Max Kirstein

Max Kirstein

Max Kirstein (* 7. November 1890 in Bernburg an der Saale; † unbekannt; auch Max Kierstein geschrieben) war gelernter Kaufmann, SS-Hauptscharführer und Lagerkommandant des KZ-Außenlager Schillstraße, ein Außenlager des KZ Neuengamme in Braunschweig.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf

Kirstein war der Sohn eines Eisenbahnwärters, besuchte acht Jahre lang die Volksschule und erlernte anschließend drei Jahre lang den Kaufmannsberuf. Nach seinem Ausbildungsende arbeitete er als Verkäufer und Dekorateur. Da er nach einem Unfall in Jahre 1913 für nicht kriegsverwendungsfähig gemustert wurde, meldete er sich im Ersten Weltkrieg freiwillig an die Westfront. Dort wurde ihm das Eiserne Kreuz der 2. Klasse verliehen. Er heiratete 1921 und lebte mit seiner Frau in Mecklenburg als Landwirt.

Lagerkommandant

Am 1. Mai 1937 trat Kirstein in NSDAP und am 31. August 1939 in die Waffen-SS ein. Er wurde am 1. November 1939 zum SS-Scharführer und am 1. Juli 1943 zum SS-Hauptscharführer befördert.

Kirstein war von November 1942 bis zum August 1944 in Konzentrationslagern Kommandoführer. Er war in Lagern einer Zellulose-Fabrik in Wittenberge sowie später im Drägerwerk in Hamburg und wurde aufgrund dieser Erfahrungen, nachdem das KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig am 5. November 1944 fertiggestellt war, zum dortigen Lagerkommandanten bestimmt.

Kirstein war für seine Wutausbrüche gefürchtet und richtete seine Brutalität insbesondere gegen jüdische Häftlinge. Er beschimpfte jüdischen KZ-Häftlinge mit 3-F (faul, frech, fett) oder, wie ein anderer Häftling Hirsch Hecht berichtete, auch mit 4-F, wenn er Juden beschrieb: „Wenn ein Jude zu viel frisst, dann wird er fett und faul und schliesslich auch frech“.[1] Er schlug während seiner Wutausbrüche auf kranke Juden ein, was er mit den französischen, russischen, lettischen und litauischen Häftlingen nicht tat.[2] Im Lager Schillstraße wurde das Essen von der Firma Büssing gekocht und von den diensthabenden Häftlingen ausgegeben. Dies wurde auf Anweisung von Kirstein geändert, und das Essen gab die SS-Wachmannschaft aus. Diese zweigten einen Großteil des Essens ab. Nach Aussagen eines angestellten Oberingenieurs, Heinrich Kamrad, ging dies soweit, dass die Häftlinge aufgrund ihrer Verfassung nicht in der Lage waren, effektiv zu arbeiten. Hierüber habe er sich bei der Lagerleitung beschwert, so Kamrad. Es liegt nahe, dass die SS-Mannschaft in der Schillstraße das Essen stahl, denn in einem anderen Fall schickten die SS-Wachmänner des KZ Vechelde nachweislich gestohlenes Essen der Häftlinge an ihre eigenen Familien.[3] Dortiger Lagerführer war unter dem Kommando Kirsteins Helmut Sebrantke, einer seiner treuesten Gefolgsleute. Der französische Häftling Georges Salan, der das erste französische Buch über Häftlinge in der Schillstraße im Jahre 1946 veröffentlichte,[4] schätzte Kirstein als Sadisten und Kriminellen ein.

Bemerkenswerterweise bildete das KZ-Außenlager Schandelah in Schandelah im Ortsteil Wohld zwar ein Außenlager des KZ Neuengamme, das SS-Personal jedoch unterstand Max Kirstein, der in der Region als Stützpunktleiter[5] fungierte und nie für seine Taten zur Rechenschaft gezogen wurde.

Literatur

  • Karl Liedke: Vernichtung durch Arbeit: Juden aus Lodz bei der Büssing-NAG in Braunschweig 1944-1945, in: Gudrun Fiedler, Hans-Ulrich Ludewig: Zwangsarbeit und Kriegswirtschaft im Lande Braunschweig 1939–1945. Hrsg. vom Braunschweiger Geschichtsverein. Appelhans Verlag, Braunschweig 2003, ISBN 3-930292-78-5.
  • Karl Liedke: Braunschweig (Büssing), in: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5, Hinzert, Auschwitz, Neuengamme. Beck-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-52965-8, S. 358.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karl Liedke: Destruction Through Works, S. 15.
  2. Karl Liedke: Vernichtung durch Arbeit, S. 228f.
  3. Karl Liedke: Vernichtung durch Arbeit, S. 229.
  4. Georges Salan, Prisons de France et bagnes allemandes, Nîmes: Impremerie L’Ouvriére, 1946, S. 137.
  5. Karl Liedke: Braunschweig (Büssing), S. 358 ff.

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