Magirus-Deutz Standardbus

Magirus-Deutz Standardbus
Magirus-Deutz
Magirus-Deutz M 230 L 117 Standard-Überlandbus (StÜLB)
M 170 SH 110 / M 260 L 117
Hersteller: Magirus-Deutz
Bauart: Stadtlinienbus / Überlandbus
Produktionszeitraum: 1968−1982
Achsen: 2
Leistung: 170−256 PS
Länge (mm): 11.000 / 11.700
Breite (mm): 2 500
Höhe (mm): 2 950 / 3 000
Radstand (mm): 5 600 / 6 000
Fußbodenhöhe (mm): 725 / 900
Sitzplätze: 37−44 / 53
Stehplätze: 61−71 / 19
Leergewicht (kg): 7 800−9 000
Vorgängermodell: Magirus-Deutz M 150 S 11
Nachfolgemodell:
Ähnliche Modelle: Büssing BS 110 V, Mercedes-Benz O 305 und O 307, MAN 750 HO-SL

Zwischen 1968 und 1982 baute der deutsche Nutzfahrzeughersteller Magirus-Deutz standardisierte Stadt- und Überlandbusse nach Vorgaben des Verbands Öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV). Die Magirus-Deutz-Standardbusse trugen die Typbezeichnungen M 170 S 10 H, M 170 S 11 H, M 170 S 11 M, M 170 SH 110, M 200 SH 110, M 230 SH 110, M 260 SH 110, M 260 SH 170, M 230 L 117 und M 260 L 117.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Nach den Richtlinien des VÖV wurde 1967 der erste Prototyp eines Standardbusses von Magirus-Deutz mit der Bezeichnung M 150 S 11 N und dem KHD-Heckmotor „F 6 L 312“ mit 150 PS vorgestellt. Dieser basierte bei neuer, eckigerer Karosserie nach den VÖV-Vorgaben technisch auf dem bereits bekannten Busmodell M 150 S 11. Im September 1968 folgte der Serienanlauf des optisch deutlich veränderten und von 150 auf 170 PS erstarkten Modells unter der Bezeichnung Magirus-Deutz M 170 S 11 H (für Magirus-Deutz mit 170 PS, Standard-Stadtbus mit 11 Metern Länge und Heckmotor).

Die Abmessungen des Standard-I-Stadtbusses von Magirus-Deutz betrugen 11 Meter Länge, 2,5 Meter Breite und 2,95 Meter Höhe bei einem Gesamtgewicht von 16 Tonnen. Das Fahrzeug verfügte über den KHD-Motor F 6 L 413 und je nach Ausstattung über 37−44 Sitzplätze und 61−71 Stehplätze.

Weitere Entwicklung

Bereits 1968 wurde ein weiterer Prototyp mit drei Doppeltüren und linksseitig stehendem Motor zwischen den Achsen hergestellt, der bei den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) getestet wurde. 1968 wurden 65 Exemplare des daraus entwickelten Typs M 170 S 11 M (Mittelmotor) mit 740 mm Fußbodenhöhe an die KVB geliefert.

Speziell für die Hamburger Hochbahn AG (HHA), die in den 1960er Jahren Großkunde bei Magirus-Deutz war, wurden 1969 und 1971 zwei Serien (100 Wagen) des um ein Fensterteil verkürzten Typs M 170 S 10 H produziert. Im Gegensatz zu Büssing, wo ebenfalls verkürzte Standardbusse u.A. für die HHA gebaut wurden, wurde das Untergestell beim Magirus-Deutz-Bus nicht einfach um das entsprechende Maß gekürzt, sondern ein anderes mit relativ etwas verlängertem Radstand (4.500 mm), schmalerer Spur und kleineren Rädern, aber mit 875 mm Fußbodenhöhe benutzt. Diese als Schnellbus eingesetzten 9,6-m-Wagen waren die letzten für die HHA gebauten Magirus-Deutz-Busse.

1970 gab es eine allgemeine Umbezeichnung aller Magirus-Deutz Busmodelle, der Standard-I-Stadtbus hieß nun grundsätzlich SH110, ergänzt um die vorangestellte, auf 10er-Stellen gerundete PS-Stärke des Motors (z.B. M 170 SH 110 mit 170 PS). Dies wurde auch dadurch nötig, dass ab diesem Zeitpunkt unterschiedliche Motoren zur Auswahl standen.

Ab 1972 war zusätzlich der 11,7 Meter lange Standard-I-Überlandbus (StÜLB) L 117 im Angebot, ebenfalls mit vorangestellter Motorisierung (etwa M 230 L 117 für die 232-PS-Version). Dieser fand besonders als Bahnbus und Postbus (mit eingebautem Briefeinwurfschlitz) weite Verbreitung in Deutschland. Später wurde der Überlandbus auch als L 117 P (mit Podesten) geliefert, die Kofferräume im Unterwagen unter den Podesten mit den Sitzen ermöglichten. Die Wagen konnten dadurch besser als Kombibusse eingesetzt werden. Es gab davon auch eine verlängerte Version des Karosseriebauers Voll in Würzburg (M 260 L 118). Parallel zu den in Mainz gebauten Magirus-Deutz Reisebussen wurden auf der IAA 1975 erstmalig auch die mit einem Fremdaufbau von Gangloff in Colmar versehenen Hochdecker-Busse vom Typ 230 T 117 vorgestellt. Es handelte sich um Luxus-Reisebusse, die auf dem Fahrgestell des L 117 basierten. Später kam auch ein 260 T 117 hinzu.

Im Gegensatz zu den vergleichbaren VÖV-Bussen der Konkurrenz (z.B. Büssing BS 110 V, MAN 750 HO-SL bzw. MAN SL 200 und Mercedes-Benz O 305) wurden die Magirus-Deutz-Busse sämtlich (wie bei diesem Hersteller üblich) von luftgekühlten Dieselmotoren angetrieben. Der leistungsmäßig kleinste und bis 1976 angebotene M 170 SH 110 besaß einen Sechs-Zylinder-Motor in V-Form, die stärkeren Modelle Acht-Zylinder-Motoren, ebenfalls in V-Anordnung. Die Motorenpalette umfasste Maschinen mit 170, 200, 232 PS und ab 1974 auch mit 256 PS. Alle gehörten den Motorenbaureihen F 6 L 413 (Sechszylinder) und F 8 L 413 (Achtzylinder) von Klöckner-Humboldt-Deutz an. Für den Standard-Überlandbus L 117 waren nur die Maschinen mit 232 und 256 PS im Angebot.

Nachdem die konkurrierenden deutschen und österreichischen Hersteller (allen voran MAN, Büssing war mittlerweile von MAN aufgekauft worden und existierte nicht mehr) bereits über Jahre Gelenkbusse im Angebot hatten, die mit großem Erfolg verkauft wurden, wurde auch bei Magirus-Deutz ein Standard-I-Gelenkbus entwickelt. Dieses Modell kam gemessen an den Wettbewerbern allerdings recht spät, nämlich erst 1980, auf den Markt und trug die Typbezeichnung M 260 SH 170. Es hatte zwar einen Heckmotor, die Antriebskraft wurde jedoch per Kardanwelle auf die zweite Achse in den Vorderwagen übertragen. Damit konnte die Lizenzzahlung für die Knickschutzsteuerung des Gelenkes vermieden werden. Allerdings erforderte diese Form eine besondere Konstruktion, es konnte nicht wie beim Mercedes-Benz Gelenkbus O 305 G die Technik des Solobusses benutzt werden.

Das Ende

Da Magirus-Deutz zwischen 1975 und 1980 nach und nach in die neu gegründete IVECO eingegliedert worden war, wurden die Busse gegen Ende ihrer Produktionszeit auch mit dem neuen Schriftzug IVECO verkauft. Das Mainzer Bus-Werk von Magirus-Deutz wurde aufgrund jahrelanger Unrentabilität im Jahre 1982 geschlossen und die Produktion von Magirus-Deutz-Bussen aufgegeben.

Trotz bereits beschlossener Werksschließung wurde noch 1982 ein Prototyp des Standard-II-Linienbusses vorgestellt, der als Überlandbus M 240 L 118 heißen und 240 PS besitzen sollte. Von diesem nach den VÖV-Richtlinien für eine neue Standard-Bus-Generation entworfenen Modell (von konkurrierenden Unternehmen erschienen z.B. die Modelle MAN SL 202, Mercedes-Benz O 405 und Neoplan N 416) entstanden bei Magirus-Deutz jedoch nur noch wenige Vorserienexemplare. Eine Serienfertigung kam nicht mehr zustande.

Von den Stadtlinienbussen der Typen SH 110 und ihren Vorläufern wurden zwischen 1968 und 1982 mehrere hundert Exemplare verkauft, der Überlandbus L 117 kam auf rund 1.400 Stück. Vom Gelenkbus M260SH170 wurden nur 39 Fahrzeuge gebaut; die letzten Exemplare wurden erst 1984 bei einem großen Nutzfahrzeughändler fertig gestellt und ausgeliefert. Großabnehmer des L 117 Überlandbusses waren Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost. Die Stadtlinienbusse liefen beispielsweise in Krefeld, im nördlichen Ruhrgebiet (Vestische Straßenbahnen), in Köln, Mainz, Coburg und Ulm. Der in nur wenigen Exemplaren gebaute Gelenkbus war zu finden in Hannover, Braunschweig, im Münsterland (Regionalverkehr Münsterland) sowie in seiner „Heimatstadt“ Mainz.

Bis heute erhaltene Exemplare

Im Gegensatz zu den Standard-I-Modellen von Mercedes-Benz und MAN sind die entsprechenden Baumuster von Büssing und Magirus-Deutz heute sehr selten geworden und nur noch in einzelnen Exemplaren in Deutschland vorhanden:

Stadtbusse

  • Zwei Gelenkbusse 260 SH 170 mit StÜlB-Front werden bei einem Busunternehmen in Norddeutschland noch eingesetzt (Stand: Frühjahr 2009).
  • Ein SH 110 mit StÜlB-Front wird von einem Unternehmer in Baden-Württemberg für Oldtimerfahrten eingesetzt.
  • Ein Exemplar des Linienbusses 260 SH 110 mit VÖV-Front ist in Händen eines Dortmunder Oldtimer-Vereins. Ursprünglich handelt es sich um Wagen 71 der Städtischen Werke Coburg.
  • Je ein Exemplar der Modelle 230 SH 110 mit VÖV-Front und 260 SH 110 mit StÜlB-Front befindet sich im Bestand der „Ulmer/Neu-Ulmer Nahverkehrsfreunde“.
  • Der Hamburger Omnibusverein erhält ein Exemplar des Kurz-Modells 170 S 10 H mit VÖV-Front der Nachwelt.
  • Ein Exemplar des Stadtbusses SH 110 mit StÜlB-Front hat der „Oldtimerclub Magirus Iveco e.V.“ in Ulm im Bestand.
  • Ein 200 SH 110 mit VÖV-Front, der ursprünglich bei den Bamberger Verkehrsbetrieben lief, wird gerade im Internet zum Verkauf angeboten.

Überlandbusse

  • Ein Exemplar des 260 L 117 P ist noch im Schülerverkehr in Nordrhein-Westfalen im Einsatz (Stand: Frühjahr 2009).
  • Im Main-Tauber-Kreis wird ein 260 L 117 P noch von einem Busunternehmer im Gelegenheitsverkehr eingesetzt (Stand: Herbst 2008).
  • Ein 260 L 117 P ist noch beim Roten Kreuz in Dortmund als Einsatzleitungsfahrzeug im Dienst.
  • Die Feuerwehr Frankfurt am Main hat ebenfalls ein Einsatzleitungsfahrzeug auf Basis eines 260 L 117.
  • Das Rote Kreuz in Roth verfügt über einen 260 L 117 mit Sonderaufbau von Voll für den Fernmeldedienst.
  • Die Polizeischule Hessen setzt als Info-Mobil für öffentliche Veranstaltungen noch einen L 117 P ein.
  • Ein 260 L 117 wird als Museumsbus vom „OGC Bergisches Land“ erhalten.
  • Ein Exemplar des L 117 hat der „Oldtimerclub Magirus Iveco e.V.“ in Ulm im Bestand.
  • Drei Stück des Typs L 117 werden bei insgesamt drei verschiedenen Privatsammlern der Nachwelt erhalten.

Literatur

  • Jürgen Jacobi: 10 Jahre Standardbus. Verlag Wolfgang Zeunert, Gifhorn 1977, ISBN 3-921237-40-8
  • Wolfgang Gebhardt: Deutsche Omnibusse seit 1895. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-02140-4

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