Menschenhass und Reue

Menschenhass und Reue
Daten des Dramas
Titel: Menschenhass und Reue
Gattung: Rührstück
Originalsprache: Deutsch
Autor: August von Kotzebue
Erscheinungsjahr: 1789
Ort und Zeit der Handlung: Eine ländliche Gegend. Tief im Hintergrunde eine armselige Hütte, zwischen einigen Bäumen versteckt.
Personen
  • General Graf von Wintersee
  • Die Gräfin
  • Major von der Horst; Bruder der Gräfin in französischen Diensten
  • Lotte; Kammermädchen der Gräfin
  • Ein Kind der Gräfin von vier bis fünf Jahren
  • Bittermann; Haushofmeister und Verwalter des Grafen
  • Peter; sein Sohn
  • Madam Müller oder Eulalia
  • Ein Unbekannter
  • Franz; sein alter Diener
  • Zwei Kinder von vier bis fünf Jahren
  • Ein Greis

Menschenhass und Reue (1789) ist der Titel eines Dramas von August von Kotzebue. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es eines der beliebtesten deutschsprachigen Theaterstücke. Es gilt als Prototyp des sogenannten Rührstücks.

Das Drama hat fünf Akte und spielt unter Adligen, was den Bedingungen des Hoftheaters, also dem älteren Regeldrama entsprach. Das Happyend ist kein Merkmal der Tragödie, sondern der Komödie. Das Stück gehört zu den literarischen Versuchen, der aristokratischen Tragödie eine aristokratische Komödie an die Seite zu stellen – und umgekehrt den grob komischen Figuren der älteren Komödie mehr Glaubwürdigkeit, Psychologie und Ernsthaftigkeit zu verleihen. Diese Bemühungen zeigen, warum damals so viele Komödien entstanden, die nicht lustig waren.

Die Figur der Eulalie gehörte zu den Paraderollen im weiblichen Charakterfach. Sie macht deutlich, warum das „schlichte“ Frauenbild jenseits aller Standesgrenzen, das im Lauf des 18. Jahrhunderts aufkam, so attraktiv war: Eine normalere, aber weniger dramatische Handlungsversion wäre es, wenn Eulalie ihren Mann wegen dessen Liebesabenteuern verlassen hätte. Ihre eigene Untreue gibt ihr aber viel bessere Möglichkeiten, sich in Szene zu setzen, indem sie öffentlich in Schuld und Schande versinkt und ihre Reue zelebriert.

Handlung

Vorgeschichte: Die Baronin von Meinau hat ihren Mann schon im Alter von fünfzehn Jahren geheiratet und zwei Kinder mit ihm. Als ihr Mann auf Reisen ist, beginnt sie ein Verhältnis mit dessen Freund. Aus Scham verlässt sie daraufhin Ihre Familie und lebt unter dem falschen Namen Eulalie Müller bei Graf und Gräfin von Wintersee.

Am Hof des Grafen erwirbt sich Eulalie einen tadellosen Ruf. Nach drei Jahren erscheint der Bruder der Gräfin, Major von Horst, auf dem Landsitz. Er verliebt sich in Eulalie und bittet seine Schwester, ihr seinen Heiratsantrag zu vermitteln. Im folgenden Gespräch zwischen der Gräfin und Eulalie kommt heraus, dass sie die vermisste Baronin von Meinau ist. Sie bereut alles. – Major von Horst hat einen Freund, der durch Enttäuschungen zum Menschenfeind geworden ist. Es stellt sich heraus, dass es Eulalies verlassener Ehemann ist. Von Horst stellt seine Annäherungsversuche ein und setzt alles daran, das entzweite Ehepaar wieder zu vereinen.

In einer dramatischen Schlussszene, umringt von allen übrigen Personen, begegnen sich die Meinaus wieder. Eulalie bietet ihrem Mann an, ihm durch ein schriftliches Eingeständnis ihrer Schuld die Scheidung zu ermöglichen, er bietet ihr im Gegenzug die Freiheit an und ist bereit, ihr künftig eine Leibrente zu bezahlen. Kurz vor dem endgültigen Abschied versöhnen sie sich und fallen sich in die Arme. Die beiden Kinder kommen hinzu.

Pantomime und Melodram

Wesentliche Einflüsse kamen von den damals modernen Melodramen der Pariser Bühnen. Dies wird besonders aus den pantomimischen Szenen am Ende des vierten und des fünften Aktes deutlich, die wie erweiterte Schluss-Tableaus wirken. Die Pantomime zeigte nach den Vorstellungen der Zeit den unverstellten, natürlichen Menschen. Dies wird in der ersten Wiederbegegnung zwischen Eulalie und ihrem Ehemann deutlich:

IV. Akt. Siebente Scene.
UNBEKANNTER. (tritt mit einer ernsthaften Verbeugung ins Zimmer.)
GRAF. (geht mit offnen Armen auf ihn zu.)
EULALIE. (erblickt ihn, stößt einen lauten Schrei aus und fällt in Ohnmacht.)
UNBEKANNTER. (wirft einen Blick auf sie, entsetzt sich, lässt seinen Hut fallen und rennt zur Tür hinaus.)
GRAF. (sieht ihm voll Erstaunen nach.)
DIE GRÄFIN UND DER MAJOR. (beschäftigen sich mit Eulalien.)

[Vorhang]

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