Lange Zählung

Lange Zählung
Glyphen der La Mojarra Stele 1 mit der Zeitangabe 8.5.16.9.9 (156 n. Chr.)
Tikal Stele 10 (rechte Seite), in der 9. Zeile Angabe 19 pictun

Die Lange Zählung ist ein Kalender zur Tageszählung im System des Maya-Kalenders.

Da sich die Datumsangaben im rituellen Tzolkin-Kalender und im zivilen Haab-Kalender der Maya alle 260 bzw. 365 Tage wiederholen und sich auch die Kombinationen der beiden Kalenderangaben alle 52 Haab-Jahre, das heißt in jeder Kalenderrunde wiederholen, benötigten die Maya für astronomische Berechnungen und die Geschichtsaufzeichnung einen weiteren Kalender, der längere Zeiträume eindeutig beschreiben konnte, die Lange Zählung (englisch long count).

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Zur fortlaufenden Tageszählung benutzten die Maya wie beim Tzolkin- und Haab-Kalender ein (modifiziertes) Zwanzigersystem. Die Schreibweise der Langen Zählung lautet zum Beispiel

9.12.11.5.18

und bedeutet Baktun 12 Katun 11 Tun 5 Uinal 18 Kin. Auch höhere Zahlenwerte wurden gelegentlich benutzt, so sind auf Stele 9 aus Cobá 15 Stellenwerte über alautun verzeichnet.

Stellenwertposition
Berechnung
Zahlenwert
Name
1 1 1 k'in
2 20 k'in 20 uinal
3 18 uinal 360 tun
4 20 tun 7.200 k'atun
5 20 k'atun 144.000 baktun
6 20 baktun 2.880.000 pictun
7 20 pictun 57.600.000 calabtun
8 20 calabtun 1.152.000.000 kinchiltun
9 20 kinchiltun 23.040.000.000 alautun

Die Zahlenfolge der seit dem Anfangstag der Zählung abgelaufenen Tage, in der klassischen Maya-Zeit übereinander geschrieben, wurde ergänzt durch die genaue Tagesbezeichnung der Kalenderrunde, also mit dem Tzolkin- und dem Haab-Datum, z.B. 4 Ahau 8 Cumku. Die einzelnen Stellen laufen jeweils von 0 bis 19, bis auf die vorletzte Stelle (Uinal), die nur bis 17 läuft. Dadurch, dass 1 Tun nur 18 statt 20 Uinal hat, dauert ein Tun 360 Tage, also etwa ein Haab-Jahr.

Als gesichert gilt, dass der Beginn der gegenwärtigen Maya-Schöpfung auf das Datum 13.0.0.0.0 4 Ahau 8 Cumku fällt (11. oder 13. August 3114 v. Chr.). Damit ist 13 Baktun 0 Katun 0 Tun 0 Uinal 0 Kin 4 Ahau 8 Cumku der Anfangspunkt des Maya-Kalenders. Die Zeitangabe 0.0.0.0.0 verwendeten die Maya nicht. Nach Vollendung von 13 Baktun sprang die Zählung dann einfach auf 1 Baktun.[1] Somit korreliert die Lange Zählung 1.0.0.0.0 in etwa mit dem 13. November 2720 v. Chr. Es mag zunächst unlogisch erscheinen, dass die Maya ihren Kalenderanfang nicht auf 0.0.0.0.0 oder 1.0.0.0.0 setzten, sondern auf 13.0.0.0.0. Dies lässt sich jedoch ganz einfach mit der religiösen Bedeutung der Zahl 13 erklären. Rein rechnerisch betrachtet steht die Angabe 13.0.0.0.0 allerdings tatsächlich für 0.0.0.0.0, also den Anfangspunkt dieses Kalendersystems.[2]

Von besonderem Interesse ist das erneute Auftreten des Datums 13.0.0.0.0 (der 21. oder 23. Dezember 2012), da diese Lange Zählung zum ersten Mal seit dem Anfangspunkt dem Schöpfungstag entspricht. Für die Maya wäre die Wiederkehr dieser Konstellation zwar von ritueller Bedeutung gewesen[3], es gibt jedoch keinerlei Beweise dafür, dass ein solches Ereignis in der Vorstellung der Maya den Beginn einer neuen Schöpfung bedeutet hätte.[4] Ganz im Gegenteil, die Maya haben kalendarische Ereignisse bis weit in die Zukunft datiert. Außerdem wäre dieser vermeintliche „Weltuntergangstag“ im Dezember 2012 ein 4 Ahau 3 Kankin und kein 4 Ahau 8 Cumku, wie dies am Schöpfungstag der Fall war und stimmt somit ohnehin nicht exakt überein.[5][6]

Für in die Zukunft gerichtete Daten folgt nun auf 13 Baktun nicht erneut 1 Baktun, sondern 14 Baktun, darauf wiederum 15 Baktun, usw. Nach Vollendung von 19 Baktun springt der Kalender nicht auf 20 Baktun, sondern zurück auf 0 Baktun. Um Eindeutigkeit herzustellen wird nun eine neue Zähleinheit in die Lange Zählung aufgenommen, das Pictun (1 Pictun = 20 Baktun), sodass das Datum sechsstellig wird. Als Beispiel kann das 80. Kalenderrundenjubiläum der Thronerhebung von K'inich Janaab' Pakal I. dienen, das in einer Inschrift mit 1 Pictun 0 Baktun 0 Katun 0 Tun 0 Uinal 8 Kin 5 Lamat 1 Mol angegeben wird (1.0.0.0.0.8 bzw. 23. Oktober 4772 n. Chr.).[7] Daraus ergibt sich, dass sich erstens kein Datum jemals exakt wiederholen kann; zweitens, dass jeder Tag im Kalendersystem der Maya absolut einzigartig ist; und drittens, dass der Maya-Kalender theoretisch auf die Unendlichkeit hin ausgerichtet ist.[8]

Tzolkin und Haab

Da die letzte Stelle des Langen Zählers jeweils 20 Tage (Kin) zählt, besteht eine eindeutige Zuordnung zu den zwanzig Tagesnamen des Tzolkin-Kalenders:

 0 = Ahau,     1 = Imix,   2 = Ik,     3 = Akbal,   4 = Kan,
 5 = Chiccan,  6 = Cimi,   7 = Manik,  8 = Lamat,   9 = Muluc,
10 = Oc,      11 = Chuen, 12 = Kb,    13 = Ben,    14 = Ix,
15 = Men,     16 = Cib,   17 = Kaban, 18 = Edznab, 19 = Cauac.

Das Haab-Datum 8 Cumku fällt erst nach 379.600 Haab-Jahren wieder auf ein Datum, in dem 13.0.0.0.0 vorkommt.

Korrelationsproblem

Es gibt bis heute keine eindeutige Zuordnung von Kalenderdaten der Langen Zählung zu denen des gregorianischen Kalenders. Man geht jedoch davon aus, dass die nach J. Eric S. Thompson benannte Thompson-Korrelation zutrifft, nach der das Datum 13.0.0.0.0 dem julianischen Datum 584.283 entspricht (nicht zu verwechseln mit dem julianischen Kalender). Die Lange Zählung beginnt damit am 11. August 3114 v. Chr. gregorianischer Zeitrechnung und würde zur Wintersonnenwende am 21. Dezember 2012 erneut den Stand 13.0.0.0.0 erreichen. Ausgehend von den Daten aus der klassischen Mayazeit belegen neuere Untersuchungen auf der Basis vieler unterschiedlicher Quellen als Anfangsdatum der Langen Zählung den gregorianischen Tag 13. August 3114 v. Chr. (13.0.0.0.0 4 Ahau 8 Cumku) und damit den Korrelationsvorschlag 584.285.[9]

Siehe auch

Kalenderrunde, Azteken-Kalender, Vigesimalsystem

Einzelnachweise

  1. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 511.
  2. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 67-76.
  3. Sven Gronemeyer/Barbara MacLeod: What Could Happen in 2012: A Re-Analysis of the 13-Bak'tun Prophecy on Tortuguero Monument 6. Wayeb Note 34, 2010, S. 40-42.
  4. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 511f.
  5. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 74.
  6. Sven Gronemeyer/Barbara MacLeod: What Could Happen in 2012: A Re-Analysis of the 13-Bak'tun Prophecy on Tortuguero Monument 6. Wayeb Note 34, 2010, S. 4-7.
  7. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 74 und Anm. auf S. 511f.
  8. Linda Schele/David Freidel: Die unbekannte Welt der Maya. Albrecht Knaus, München 1991, S. 67-76.
  9. Mario Krygier / Jens Rohark, Faszination 2012 – Das Buch zum Mayakalender, docupoint Magdeburg, 2008

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