Logograph (Geschichte)

Logograph (Geschichte)

Der Begriff Logograph (griechisch  λογογράφος, logographos) bezeichnet die antiken griechischen Geschichtsschreiber und Chronisten vor Herodot, der als „Vater der Geschichtsschreibung“ gilt.

Der Begriff wurde von Thukydides begründet, der damit verächtlich seine Vorgänger meinte, und von dem Altphilologen Friedrich Creuzer in die Wissenschaft eingeführt. An sich bedeutet der Begriff nur Prosaschreiber im Gegensatz zum Dichter und ist daher aufgrund seiner Schwammigkeit in der Wissenschaft verpönt.

Hekataios von Milet

Hekataios von Milet (um 560/550 bis ca. 480 v. Chr.), der in der direkten Nachfolge zu Anaximander von Milet (um 611 bis ca. 547 v. Chr.) stand, wenn er ihn auch persönlich nie kennengelernt hat, gilt als Hauptvertreter der Logographen. Er verfasste eine Weltkarte mit eingehender Erdbeschreibung in zwei Büchern (griechisch Περιήγησις γῆς, Periēgesis gēs).

Für seine Periegese sammelte Hekataios Reiseberichte und versuchte, diese sachlich auszuwerten. In seiner Periegese finden sich ferner landeskundliche Beschreibungen: „Hekataios behauptet in seiner Beschreibung Europas, die Paioner tränken Bier aus Gerste und [ein Getränk namens] Parabie aus Hirse und Dürrwurz“ (F 154), was er wohl auch aus irgendeinem Reisebericht erfahren hat. Die Periegese war ein außerordentlich materialreiches und literarisch offenbar anspruchsloses Werk, das die Entgöttlichung der Himmelserscheinungen und die nüchterne Orientierung seines Denkens an menschlichen Erfahrungen zeigt.

Sein zweites Werk geht noch einen gewaltigen Schritt weiter in Richtung Geschichtsschreibung. Es wird meistens als Genealogiai (griechisch Γενεαλογίαι), manchmal als Historiai (griechisch Ἱστορίαι) bezeichnet. Sein Proöm lautet: „Hekataios von Milet verkündet folgendes: Dies schreibe ich, wie es mir wahr zu sein scheint. Denn die Erzählungen der Griechen sind viele und lächerliche, wie sie mir erscheinen.“ Dies gilt nach Otto Lendle als eigentliche Keimzelle der griechischen Historiographie. Hekataios nahm die alten Sagen und untersuchte sie. Er vermenschlichte: In einem Mythos, in dem ein dreiköpfiger Geryones vorkam, wurde dieser bei Hekataios zu einem normalen menschlichen König. Er mäßigte: „Hekataios schreibt folgendes: ,Aigyptos selbst kam nicht nach Argos, aber seine Söhne, wie Hesiod gedichtet hat, fünfzig, wie ich [meine], nicht einmal zwanzig.“ Hier wendete Hekataios das Kriterium des gesunden Menschenverstandes an: So viele Kinder hat kein Mensch.

In die Theogonie des Hesiod versuchte er Ordnung zu bringen. Hekataios beabsichtigte die alten Geschichten zu entmythologisieren. Um so weit zu kommen, musste sich erst einmal die rationale Weltsicht entwickeln.

Weitere Logographen

Die anderen Logographen wie etwa Akusilaos aus Argos, Pherekydes von Athen, Xanthos der Lyder, Antiochos von Syrakus machten in historiographischer Hinsicht ungefähr das Gleiche: „Während die großen Tragiker den Mythus auf ihre Weise in die Kur nehmen, sammeln die Logographen ihn noch einmal stofflich, | bringen ihn auch in ein System oder doch in einen größeren Zusammenhang; … daneben aber erzählen sie die Localsagen und Localgeschichten ihrer poleis"[1].

Ion von Chios sammelte lokale Sagen, Erinnerungen und Ereignisse und versuchte damit in Zusammenhang mit jüngeren Ereignissen eine vollständige Geschichte des Staates Chion zu verfassen. Das Verhältnis der ursprünglichen Textmenge zur Erhaltenen beträgt bei den Logographen 1: 40. Der Grund für das Verschwinden so vieler Werke ist damit zu erklären, dass sie in der damaligen Zeit zu uninteressant erschienen, um abgeschrieben zu werden.

Einzelnachweise

  1. Jacob Burckhardt: Werke, Band III, S. 476.

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