Ljudevit Gaj

Ljudevit Gaj
Ljudevit Gaj, Lithographie von Franz Eybl, 1848
Ljudevit-Gaj-Denkmal in Krapina

Ljudevit Gaj (* 8. Juli 1809 in Krapina, Komitat Warasdin/Varaždin, Kroatien (damals Österreich-Ungarn); † 20. April 1872 in Zagreb) war Slawist und Begründer des neuen kroatischen Schriftwesens.

Inhaltsverzeichnis

Erstellung einer kroatischen Rechtschreibung

Gaj erhielt seine Bildung auf verschiedenen ungarischen, österreichischen und deutschen Universitäten. In Pest fasste er, von Kollar angeregt, die Idee durch eine gemeinsame Schriftsprache die lateinisch schreibenden Südslawen zu einem neuen geistigen Leben zu erwecken. Zu diesem Zweck gab er die Schrift „Kratka osnova hrvatsko-slavenskoga pravopisanja“ („Kurze Begründung einer kroatisch-slawonischen Rechtschreibung“, Ofen 1830) heraus. In Agram, wo er seine Studien fortsetzte, sammelte er rasch einen Kreis Gleichgesinnter um sich.

Sein 1833 verfasstes Lied „Još Hrvatska ni propala“ („Noch ist Kroatien nicht verloren“) trug viel zur Anregung des Nationalgefühls unter den Südslawen bei. Die Tätigkeit Gajs und seiner Anhänger war gegen den Magyarismus gerichtet.

Gründung einer Zeitschrift

Gaj wurde in Leipzig Doktor der Rechte. Er kehrte, als der nationale Aufschwung nach 1830 auch bei den Südslawen zu Tage brach, in seine Heimat zurück. Dort begründete er 1835 eine Zeitschrift in slawischer Sprache.

Als ihm die ungarische Regierung deren Herausgabe verweigerte, erhielt er die Erlaubnis dazu von Kaiser Franz II. Die Sprache der Zeitung war der am meisten ausgebildete kroatisch-dalmatische Dialekt. Die provinzielle Orthografie wich der gemeinschaftlichen, welche nach Analogie der böhmisch-polnischen mittelst diakritischer Zeichen vereinfacht worden, und an die Stelle der alten schwerfälligen wurden die lateinischen Schriftzeichen, welche das allgemeine Verständnis allgemein erleichterten, gewählt.

Die Zeitschrift hieß anfänglich: „Nowine horvazke“, kroat. Neuigkeitsbote, und das unterhaltende Beiblatt: „Danica horvazka“, Kroatischer Morgenstern. Schon im nächsten Jahre änderte man den Titel auf: „Ilirske narodne novine“, das heißt Illyrische Volkszeitung, und das Beiblatt: „Danica ilirska“, Illyrischer Morgenstern. Seit 1838 erschien das Blatt in großer Folge zweimal wöchentlich. Durch diese Blätter erreichte Gaj die Annahme seiner neuen Rechtschreibung von Seiten fast aller römisch-katholischen Südslawen und eine literarische Einheit derselben.

Die neue Schriftsprache

Um mit Einführung der neu angewandten Schriftsprache entsprechend fortschreiten zu können, erwirkte Gaj 1839 von der Regierung die Bewilligung zu einer Druckerei, aus welcher seit dieser Zeit eine Reihe von Schriften hervorging, die teils die wissenschaftliche Begründung der neuen Schriftsprache anstrebten, teils dem geistigen Aufschwung der Südslawen Gelegenheit darboten, in der Heimat selbst die Ergebnisse desselben zu veröffentlichen.

Selbstverständlich war der Einfluss ein mächtiger. Schon 1842 entstand die illyrische landwirtschaftliche Gesellschaft, die im betreffenden Jahr nach dem Muster der Matice česká ein Organ in illyrischer Sprache begründete: die „Matica ilirska“ (ab 1874 Matica hrvatska), welche sich zur Aufgabe machte, die Schriftsteller der Dubrovniker (Ragusaner) Schule des 15. bis 18. Jahrhunderts herauszugeben, und mit der Ausgabe der Werke des Ivan Gundulić aus dem 16. Jahrhundert begann.

Später bildete sich auch ein National-Damen-Verein, welcher die Herausgabe und Verbreitung belehrender und moralischer Volksschriften über sich nahm. An der Spitze desselben befand sich Pauline Gaj, Ljudevits Gemahlin. Diese literarische Wiedergeburt gestaltete sich allmählich so, dass schon im Jahre 1844 die illyrische Nationalzeitung auf Befehl der Regierung zu ihrer einstigen Bezeichnung „kroatisch-slawonische“ zurückkehren musste. Die begonnenen geistigen und literarischen Regungen konnten nicht rückgängig gemacht werden, und der Hass gegen die Magyaren von Seiten der Südslawen mehrte sich.

Gajs Einfluss

Mehrmals in den ungarischen Reichstag gewählt, suchte Ljudevit Gaj vergeblich Verständigung mit den Magyaren; ebenso wenig gelang es ihm, eine Einigung mit den griechisch-katholischen Südslawen zu erreichen.

Im Jahre 1848 fand sich Gaj mit einer kroatischen Deputation in Wien ein und erhielt die Ernennung zum kaiserlichen Rate. Er erwirkte dort das Recht zur Wahl eines Ban von Kroatien und berief nach seiner Rückkehr nach Zagreb eine Volksversammlung, die Joseph Jelačić zum Ban erhob. Nach den reaktionären Märzereignissen geriet er in den Verdacht, derselben Dienste geleistet zu haben.

Das heutige Anwesen des Mirogoj-Friedhofs in Zagreb gehörte früher zum Besitz von Ljudevit Gaj. Aufgrund zu hoher Kosten für die Instandhaltung des riesigen Areals wurde das Mirogoj-Anwesen auf einer öffentlichen Auktion der Stadt Zagreb verkauft. Daraufhin wurden Pläne zur Zusammenlagerung zahlreicher kleinerer Friedhofe der Gespanschaft zu einem zentralen Friedhof konkretisiert.

In seinen letzten Jahren lebte er von allen öffentlichen Beziehungen fern in Zagreb und beschäftigte sich mit dem Sammeln illyrischer Werke, worin er es bereits zu einer sehr ansehnlichen und für den slawischen Sprach- und Geschichtsforscher wertvollen Resultate gebracht hat. Als Schriftsteller beschränkt sich Gajs Tätigkeit nur auf einige Zeitungsaufsätze. Gaj verstarb am 20. April 1872 in Zagreb. Er wurde auf dem Mirogoj-Friedhof in Zagreb beigesetzt.

Weblinks

 Commons: Ljudevit Gaj – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  • Jahrbücher für slawische Literatur 1843, S. 15: „Ljudewit Gaj und der Illyrismus.“
  • Hamburger literarische und kritische Blätter 1845, Nr. 149, S. 1174: „Ludwig Gaj.“
  • Rittersberg, Kapesní slovniček, d.i. Taschenwörterbuch (Prag 1850) I. Bd. S. 470.
  • Neueste Ergänzungen zu Pierers Universal-Lexikon (Altenburg 1855) S. 334 [berichtet: „Seine Agitation gegen die Magyaren setzte er fort, bewirkte die Beschickung des Slawenkongresses in Prag durch südslawische Deputierte. Da er später für seinen Plan auch in Serbien zu wirken suchte, wurde er Ende 1853 in Agram verhaftet und nach Wien gebracht.“]
  • Bibl.-statist. Übersicht der Liter. des öst. Kaiserstaates. III. Ber. S. 1076. Marg. 35315
  • (Brockhaus) Konvers.-Lex. (10. Aufl.) VI. Bd. S. 467.
  • Meyer, Das große Konversations-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst.) III. Bd. Suppl. S. 876.
  • Nouvelle Biographie générale…publiée sous la diretion de Mr. Le Dr. Hoefer (Paris 185) XIX. Bd. Sp. 199.
  • Gay, Ljudevit in Constant von Wurzbach Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 5. Band, Wien 1859
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