Arbeitsfrieden (Schweiz)

Arbeitsfrieden (Schweiz)

Am 19. Juli 1937 unterzeichneten in Zürich der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften (Ernst Dübi resp. Konrad Ilg) eine als Friedensabkommen bekannt gewordene fünfseitige Vereinbarung für die Uhren- und Metallindustrie. Sie schloss die gegen Ende der 1920er Jahre aufkommende öffentliche Debatte über die Rolle der Beschäftigten in den schweizerischen Unternehmen, wie auch die Arbeitskonflikte, ab.

Das Konkordanzprinzip gilt von nun auf auch für die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern (Sozialpartnerschaft). Dieser Kollektivvertrag legte eine absolute Friedenspflicht und ein mehrstufiges Schiedsverfahren fest. Beide Seiten – der Arbeitgeberverband schweizerischer Maschinen- & Metall-Industrieller und der Schweizerische Metall- und Uhrenarbeiterverband, der Schweizerische Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter und der Christliche Metallarbeiter-Verband der Schweiz – haben sich dazu verpflichtet, ihre Probleme auf dem Weg von Verhandlungen zu lösen und auf Kampfmassnahmen zu verzichten.

Die wichtigsten Regelungen:

  • Verzicht auf Kampfmassnahmen
  • Verfahren zur Erledigung von Konflikten
  • Lohnfindung, Ferienregelung
  • Mitwirkung der Arbeitnehmenden

Der Arbeitsfrieden, soziale Frieden, gewann in der Schweiz nicht zuletzt auf Hintergrund der Wirtschaftskrise und des 2. Weltkrieges ein breites Ansehen.

Die massgebenden Vereinbarungen – eines aus heutiger Sicht GAVs – über Arbeitsbedingungen, Löhne, Arbeitszeit verbreiteten sich seit Kriegsende rasch und setzten nach einer Streikwelle von 1945-49 den Arbeitsfrieden fort. 1974 wurde das Abkommen zum vollständigen GAV.

Im Gegensatz etwa zur Bundesrepublik Deutschland werden in der Schweiz kaum Kampfmassnahmen ergriffen. Unternehmer und Gewerkschaften verstanden ihr gegenseitiges Verhältnis als Sozialpartnerschaft und propagierten gemeinsam die Vorteile des Arbeitsfriedens.

Kritiker kamen erst gegen Ende der 1960er auf, v.a. die Gewerkschaft Bau und Holz gewann an Einfluss, in den 1970er Jahren stieg die Streiktätigkeit vorübergehend an.

Im Wesentlichen blieb jedoch der Arbeitsfrieden in der Praxis bis heute unbestritten. Seine Befürworter führen auf, dass der soziale Frieden seit Jahrzehnten zum Wachstum des allgemeinen Wohlstandes beigetragen und die Schweiz zu einem idealen Wirtschaftsstandort gemacht hat.

Literatur

  • Renatus Gallati: Der Arbeitsfriede in der Schweiz und seine wohlstandspolitische Bedeutung im Vergleich mit der Entwicklung in einigen andern Staaten, Dissertation, Bern 1976
  • Gabriel Aubert: L'obligation de paix du travail : étude de droit suisse et comparé, Georg, Genf 1981
  • Bernard Degen, Peter Farago, Giaco Schiesser, u.a. (Hg.): Arbeitsfrieden – Realität eines Mythos, Widerspruch-Sonderband, Zürich 1987
  • Kurt Humbel (Hg.): Treu und Glauben. Entstehung und Geschichte des Friedensabkommens in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie, Partnerschaftsfonds der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie, Bern 1987 (Festschrift zum 50. Jubiläum)
  • Bernard Degen: Von "Ausbeutern" und "Scharfmachern" zu "Sozialpartnern", in Bilder und Leitbilder im sozialen Wandel (S.231-270), Chronos, Zürich 1991

Weblinks


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