in Volosko bei Opatija; † 18. Dezember 1936 in Zagreb) war ein kroatischer Meteorologe und Geophysik …   Deutsch Wikipedia

  • Conrad-Diskontinuität — Die Conrad Diskontinuität ist eine horizontale seismische Grenzzone oder fläche in der nichtorogenen kontinentalen Erdkruste in ca. 10–20 km Tiefe, in der sich die Geschwindigkeit seismischer P Wellen sprunghaft von 6,5 km/s (unterhalb) nach 5,6… …   Deutsch Wikipedia

  • Erdinneren — Aufbau der Erde: wichtigste Schalen und ihre Tiefe Die Erde hat in erster grober Näherung die Form einer Kugel (tatsächlicher Erdradius 6357 bis 6378 km), deren Inneres aus mehreren Schalen aufgebaut ist: Im Zentrum befindet sich ein 1250 km… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”