Megalithanlagen in Belgien

Megalithanlagen in Belgien

Die wichtigsten Megalithanlagen in Belgien liegen in einem etwa 5 km langen Streifen bei Wéris (auch Wérix genannt). Der Ort liegt in der Region Wallonien, in der Nähe von Durbuy, im nördlichen Teil der belgischen Provinz Luxemburg. Es handelt sich um zwei Galerien und vier Menhire.

Megalithanlage bei Wéris

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

In Belgien existierten gesichert nur fünf Megalithanlagen, von denen drei einigermaßen erhalten sind. Die beiden anderen wurden am Ende des 19. Jahrhunderts zerstört. Die am besten erhaltenen liegen bei Wéris.

Da es so wenige sind, ist es kaum möglich über die Megalithanlagen tragfähige Verbindungen zwischen den Kulturen des dritten Jahrtausends v. Chr. herzustellen. Alle fünf Standorte liegen bzw. lagen in einem Dreieck, mit Seitenlängen von ungefähr 50, 45 und 30 km in den belgischen Provinzen Namur und Luxemburg. Wahrscheinlich sind es Anlagen der Seine-Oise-Marne Kultur (SOM) (um 2400—1600 v. Chr.). Sie ist die jüngste neolithische Kultur Westeuropas und wegen ihrer Galeriegräber bekannt. Im Kreidegebiet an der Marne gibt es jedoch auch Felsgräber dieser Kultur.

Das kleinere Galeriegrab (Allée couverte) von Wéris

Die eingetiefte Kammer, hat Innen eine Länge von 4,6 und eine Breite 1,2 m. Sie besteht aus fünf Tragsteinen und dem Lochstein als Zugang. Das Dach wird von drei Decksteinen gebildet. Von der Vorkammer existieren nur zwei Orthostaten. Die Anlage wurde 1888 entdeckt und von A. Charneux ausgegraben. Ihre Kammer enthielt Spuren einer Feuerstelle, menschliche und tierische Knochen, Feuersteinartefakte von Spachteln, Pfeilspitzen und polierten Äxten sowie Scherben sehr grober und schlichter Tonware, (wahrscheinlich SOM-Ware) und einige Scherben von mit Fischgrätenmuster dekorierter Ware der Glockenbecherkultur.

Das größere Galeriegrab (Allée couverte) von Wéris

Hat den gleichen Grundriss, ist aber nicht in den Boden eingetieft und wurde ursprünglich von einem Erdhügel bedeckt. Die Kammer hat eine Länge von 5,5 und eine Breite von 1,75 m. Auch sie besteht aus fünf Tragsteinen und dem Lochstein. Ihr Dach wird von zwei Decksteinen gebildet, die jedoch aus einem zerbrochen Stein von etwa 30 t Gewicht zusammengesetzt sind. Von der Vorkammer existieren nur zwei schmale Orthostaten. Galeriengräber, die auf Bodenniveau erbaut und von einem Hügel bedeckt (und gehalten) wurden, sind in der SOM-Kultur selten. Die schon länger bekannte Anlage ist ausgeraubt worden. Der Überlieferung zufolge hat sie mehrere Skelette enthalten. Charneux nahm 1888 die Gelegenheit wahr auch diese Galerie zu untersuchen, fand aber auch hier nur Spuren einer Feuerstelle, einige Knochen, Feuerstein- und Sandsteinartefakte sowie Scherben grober Töpferware.

Die beiden Anlagen scheinen Teil eines großen religiösen Komplexes zu sein. Auf einem geraden, über 5 km langen und NNE-SSW orientierten Streifen befanden sich neben den beiden Galerien fünf Menhire, darunter die drei Menhire von Bouhaimont, bei Oppagne (Gemeinde Wéris). Die Megalithanlagen und Menhire von Wéris sind aus Nagelfluh oder Puddingstein (franz. Poudingue), [1] der ungefähr 3 km entfernt vorkommt. Beim so genannten Pennsylvania Bayard, bei Wenin (Gemeinde Wéris), ist es nicht möglich, zu klären ob er ein Fragment eines Menhirs oder der Überrest einer Megalithanlage ist.

Die Anlage von Jemelle

Die ausgeraubte und stark zerstörte Anlage wurde im September 1976 in der Nähe des Bauernhofes von Lamsoul bei Jemelle (Provinz Namur) entdeckt und von einer Gruppe von Amateuren ausgegraben. Sie scheint ebenfalls ebenerdig erbaut worden zu sein. Von dem ursprünglichen Hügel wurden Spuren entdeckt. Von der Kammer fanden sich nur die Überreste von Steinen. Da keine Spuren einer Vorkammer gefunden wurden. ist es schwierig dieses Monument genauer zu bestimmen. Die Ausgräber fanden einige menschliche Knochen, Scherben von grober Töpferware, aber auch einige gallo-römische Scherben.

Die beiden zerstörten Anlagen

Über die bei Velaine (Gemeinde Jambes, Provinz Namur,) lokalisierte Anlage ist praktisch nichts bekannt außer der Tatsache, dass es Pierre du Diable (Steine des Teufels) genannt wurde. Wenig mehr ist von der Anlage Bois des Lusce's, bei Jemeppe-Hargimont (Provinz Luxemburg) bekannt. Sie enthielt, der Überlieferung zufolge, mehrere Skelette, war 15 m lang und 1,25 m breit und wahrscheinlich eingetieft, obwohl letzteres aus den alten Veröffentlichungen nicht deutlich wird. Es gibt keine Erwähnung einer Vorkammer oder eines Lochsteins. Die Kammer wurde von einer senkrechten Tafel an jedem Ende begrenzt, während ihre Seiten aus Trockenmauerwerk bestanden. Es ist kein Deckstein erwähnt und daher möglich, dass die Anlage eine hölzerne Decke hatte.

Der Kontext

Im Kontext der europäischen Megalithen wird die belgische Gruppe eher isoliert betrachtet. Obwohl die Zahl der SOM-Funde aus Belgien den französischen nicht mehr nachsteht, liegen die nächsten Megalithanlagen in den französischen Ardennen wenigstens 100 km entfernt. Ungeachtet der wenigen Relikte wird heute aber angenommen, dass die belgischen Monumente zur SOM-Kultur gehören. Die Allée couvertes sind zwar typisch für diese Kultur, aber es gibt in ihrer Nachbarschaft auch zahlreiche Höhlen. Im Becken der Maas und ihrer Nebenflüssen wurden sie von den SOM-Leuten als kollektive Gräber genutzt. In Belgien gibt es wenigstens 80 Höhlen und Abris, die als Ossuarien eingestuft werden. Die meisten von ihnen gehören zur SOM-Kultur, wie die Beigaben anzeigen. Die Kollektivbestattung in Höhlen wurde in diesem Gebiet auch während der Bronzezeit und der Hallstattzeit fortgesetzt.

Es ist lange betont worden, dass eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen der westfälischen und hessischen Wartbergkultur und der SOM-Kultur, hauptsächlich die Megalithanlagen betreffend existiert. Die Provinz Limburg kann als Kontaktzone zwischen den Kulturen fungiert haben. In diesem Gebiet entdeckte P. J. R. Modderman (1964) die wichtige Gruft bei Stein, eine unmegalithische Version der Allee couvertes. Die mittlere Jungsteinzeit in Limburg ist von Modderman (1964) und L.P Kooijmans (1976) untersucht worden. Einige der dortigen Elemente deuten auch auf Kontakte zwischen der SOM und der Wartbergkultur.

Informationen über die Anlagen stehen im Musée des Mégalithes von Wéris zur Verfügung.

Literatur

  • J. D. Evans et. al (Hrsg.): Antiquity and Man – Essays in Honour of Glyn Daniel, London (1981)
  • P. J. R. Moddermann, Linearbandkeramik aus Elsloo und Stein. Analecta Praehist. Leidensia 3 (1970).

Weblinks

Nachweise

  1. "Als Puddingsteine werden alttertiäre Konglomerate bezeichnet mit stark abgerollten Flint und sandigem, quarzitischem oder phosphoritischem Bindemittel mit oder ohne Glaukonitkörnern. Leitfossilien sind aus ihnen unbekannt, so dass das Alter nicht feststeht. Vergleichbar mit englischen Puddingsteinen werden sie ins Paläozän gestellt, eventuell sind sie jedoch jünger. Nach Roedel (1926) stammen sie wahrscheinlich aus dem SW Baltikum und den angrenzenden Gebieten".

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