Lesche der Knidier

Lesche der Knidier

Lesche (griechisch λέσχη, Plural: leschai) bezeichnet in der Architektur der Antike einen Versammlungsraum oder ein Gebäude, in dem man zusammensitzen, verhandeln und reden konnte. Bisweilen diente die Lesche auch als Herberge. Als solche und als ein Sammelpunkt von Müßiggängern und Schwätzen war die Lesche manchmal etwas verrufen. Es gab sie häufig in der Nähe von griechischen Marktplätzen und Heiligtümern.

Andererseits konnte Lesche auch den Versammlungsort eines Rats oder einer Körperschaft bedeuten. In Sparta hatte jede Phyle eine eigene Lesche, offenbar Gebäude von einiger Bedeutung. Pausanias erwähnt insbesondere die lesche krotanon (λέσχη Κροτανῶν) und die lesche poikile (λέσχη ποικίλη).[1]

Inhaltsverzeichnis

Lesche der Knidier

Weiter gab es allgemein den Tempeln des Apollon zugehörige Versammlungs- und Beratungsorte, die dem Apollo Leschenorios (Λεσχηνόριος) geweiht waren.

Die bekannteste solche Weihung ist die der Knidier in Delphi, ein rechteckiger Saalbau mit 8 Innensäulen. Der Innenraum war geschmückt mit berühmten Gemälden des Polygnotos. Die rechte Wand zeigte die Eroberung Trojas und die Abfahrt der Hellenen, die linke den Besuch des Odysseus in der Unterwelt. Die Gemälde sind nicht erhalten, aber durch die detaillierte Beschreibung Pausanias'[2] in ihrem Aufbau rekonstruierbar, eine Aufgabe, mit der sich auch Goethe beschäftigte.

Etymologie

Es wurde schon im 19. Jahrhundert eine Beziehung vermutet[3] zwischen dem griechischen Wort lescha (ionisch: lesche) und dem semitischen lischkah (hebräisch: לשכה), das ein Nebengebäude eines Tempels für das gemeinsame Opfermahl bezeichnet, zum Beispiel mehrfach in Jer 35 EU.[4] Der Wortklang legt eine Entlehnung des griechischen Wortes aus dem semitischen nahe, und eine entsprechende These wurde auch aufgestellt.[5]

Eine Untersuchung von Walter Burkert von 1990[6] kommt aber zu dem Ergebnis, dass (wenn überhaupt) es sich bei dem hebräischen Wort um eine Entlehnung aus dem Griechischen oder einer anderen indogermanischen Sprache (möglicherweise über die Philister) handelt. Für eine solche Richtung der Entlehnung spricht schon die griechische Etymologie aus der Wurzel λεχ‑ (gr. λεχος Bett; dazu deutsch „liegen“, englisch „lie“), während das Wort im semitischen Raum außer im Tanach nicht belegt ist.

Literatur

  • Walter Burkert: Lescha-liskah: Sakrale Gastlichkeit zwischen Palästina und Griechenland. In: B. Janowski et al. (Hrsg.): Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Kleinasien, Nordsyrien und dem Alten Testament. Internationale Symposion Hamburg, 17-21. März 1990. Orbis Biblicus et Orientalis 129. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen 1993, ISBN 3525537646. S. 19-38
  • Walter Hatto Groß: Lesche (Architektur). In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 3, Stuttgart 1969, Sp. 587.
  • Robert B. Kebric: The paintings in the Cnidian Lesche at Delphi and their historical context. Brill, Leiden 1983, ISBN 90-04-07020-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pausanias Beschreibung Griechenlands 3.14.2, 3.15.8
  2. Pausanias Beschreibung Griechenlands 10.25ff
  3. William Robertson Smith: Die Religion der Semiten. Originaltitel: Lectures on the religion of the Semites. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967. Nachdruck der Ausgabe von 1899. S. 406
  4. Originaltext: BHS
  5. Otto Schrader: Sprachvergleichung und Urgeschichte Jena 1907. Neudruck: Olms, 1980. S. 497
  6. Walter Burkert: Lescha-liskah. 1990. Siehe Literatur.

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