Lullusfest

Lullusfest
Lullusfest

Das Lullusfest ist eines der ältesten Volksfeste in Deutschland. Es wird auf dem etwa 1,3 Hektar großen Marktplatz und auf Teilen des etwa 0,5 Hektar[1] großen angrenzenden Linggplatzes in der Innenstadt von Bad Hersfeld gefeiert. Das Fest findet jedes Jahr in der Woche des 16. Oktober statt.

In den letzten Jahren wurden durchschnittlich rund 500.000 Besucher gezählt[2].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Fest hat seinen Namen von Erzbischof Lullus von Mainz. Er war Nachfolger des Bonifatius auf dem Mainzer Bischofsstuhl. Er gründete um 769 das Benediktinerkloster in Bad Hersfeld. Am 16. Oktober 786 starb Lullus 80-jährig in Hersfeld.

Am 7. April 852 wurde die neue karolingische Säulenbasilika geweiht. Die Umbettung von Lullus, Wigbert und Witta in diese Basilika (Translatio) durch eine Prozession und eine kirchliche Feier fand im gleichen Jahr am 16. Oktober statt. Dies führte dann zu einem jährlich wiederkehrenden Kirchenfest, zu dem viele Gläubige an die Heiligengräber pilgerten[3]. Sie wurden am 16. Oktober vom Geläut der ganzen Stadt zu den Heiligengräbern gerufen. Ab 1038 wurde auch mit der Lullusglocke geläutet.

Fierche

Auch das Lullusfeuer (Fierche) und das Aufstellen einer Holzhütte lassen sich auf die Zeit des Kirchenfestes zurückführen. Die Hütte wurde für die Pilger aufgestellt, die keine Unterkunft mehr gefunden hatten und am Feuer mit Nahrung versorgt wurden.

Es gibt aber auch noch andere mögliche Ursprünge für den Hüttenbau und das Feuer. Das Feuer könnte mit der ersten Holzkirche zu tun haben. Eine weitere Erklärung könnte auch sein, dass das Feuer für vertriebene Christen, aus dem nahen Grenzbereich zu den noch heidnischen Thüringern und Sachsen, als Signal gedient haben. Sie suchten bei dem Kloster Schutz und fanden in der Hütte Unterkunft.

Die vielen Pilger und Wallfahrer mussten versorgt werden, so gab es zu dem Fest vermutlich von jeher einen Jahrmarkt. Der Markt wurde ab etwa 1373 auf 3 Tage verlängert. Er dauerte von montagmittags 12:00 Uhr bis donnerstagnachts um 1:00 Uhr. Mit der Reformation verschwand das Kirchenfest langsam, aber der Jahrmarkt blieb bestehen. So riefen die Glocken nicht mehr zum Kirchenfest, sie signalisierten montags um 12:00 Uhr die „Lullusfreiheit“. Sie gab den Händlern auf dem Markt die Erlaubnis ihre Waren unter freiem Himmel ohne städtische Abgaben zu verkaufen. Der Markt bot über Jahrhunderte eine große Auswahl an Stoffen, Strickwaren, Hüten und Bekleidung sowie Uhren und optischen Geräten. Es gab auch einen großen landwirtschaftlichen Bereich. Mit der Zeit wurde der Markt immer mehr zu einem Krammarkt, bei dem sich die Bevölkerung aus dem ganzen Kreis mit notwendigen Haushaltsutensilien versorgte. Ab dem Jahr 1911 wurde der Dippenmarkt von Montag bis Sonntag verlängert, wobei es ab 1925 zu dem verkaufsoffenen Sonntag kam. Ab dem 19. Jahrhundert kamen zum Markt Vergnügungs- und Fahrgeschäfte hinzu. Da es immer mehr Einzelhändler gab (später auch Kaufhäuser), die die Bevölkerung das ganze Jahr über mit diesen Waren versorgen konnten, nahm schließlich die Anzahl der Vergnügungs- und Fahrgeschäfte immer mehr zu. Somit entwickelte sich das Volksfest wie es heute noch gefeiert wird.[4].

Im Jahr 1911 standen auf dem Marktplatz sechzehn Geschäfte. Die Platzabgaben der Schausteller betrugen damals 2161,20 Mark. Im Jahr 2008 waren es 50 Geschäfte, davon elf Fahrgeschäfte. Die Schausteller zahlten in diesem Jahr etwa 125.000 Euro Standgebühren an die Stadt.[2].

Ablauf in der Gegenwart

Das Fest beginnt am Samstagabend mit dem „Lollsball“, in der Woche vor dem Lollsmontag. Er wird durch den „Tanzsportclub Rot-Weiß Bad Hersfeld“ in der Stadthalle organisiert.

Festzug Lullusfest 2006, Feuermeister, Bürgermeister und Magistrat

Am folgenden Sonntag findet der Bad Hersfelder Lollslauf statt, eine Laufveranstaltung, bei der mehrere Langstrecken bis zum Halbmarathon gelaufen werden können. Veranstaltet wird er durch den Ski-Club Neuenstein. Am gleichen Abend findet in der Hersfelder Innenstadt der traditionelle Fackel- und Laternenzug mit mehreren Kapellen statt. Im Anschluss folgt in der Stiftsruine eine feierliche Ansprache des Bürgermeisters und Feuermeisters. Nach dieser Ansprache läutet die Lullusglocke, die älteste Glocke Deutschlands. Danach gibt es seit ein paar Jahren entweder ein Feuerwerk oder eine Lasershow in der Stiftruine.

Der Marktplatz von oben, außerhalb der Hersfelder fünften Jahreszeit. Dahinter die Stiftsruine und der Tageberg

Am Lollsmontag vor 12:00 Uhr hält der Bürgermeister eine Rede und nach einer formalisierten Zwiesprache mit dem Feuermeister entzündet der Bürgermeister um 12:00 Uhr das Feuer, in dem er eine Fackel auf den Holzstapel schleudert. Dabei läuten alle Glocken der Stadt. Damit ist das Lullusfest offiziell eröffnet.

Am Lollsmittwoch findet der große „Dippemarkt“ statt, bei dem etwa 130 Händler aus ganz Deutschland ihre Waren anbieten.

Am Lollssonntag ist ein verkaufsoffener Sonntag und um 19:00 Uhr wird das Feuer nach einer Ansprache des Feuermeisters gelöscht. Im Anschluss findet seit ein paar Jahren ein Feuerwerk statt, das vom Kirchturm der Stadtkirche abgeschossen wird und durch die Schausteller gestiftet wird.

Am Montag wird das Lullusfest mit einer Freiverlosung der Schausteller beendet.

Enner, zwoon, dräi - Bruder Lolls (Der Lollsruf)

Zum Lullusfest, insbesondere zum Fackel- und zum Festzug gibt es verschiedene Ausrufe zu Lullus Ehren. Bis das Feuer angezündet wird ruft man: „Enner, zwoon, dräi - Budewähn!“ (Budenwagen, damit sind die Wagen der Schausteller gemeint). Wenn das Lullusfeuer entfacht wurde ruft man: „Enner, zwoon, dräi - Bruder Lolls!“ Meist leitet jemand diesen Ausruf mit „Attacke!“ ein. Die Anderen rufen dann „Enner, zwoon,...“ usw. Wichtig ist hierbei, dass die Sprachmelodie nach „dräi“ deutlich abfällt, wobei die erste der drei nachfolgenden Silben außerdem deutlich in die Länge gezogen wird („Bruuuu-der Lolls“).

Weitere Bilder

Einzelnachweise

  1. Flächen der Plätze, vermessen mit DVD "Stadtplan Hessen", ISBN 978-3-89446-425-7
  2. a b Anzeigenzeitung Express Waldhessen (heute „Klartext“), Nr. 1 vom 16. August 2008, in der Rubrik „Hatten Sie´s gewusst“
  3. Wilhelm Neuhaus; Das Lullusfest in Hersfeld; Seite 177 bis 180; in Hersfelder Geschichtsblätter, Band 3/2007; ISBN 3-925333-95-9
  4. Wilhelm Neuhaus; Das Lullusfest in Hersfeld, Unser Lullusfest und Das Lullus-Lied; Seite 177 bis 183; in Hersfelder Geschichtsblätter, Band 3/2007; Verein für hessische Geschichte und Landeskunde, Bad Hersfeld 2007; ISBN 3-925333-95-9

Weblinks

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