- Anwaltshaftung
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Die Anwaltshaftung bezeichnet die Haftung des Rechtsanwalts für sein Handeln in seiner Funktion als solcher. Der Mandant schließt mit dem Rechtsanwalt einen Anwaltsvertrag, der in der Regel eine Dienstleistung des Rechtsanwalts zum Gegenstand hat (Geschäftsbesorgungsvertrag). Für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Dienstleistung haftet der Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten wie jeder andere Dienstleister auch.
Inhaltsverzeichnis
Pflichtverletzungen
Der Rechtsanwalt haftet für die schuldhafte Verletzung seiner aus dem Anwaltsvertrag resultierenden Pflichten. Diese Pflichten bestehen vor allem hinsichtlich der rechtlichen Beratung des Mandanten. Diese Beratung beruht auf den Angaben des Mandanten zum Sachverhalt. Die Ermittlung des Sachverhalts ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Anwalts. Allerdings besteht eine Informationsbeschaffungspflicht des Anwalts. Er muss daher mittels geeigneter Fragestellung den Sachverhalt für die Prüfung der Rechtslage aufbereiten. Wenn sich Widersprüche in der Darstellung des Sachverhalts oder im Vergleich zu schriftlichen Unterlagen etc. ergeben, muss der Rechtsanwalt versuchen, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Sodann muss der Rechtsanwalt den Mandanten umfassend und erschöpfend rechtlich informieren. Die Kenntnis der aktuellen Gesetzeslage und der höchstricherlichen Rechtsprechung ist Pflicht. Der Rechtsanwalt muss analysieren, ob und wie das gewünschte Ziel seines Mandanten erreichbar ist. Vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen hat der Rechtsanwalt den Mandanten zu bewahren. Der Rechtsanwalt hat den sichersten Weg zu gehen, es sei denn, der Mandant möchte bewusst ein bestimmtes Risiko eingehen. Dies wird der Anwalt zu dokumentieren haben.
Schadensersatz
Hat der Rechtsanwalt seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag schuldhaft verletzt, so hat der Mandant oder Dritte einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt, sofern ihm aus der Pflichtverletzung kausal ein Schaden entstanden ist. Zur Ermittlung des Schadens wird die sog. Differenzhypothese angewandt. Die Vermögenslage des Mandanten nach der Pflichtverletzung wird mit der hypothetischen Vermögenslage ohne die Pflichtverletzung verglichen. Im Ergebnis muss der Geschädigte also so stehen, wie er stünde, wenn der Anwalt seine Pflichtverletzung nicht begangen und ihn richtig beraten hätte.
Beweislast
Der Geschädigte muss im Anwaltshaftungsprozess alle anspruchsbegründenden Tatsachen voll beweisen. Dazu gehört zum einen das Zustandekommen und der Inhalt des Anwaltsvertrages. Dies kann gerade bei privaten Ratschlägen des Anwalts problematisch sein. Zum anderen muss der Geschädigte auch die Pflichtverletzung des Anwalts voll beweisen. Eine Beweislastumkehr gibt es nicht. Lediglich bei der Schadensermittlung – also wenn die Pflichtverletzung bewiesen ist – kann der Schaden durch das Gericht geschätzt werden.
Typisch für den Anwaltshaftungsprozess ist folgende Konstellation: Der Mandant beauftragt seinen Anwalt, gegen einen Schuldner des Mandanten wegen einer ausstehenden Forderung Klage zu erheben. Dabei unterläuft dem Anwalt ein Fehler, was die Abweisung der Klage zur Folge hat. Im folgenden Anwaltshaftungsprozess übernimmt nun der Anwalt die Rolle des Beklagten (Schuldner). Sofern ein Fehler des Anwalts festgestellt wird (den der Mandant beweisen muss), haftet dieser dennoch nicht, wenn er den Nachweis führt, dass die Klage auch ohne seinen anwaltlichen Fehler abgewiesen worden wäre oder die im Erstprozess eingeklagte Forderung, auch wenn sie vom Gericht zugesprochen worden wäre, beim Schuldner nicht hätte beigetrieben werden können, z. B. weil dieser nicht zahlungsfähig war.
Rät der Anwalt zu einem Prozess, der von vorneherein aussichtslos ist, etwa weil die Forderung des Mandanten verjährt und mit der Verjährungseinrede des Schuldners zu rechnen war, so haftet der Anwalt nicht auf den Wert der eingeklagten Forderung, sondern auf den so genannten "Prozesskostenschaden". Er muss den Mandanten so stellen, wie dieser stünde, falls er den Prozess nicht geführt hätte. Da der Mandant im Prozess unterliegt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, bedeutet dies: Der Anwalt muss für die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite aufkommen. Seine eigene Gebührenforderung kann er wegen des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs nicht durchsetzen. Hat der Mandant seinen Anwalt bereits bezahlt, kann er das Geld zurückverlangen.
Literatur
- Borgmann / Jungk / Grams: Anwaltshaftung. Verlag C.H.Beck, ISBN 3406472737
- Borgmann, Brigitte: Die Rechtsprechung des BGH zum Anwaltshaftungsrecht vom Mai 2010 bis Juni 2011, NJW 43/2011, 3133 (Vorgängeraufsatz: "... bis April 2010", NJW 2010, 1924)
- Heidl, Wolfgang: Die VVG-Reform, insbesondere der Direktanspruch, Verlag Dr. Kovac 2010, ISBN 978-3-8300-5017-9
- Grunewald, Barbara: Die Entwicklung der Rechtsprechung zum anwaltlichen Berufsrecht in den Jahren 2009-2010, NJW 49/2010, 3551
- Rinsche: Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars. Verlag Carl Heymanns, ISBN 3452238148
- Rinsche, Franz Josef / Fahrendorf, Klaus / Mennemeyer, Siegfried, Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl., Köln 2010, Verlag Heymanns, ISBN 978-3-452-27106-8
- Schnabl, Daniel: Juristische Online-Datenbanken im Lichte der Anwaltshaftung. In: Neue juristische Wochenschrift, Bd.60, 2007, ISSN 0341-1915, S.3025-3030.
- Spreng: Anwalt und Mandant. Nomos Verlag, ISBN 3423580925
- Vollkommer / Heinemann: Anwaltshaftungsrecht. Verlag C.H. Beck, ISBN 3406458165
- Zugehör, Horst: Handbuch der Anwaltshaftung. ZAP-Verlag, ISBN 3896550128
Weblinks
Siehe auch
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