Lego Serious Play

Lego Serious Play

LEGO Serious Play (LSP) ist ein moderierter Prozess, der die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen mit den ernsthaften Belangen der Geschäftswelt verbindet. LSP kann in Unternehmen, Teams und auch mit Einzelpersonen eingesetzt werden und soll neue Ideen fördern, die Kommunikation verbessern und Problemlösungen beschleunigen.

In LSP Workshops erarbeiten die Workshop-Teilnehmer zum Beispiel neue Geschäftsstrategien, sie entwickeln oder optimieren die Zusammenarbeit im Team, oder sie analysieren Krisensituationen und erarbeiten hierfür Lösungskonzepte. Die Moderation der Workshops erfolgt durch zertifizierte LSP-Moderatoren, die den LSP Prozess so steuern sollen, dass die Ziele des Workshops durch die Teilnehmer selbst erreicht werden.

Die von LEGO für diese Workshops speziell zusammengestellten LSP-Kästen enthalten eine umfangreiche Auswahl von Legosteinen, mit deren Hilfe die Workshop-Teilnehmer Modelle und Metaphern ihrer Sicht auf die unterschiedlichsten Aspekte ihrer Geschäftswelt entwickeln und den anderen Teilnehmern kommunizieren.

Als Vorzüge von LSP werden die folgenden Punkte genannt:

  • Förderung von Kreativität und Innovation durch das Modellieren mit den Händen
  • Verbesserung der Kommunikation über die begreifbaren Legomodelle
  • Einbeziehung des Wissens und der Erfahrungen aller Teilnehmer eines LSP Workshops
  • Förderung des gemeinsamen Verständnisses der behandelten Themen

Inhaltsverzeichnis

Historie

Entwickelt wurde LEGO Serious Play auf Anregung des Haupteigentümers der LEGO A/S Kjeld Kirk Kristiansen ab 1996. Kristiansen benötigte zu dieser Zeit einen effektiven Prozess zur innovativen Strategieentwicklung für sein Unternehmen und war unzufrieden mit den bei LEGO eingesetzten konventionellen Strategieentwicklungsmethoden. Zur gleichen Zeit suchten auch die beiden Professoren Johan Roos und Bart Victor, damals am International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne, nach Alternativen zur herkömmlichen strategischen Planung. Zusammen mit Robert Rasmussen, dem damaligen Leiter der Produktentwicklung für LEGO Education, war dann das Entwicklungsteam für LEGO Serious Play gefunden. Roos brachte dabei den strategischen Hintergrund ein, Victor das Verständnis der Organisationsentwicklung und Rasmussen die Lern- und Entwicklungstheorien.

Über mehrere Jahre und in mehr als zwanzig Iterationsschritten wurde der LEGO Serious Play Prozess formalisiert und optimiert. Anfang 2002 wurde LEGO Serious Play dann der Öffentlichkeit vorgestellt und ist inzwischen eine offizielle Produktlinie von LEGO. Seit Juni 2010 hat LEGO die grundlegenden Prinzipien von LEGO Serious Play unter einer Creative Commons Lizenz öffentlich nutzbar gemacht.

Zu den Anwendern von LEGO Serious Play gehören heute Großunternehmen, Behörden und auch NGOs (z. B. SOS Kinderdörfer) im akademischen und im öffentlichen Bereich.

Wissenschaftliche Grundlagen

Ein zentrales Element von LEGO Serious Play ist die Hand-Gehirn-Verbindung, die sensorisch und motorisch im Vergleich zu anderen Körperregionen besonders stark ausgeprägt ist (siehe Homunculus in der Neuroanatomie). Unsere Hände sind mit 70 - 80% unserer Gehirnzellen verbunden. Forschungen haben ergeben, dass Denkprozesse in Verbindung mit körperlicher Bewegung und Empfindung - und insbesondere mit den Händen - zu einem tieferen und langanhaltenderem Verständnis der Umgebung und ihrer Möglichkeiten führen. Die behandelten Themen sollen nicht nur visualisiert, sondern durch das Bauen von metaphorischen Modellen im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“ werden. Einsicht, Inspiration und Vorstellungskraft soll so gefördert werden.

Die Methode von LEGO Serious Play basiert auf den folgenden drei Forschungsgebieten der Sozialwissenschaften und der Erkenntnistheorie:

  • Spiel - Spiel ist definiert als eine räumlich und zeitlich limitierte, von Regeln strukturierte und freiwillige Aktivität.[1] Die Motivationsbasis des Spiels wird in der Literatur als primär emotional beschrieben. Die im Spiel verwendeten Darstellungen sind im Grunde genommen Darstellungen des eigenen affektiven Wissens des Spielers. Da das Spiel die Fähigkeit der Verstellung sowie der Verlagerung von Aufmerksamkeit und Rollen erfordert, bildet es eine natürliche Umgebung, in der ein freiwilliges oder unbewusstes therapeutisches bzw. kathartisches Erlebnis möglich ist.[2][3] Mit Hilfe von Modellen und Metaphern kann der Gegenstand des Spiels eine bestimmte Bedeutung annehmen und abstrakten Konzepten eine Gestalt geben. Formale Beziehungen, die anders nur schwer zu begreifen wären, lassen sich auf diese Weise konkretisieren. Der im Spiel vorhandene konstruktive Wettbewerb motiviert die Spieler zu Höchstleistungen und der beim Spielen häufig entstehende Flow führt zum vollen Aufgehen des Spielers in der Tätigkeit, zu intensiver Wahrnehmung und maximaler Beteiligung und Motivation. LSP soll diese positiven Elemente des Spiels auch für ernsthafte Anwendungen nutzbar machen.
  • Konstruktionismus - Der Konstruktionismus basiert auf den Ideen von Seymour Papert, die wiederum im Konstruktivismus von Paperts Kollegen Jean Piaget gründen. Unter Konstruktionismus versteht man eine Möglichkeit, formale, abstrakte Ideen und Beziehungen konkreter, sichtbarer, greifbarer, manipulativer und deshalb leichter verständlich zu machen. Paperts Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen besonders dann etwas lernen, wenn sie etwas konstruieren, sei es die Gestaltung eines Produkts, der Bau einer Sandburg oder das Schreiben eines Computerprogramms. Wenn Menschen reale Dinge konstruieren, dann konstruieren sie gleichzeitig Theorien und Kenntnisse in ihrem Denken. Dieses neue Wissen ermöglicht ihnen den Bau weitaus komplexerer realer Dinge, was wiederum zu einem weiteren Wissensgewinn führt usw. Dieser Vorgang setzt sich in einem selbstverstärkenden Zyklus fort[4] und wird in LSP durch den ständigen Umgang mit den Legosteinen beim Bauen von Legomodellen und auch beim Erläutern dieser „begreifbaren“ Modelle gefördert.
  • Imagination - Die verschiedenen kulturellen Konnotationen von Imaginationen (oder Vorstellungskraft) führen zu mindestens drei Bedeutungen: Die Fähigkeit sich von etwas ein Bild zu machen (beschreibende Imagination), die Fähigkeit Dinge in Frage zu stellen (verneinende Imagination) und die Fähigkeit sich etwas neues vorzustellen (schöpferische Imagination) .[2] Das Zusammenspiel dieser drei Formen der Imagination wird von den LSP-Entwicklern als strategische Imagination bezeichnet, als Ursprung aller originellen Strategien in Unternehmen.

Anwendungsgebiete von LEGO Serious Play

Es gibt vier grundlegende LEGO Serious Play Applikationen:

  • Real Time Strategy for the Enterprise: Diese Applikation von LSP dient der Strategieentwicklung für Unternehmen, Organisationen oder auch einzelne Untereinheiten und Teams. Dabei wird die gemeinsame Identität im Kontext der von und nach außen wirkenden Einflussfaktoren analysiert und dargestellt. Im sicheren Kontext der Legomodelle werden mögliche Szenarien zukünftiger Entwicklungen durchgespielt und Leitlinien für flexible und zielführende Reaktionen auf unvorhergesehene Situationen werden daraus abgeleitet.
  • Real Time Strategy for the Beast: Mit dieser Anwendung sollen konkrete Probleme oder kritische Risiken analysiert werden und es sollen Strategien für den Umgang mit den Problemen oder Risiken entwickelt werden. Dabei geht LSP davon aus, dass das Wissen über Probleme und Risiken und die Ideen für den optimalen Umgang mit diesen bereits innerhalb der Organisation vorhanden sind und nicht von außen (z. B. durch Berater) eingebracht werden müssen.
  • Real Time Identity for the Team: Diese Anwendung soll Teams helfen, ein gemeinsames Verständnis für die Identität und die Aufgaben des Teams und der einzelnen Teammitglieder zu entwickeln. Dabei soll die interne Zusammenarbeit optimal gestaltet und das volle Potential des Teams nutzbar gemacht werden.
  • Real Time Identity for You: Diese Applikation soll dem oder den Teilnehmer(n) helfen, die eigene Identität zu analysieren und darzustellen. Dabei wird auch berücksichtigt, wie diese von anderen wahrgenommen wird und wie sie sich künftig entwickeln soll. Es soll dann erarbeitet werden, welche Umstände und Verhaltensweisen die gewünschte Entwicklung optimal fördern und wie diese erreicht werden können.

Neben den oben beschriebenen von LEGO entwickelten Basisapplikationen kann und soll LEGO Serious Play für eine Vielzahl weiterer Anwendungen adaptiert und auf den jeweiligen Bedarf der Nutzer abgestimmt werden.

Einzelnachweise

  1. Sutton-Smith, B. The Ambiguity of Play. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1997.
  2. a b Vygotsky, L.S. Mind in Society: The Development of Higher Psychological Processes, Cambridge, MA: Harvard University Press, 1978.
  3. Fein G.Pretend Play:Creative and Consciousnes in G. Görlitz, D. und J. F. Wohlwill (hrsg.) Curiosity, Imagination and Play. Hillsdale, N.J.: Lawrence Erlbaum, 1987
  4. Paperts, S. The Children's Machine. New York, NY: Basic Books, 1993.

Weblinks


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