Methodischer Zweifel

Methodischer Zweifel

Methodischer Zweifel bezeichnet ein Verfahren, welches René Descartes in seinen Meditationen über die erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia) anwendet. Der Anwender dieses Verfahrens soll an der Existenz von allem zweifeln, was in irgendeiner Weise dem Irrtum unterliegen könnte. Ein Ähnlichkeit gibt es dabei mit dem Skeptizismus.

Inhaltsverzeichnis

Der methodische Zweifel bei Descartes

Descartes wendet dieses Verfahren schrittweise an, d.h. zunächst zweifelt er an den Erkenntnissen unserer Sinne (die - hypothetisch - von einem bösen Dämon getäuscht werden könnten) und in der Folge sogar an seiner eigenen Existenz. Doch erkennt er diesen letzten Zweifel als unbegründet an, da aus der Tatsache des Zweifelns bzw. Denkens die Tatsache der Existenz des Zweifelnden evident hervorgeht. Obschon der denkende Mensch an allem zweifeln kann, so doch nicht an der Tatsache, dass er zweifelt.

Zusammengefasst wird dies in der Formulierung Cogito ergo sum („Ich denke, also bin ich“). Descartes zweifelt wohlgemerkt lediglich methodisch, das heißt dieses Vorgehen ist vornehmlich ein Gedankenexperiment und weniger ein tatsächliches Infragestellen der Wirklichkeit.

Vorformen und Vorläufer

Aurelius Augustinus (354-430)

"Eine Vor- oder Urform"[1] des cartesischen Arguments findet sich bereits beim Kirchenvater Augustinus, der bereits mit seinem „Si fallor, sum.“ (De civitate dei, XI. 26) argumentiert, dass - selbst - wenn jemand in allem irrt, er dennoch doch ein Irrender ist.

„Wenn ich mich nämlich täusche, dann bin ich. Denn wer nicht ist, kann sich natürlich auch nicht täuschen; und demnach bin ich, wenn ich mich täusche. Weil ich also bin, wenn ich mich täusche, wie sollte ich mich über mein Sein irren, da es doch gewiss ist, gerade wenn ich mich irre. Also selbst wenn ich mich irrte, so müsste ich doch eben sein, um mich irren zu können, und demnach irre ich mich ohne Zweifel nicht in dem Bewusstsein, dass ich bin.“ (De civitate dei, XI. 26)

An anderer Stelle:

"Wenn ich mich täusche bzw. wenn ich getäuscht werde, bin ich."[2]

Francis Bacon

Teilweise wird Francis Bacon im Zusammenhang mit dem methodischen Zweifel Descartes gebracht[3]: Die Zweifelslehre bei Bacon wurde bei Descartes zum "Zweifelszwang", der "Zwangsverdacht" zur Methode.

Kritik

Von David Hume wurde angezweifelt, ob der radikale Zweifel überhaupt durchzuführen sei. Hegel meinte, dass der Vorsatz, an allem zu zweifeln, schließlich auch sich selber anzweifeln müsse. So bemerken Descartes' Kritiker, dass dieser methodische Zweifel letzten Endes wieder zu ähnlichen Ergebnisse führe, wie sie dogmatische Philosophen - auch ohne zu zweifeln - schon zuvor behauptet hatten.

Einzelnachweise

  1. Müller, Klaus: An den Genzen des Wissens. Einführung in die Philosophie für Theologinnen und Theologen. Pustet, Regensburg 2004, S. 16
  2. Augustinus: De libero arbitrio. II, III, zitiert nach Müller, Klaus: An den Genzen des Wissens. Einführung in die Philosophie für Theologinnen und Theologen. Pustet, Regensburg 2004, S. 16
  3. So Rehfus, Wulff D., Einführung in das Studium der Philosophie, 2. Aufl. (1992), ISBN 3-494-02188-0, S. 65 f.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Zweifel — Kunstaktion Palast des Zweifels am Berliner Palast der Republik, 2005 Zweifel (mittelhochdeutsch zwîvel, althochdeutschh zwîval aus germanisch twîfla, „doppelt, gespalten, zweifach, zwiefältig“) ist ein Zustand der Unentschiedenheit zwischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Methodischer Kulturalismus — Der Methodische Kulturalismus ist eine zeitgenössische, von Peter Janich und seinen Schülern[1] entwickelte philosophische Denkrichtung. Hatte Kant in der Kritik der reinen Vernunft die philosophische Ansicht vertreten, dass wir die Welt nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Zweifel —    ist das kritische Infragestellen einer Erkenntnis, um sie in eine bessere, umfassendere Erkenntnis zu integrieren; auch die Absage an Vor urteile u. Gewohnheiten kann Z. heißen. Kennzeichnend für den Z. ist im theoretischen Bereich ein… …   Neues Theologisches Wörterbuch

  • Philosophisch — Auguste Rodin: „Der Denker“ (1880 82) vor der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen. Überzeitliche Darstellung eines Menschen, der in die Tätigkeit des Denkens vertieft ist, gleich …   Deutsch Wikipedia

  • Philosophische — Auguste Rodin: „Der Denker“ (1880 82) vor der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen. Überzeitliche Darstellung eines Menschen, der in die Tätigkeit des Denkens vertieft ist, gleich …   Deutsch Wikipedia

  • Systematische Philosophie — Auguste Rodin: „Der Denker“ (1880 82) vor der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen. Überzeitliche Darstellung eines Menschen, der in die Tätigkeit des Denkens vertieft ist, gleich …   Deutsch Wikipedia

  • Weltweisheit — Auguste Rodin: „Der Denker“ (1880 82) vor der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen. Überzeitliche Darstellung eines Menschen, der in die Tätigkeit des Denkens vertieft ist, gleich …   Deutsch Wikipedia

  • Deklaratives Wissen — Wissen (von althochdeutsch wizzan; zur indogermanischen Perfektform *woida, „ich habe gesehen,“ somit auch „ich weiß“[1]; von der idg. Wurzel *weid leiten sich auch lateinisch videre, „sehen“ und Sanskrit veda, „Wissen“ ab) wird häufig unscharf… …   Deutsch Wikipedia

  • Kenntnis — Wissen (von althochdeutsch wizzan; zur indogermanischen Perfektform *woida, „ich habe gesehen,“ somit auch „ich weiß“[1]; von der idg. Wurzel *weid leiten sich auch lateinisch videre, „sehen“ und Sanskrit veda, „Wissen“ ab) wird häufig unscharf… …   Deutsch Wikipedia

  • Kenntnisse — Wissen (von althochdeutsch wizzan; zur indogermanischen Perfektform *woida, „ich habe gesehen,“ somit auch „ich weiß“[1]; von der idg. Wurzel *weid leiten sich auch lateinisch videre, „sehen“ und Sanskrit veda, „Wissen“ ab) wird häufig unscharf… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”