Makrofotografie

Makrofotografie
Einer der vielen Einsatzbereiche der Makrofotografie: Ein Foto einer Tanzfliege (Empis livida)

Als Nah- oder Makrofotografie wird ein Bereich der Themenfotografie bezeichnet, bei dem Objekte bis zu einem Abbildungsmaßstab von ca. 1 : 1 fotografisch abgebildet werden.

Normale Objektive erzielen maximale Abbildungsmaßstäbe im Bereich von 1:7 bis 1:10. Um größere Abbildungsmaßstäbe zu erzielen, müssen ein Makro-Objektiv, ein Lupenobjektiv, Nahlinsen, ein Balgengerät, Zwischenringe, ein Objektiv in Retrostellung oder mit Hilfe von Kupplungsringen gekoppelte Objektive eingesetzt werden. Fotografie mit größeren Abbildungsmaßstäben, bei denen das Objekt auf dem Film (bzw. bei Digitalkameras den Sensoren) also vergrößert abgebildet wird, bezeichnet man als Mikrofotografie. Die Norm DIN 19040 zählt etwas großzügiger alles im Maßstabbereich zwischen 1:10 und 10:1 als Nah- bzw. Makroaufnahme.

Inhaltsverzeichnis

Werkzeuge

Alle Methoden, um Nah- oder Makroaufnahmen zu erstellen, arbeiten grundsätzlich nach dem Prinzip der Auszugsverlängerung über den Einstellbereich normaler Objektive hinaus. Allerdings gibt es mehrere Methoden, diese Auszugsverlängerung zu erzielen.

Balgengerät

Vergrößerungsobjektiv
Balgengerät für Kleinbild-Spiegelreflexkameras

Die ursprünglichste Methode ist die Verwendung eines Balgengeräts, das bei einer Spiegelreflexkamera zwischen einem normalen Objektiv und dem Kameragehäuse montiert wird. Manche ältere Kameras und einige Mittelformatkameras haben einen solchen Balgen bereits eingebaut, bei Fachkameras ist die weite Verstellbarkeit des Objektivauszugs Standard. Die Verstellung per Balgen ist stufenlos und kann in der Regel mit unterschiedlichen Objektiven kombiniert werden.

Als Objektivköpfe an Balgengeräten haben sich auch Vergrößerungsobjektive bewährt, da diese für geringe Distanzen gerechnet sind. In der Regel wird dafür noch ein Adapter vom Balgengerät (z.B. M-42 oder Bajonett) auf M-39 - den gängigen Anschluss von Vergrößerungsgeräten benötigt.

Zwischenringe

Zwischenringe
Optisches Schema der Makro-Fotografie mit Zwischenring.

Zwischenringe sind eine Alternative zum Balgengerät. Sie arbeiten nach demselben Prinzip, allerdings ist der Einstellbereich durch die festgelegte Länge beschränkt. Zwischenringe werden meist in Sätzen mit drei unterschiedlichen Längen angeboten, die untereinander kombinierbar sind. Vorteilhaft ist, dass bei den meisten Kamerasystemen die Übertragung automatischer Objektivfunktionen möglich ist. Bei Balgengeräten ist die Übertragung insbesondere mechanischer Funktionen wegen der stufenlosen Verstellbarkeit sehr viel aufwendiger und teurer. Zwischenringe eignen sich besonders für Objektive mit Festbrennweite. Je nach Bauart kann es mit Zoomobjektiven Probleme mit dem Fokussieren geben. Auch lässt sich sehr gut der Mindestabstand von Teleobjektiven verringern. Dies erlaubt einen hohen Abbildungsmaßstab bei gleichzeitig hohem Abstand zum Motiv, was besonders bei der Tierfotografie vorteilhaft ist.

Nahlinsen

Optisches Schema

Siehe Hauptartikel Nahlinse Nahlinsen sind Objektivvorsätze, die in das Filtergewinde eines Objektivs eingeschraubt werden können. Die Stärke einer Nahlinse wird in Dioptrien angegeben. Im direkten Vergleich zu Makro-Objektiven ist die optische Qualität und der Benutzungskomfort in der Regel geringer. Hochwertige Nahlinsen sind als Achromat ausgeführt, für einige Makroobjektive gibt es auch speziell angepasste Vorsatzlinsen, die die Abbildungsleistung kaum verschlechtern. Auch Nahlinsen verlängern prinzipiell den Objektivauszug, aber nicht mechanisch, sondern durch Verkürzung der tatsächlichen Brennweite des eingesetzten Objektivs. Im Gegensatz zum Einsatz von Zwischenringen oder Balgengeräten muss keine Belichtungskorrektur berücksichtigt werden. Abbildungsmaßstäbe bis etwa 1:4 sind mit Nahlinsen in guter Qualität erreichbar, darüber hinaus lässt die Abbildungsleistung vor allem im Randbereich meist stark nach.

Makroobjektive

Siehe Hauptartikel Makro-Objektiv

Typisches Makroobjektiv
Lupenobjektiv mit bis zu fünffacher Vergrößerung

Makro-Objektive können mit einem besonders geringen Objektabstand eingesetzt werden und ermöglichen es dadurch, ohne weiteres Zubehör einen besonders großen Abbildungsmaßstab wie beispielsweise 1:2 (Abbildung ist halb so groß wie das Objekt) oder 1:1 (Objekt wird in Originalgröße auf dem Film abgebildet) zu erzielen. Ab einem Abbildungsmaßstab von etwa 1:4 wird ein Objektiv als makrofähig bezeichnet.

Makroobjektive unterscheiden sich auch in der optischen Konstruktion und den Abbildungseigenschaften von üblichen Objektiven ähnlicher Brennweite. Bei der Konstruktion wird in der Regel auf eine besonders geringe Bildfeldwölbung, auf gleichmäßige Schärfe über das gesamte Bildfeld hinweg und auf geringe Verzeichnung geachtet.

Ältere Konstruktionen von Makroobjektiven verwenden eine spezielle mechanische Fassung, die ähnlich wie ein Balgengerät eine stufenlose Auszugsverlängerung erlaubt. Moderne Modelle und insbesondere Zoomobjektive mit Makrofunktion arbeiten meist nach dem Prinzip der Innenfokussierung. Hierbei ändert sich der mechanische Auszug und damit die Baulänge nur wenig, allerdings bleibt die Brennweite beim Scharfstellen nicht konstant.

Eines der ersten Makroobjektive war in den 1950er Jahren das Opton Proxar von Zeiss-Oberkochen (f= 32 mm) mit Bildmaßstab bis etwa 1:1. Ein Anfang der 1990er vorgestelltes Spezialobjektiv von Minolta, das Minolta AF Macro Zoom 3x-1x (1:1,7-1:2,8), ermöglicht einen Abbildungsmaßstab von 3:1. Es bildet also ein Objekt in natürlicher Größe auf dem Film ab bzw. vergrößert es maximal um den Faktor Drei. Das Lupenobjektiv Canon MP-E 2,8/65 erreicht einen Abbildungsmaßstab von 5:1.

Häufig versäumen es die Hersteller von Wechselobjektiven, den mit einem bestimmten Objektiv erzielbaren Abbildungsmaßstab anzugeben, stattdessen wird nur der kürzestmögliche Objektabstand angegeben. Diese Angabe lässt jedoch nur einen ansatzweisen Rückschluss auf den effektiv erzielbaren Abbildungsmaßstab zu. Manche innenfokussierte Objektive lassen sich auf Entfernungen unter 1 cm ab Frontlinse scharf stellen, erreichen aber trotzdem keinen Abbildungsmaßstab von 1:1. Mit Testaufnahmen lässt sich der effektive Abbildungsmaßstab jedoch bestimmen.

Retroadapter

Weitwinkelobjektiv mit Retroadapter an einem Balgengerät montiert
Optisches Schema der Makro-Fotografie mit Objektive in Retrostellung.

Objektive in Retrostellung erlauben – ebenso wie Nahlinsen – Makrofotografie ohne aufwändige technische Ausrüstung. Benötigt wird ein Adapter, auch Umkehrring genannt, mit dem sich ein Wechselobjektiv verkehrt herum an den Objektivanschluss einer Spiegelreflexkamera ansetzen lässt.

Der Adapter wird auf der einen Seite in das Filtergewinde des Objektivs geschraubt und passt an der anderen Seite ins Bajonett oder den Schraubanschluss der Kamera. Möglich sind dann – je nach Objektiv, man verwendet vor allem Normal- und Weitwinkelobjektive mit Festbrennweiten – Abbildungen um den Maßstab 1:1 und Vergrößerungen. Auch die Kombination mit Zwischenringen und Balgengeräten für besonders starke Vergrößerungen sowie die Kopf-an-Kopf-Stellung zweier Objektive sind möglich. Die Abbildungsqualität liegt bei einem Einzelobjektiv in Retrostellung oft höher als bei einem Objektiv, das in Normalstellung mit Zwischenringen oder Balgengerät verwendet wird, ist aber von der Konstruktion des Objektivs abhängig. Von Vorteil ist, dass mit einem Objektiv in Retrostellung ein recht großer Abstand zwischen Motiv und Kamera eingehalten werden kann, er entspricht in etwa dem Abstand zwischen Filmebene und rückwärtiger Kameralinse bei normal eingesetztem Objektiv (Auflagemaß) und liegt somit bei Objektiven für Kleinbild-Spiegelreflexkameras je nach Hersteller bei ca. 4-5 cm. Nachteilig ist der Verlust aller Automatikfunktionen der Kamera, sofern kein kostenintensiver Spezialadapter zur Verfügung steht: Blendenstellung und Springblende müssen von Hand bedient werden, fokussiert wird durch Vor- und Rückbewegung der Kamera oder Balgenverstellung. Außerdem liegt die empfindliche Mechanik der Objektivrückseite frei. Für vollständig elektrisch gesteuerte Objektive werden Adapter angeboten, die alle Automatikfunktionen für die Blendensteuerung erhalten.

Makroskope

LM-Digital-Mikro-
Makroskop für digitale Spiegelreflexkameras und digitale Kompaktkameras

Makroskope eignen sich durch den zentrischen Strahlengang und der variablen zentrischen Irisblende ideal für anspruchsvolle Fotografie von kleinen und kleinsten Objekten bei relativ großem Arbeitsabstand. Die Makroskope sind aufgrund ihres Designs optimierte Mikroskope für schwache Vergrößerungen. Der Abbildungsmaßstab reicht von 1:2 bis 100:1 mit einem Arbeitsabstand von ungefähr 150 mm bis 30 mm. Sie zählen nicht zu den klassischen Stereomikroskopen, da sie keine zwei Strahlengänge und damit kein plastisches Bild erzeugen können, obwohl diese Geräte für die entspannte Beobachtung auch mit Binokulartuben ausgestattet werden. Sie sind immer mit einer variablen Irisblende versehen, um die optimale Schärfentiefe zu steuern.

Definitionen und Formeln

Viele Definitionen und Formeln in der Fotografie sind von der Entfernung zum Motiv völlig unabhängig oder beziehen sich stillschweigend auf eine im Vergleich zur Brennweite sehr große Entfernung zum Motiv. Beispiele dafür sind: Lichtstärke bzw. Blendenzahl, Bildwinkel und daraus abgeleitete Größen wie die korrekte Belichtungszeit. Bei Entfernungen in der Größenordnung der Brennweite liegt die Bildebene jedoch nicht mehr auf der Brennebene so dass in der Makrofotografie in den Formeln die Brennweite f durch die Bildweite b ersetzt werden muss. Bezieht man sich auf die Bildweite anstelle der Brennweite, so spricht man zur Unterscheidung von effektiver Lichtstärke, und effektivem Bildwinkel:

Entfernung ∞ Nahbereich
 Lichtstärke:  \displaystyle \frac {D} {f}  effektive Lichtstärke:  \displaystyle \frac {D} {b} = \frac {D} {f} - \frac {D} {g}
 Bildwinkel:  2 \cdot \arctan \left( \frac {d}{2 \cdot f} \right)  effektiver Bildwinkel:  2 \cdot \arctan \left( \frac {d}{2 \cdot b} \right) = 2 \cdot \arctan \left( \frac {d}{2 \cdot f} - \frac {d}{2 \cdot g}\right)

Aus den effektiven Werten abgeleitete Größen - wie z.B. die zur korrekten Belichtung erforderliche Belichtungszeit, die sich aus der effektiven Lichtstärke und der Motivhelligkeit ergibt - erhalten ebenfalls den Zusatz "effektiv", also in diesem Fall effektive Belichtungszeit. Sie ergibt sich aus der Belichtungszeit B (also nicht der effektiven) durch B_\text{eff} = B \cdot \frac {b^2}{f^2}

Makroaufnahme

Gestaltung

Bei der Gestaltung von Makrofotografien ist zu berücksichtigen, dass die Schärfentiefe im Nahbereich sehr klein wird. Starkes Abblenden vergrößert zwar den Schärfebereich, jedoch kommt es dabei durch Beugungseffekte leicht zu einer Minderung der Allgemeinschärfe. Die Wahl der Schärfenebene am Objekt bestimmt somit maßgeblich den gestalterischen Gesamteindruck. Bei unbewegten Aufnahmeobjekten erlaubt Focus stacking eine Vergrößerung des Schärfebereichs.

Beispiele

Weblinks

 Commons: Makrofotografie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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