- Michaelis-Menten-Theorie
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Die nach Leonor Michaelis und Maud Menten benannte Michaelis-Menten-Theorie ist ein mathematisches Modell, das die Kinetik von Enzymen näherungsweise beschreibt. Sie gilt für enzymatisch katalysierte Reaktionen mit folgendem generellen Mechanismus: Das freie Enzym bindet zuerst reversibel an sein Substrat und bildet einen Enzym-Substrat-Komplex. Das Substrat wird anschließend umgewandelt und der Komplex zerfällt in das freie Enzym und das Reaktionsprodukt. Die Michaelis-Menten-Theorie erlaubt eine quantitative Beschreibung der anfänglichen Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der vorhandenen Substratkonzentration und weiterer Parameter.
Inhaltsverzeichnis
Theoretischer Hintergrund
Einfache Beschreibung einer enzymatischen Reaktion
Als Biokatalysatoren bilden Enzyme E mit ihrem Substrat S einen Komplex ES (Enzym-Substrat-Komplex), aus dem heraus sich die Reaktion zum Produkt P vollzieht:
k1 und k'1 sind die Geschwindigkeitskonstanten für die Assoziation (Zusammenlagerung) von E und S bzw. die Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes ES. k2 und k'2 sind die entsprechenden Konstanten für die Reaktion zum Produkt bzw. die Rückreaktion zum Substrat. k3 und k'3 beschreiben die Dissoziation bzw. Assoziation eines Enzym-Produkt-Komplexes. Diese Rückreaktion findet unter den Bedingungen der Enzymkinetik, das heißt unmittelbar nach Mischung der Komponenten E und S, noch nicht statt, darum kann man k'3=0 annehmen. Ferner wird die Umwandlung von ES zu EP (und nicht die spontane Freisetzung von P) gemessen, so dass die folgende Vereinfachung gerechtfertigt ist:
Dieses System lässt sich allgemein durch ein System aus Gewöhnliche Differentialgleichungen beschreiben (Massenwirkungskinetik), welches in der Regel nur numerisch zu lösen ist.[1] Die Michaelis-Menten Kinetik ergibt sich erst unter der weiteren Annahme des Fließgleichgewichtes, stellt also einen Spezialfall der allgemeineren Massenwirkungskinetik dar.
Fließgleichgewicht
Im Allgemeinen sind Enzyme in der Lage, schwankende Substratkonzentrationen auszugleichen, d. h. sehr schnell ein Fließgleichgewicht („steady state“) dadurch einzustellen, dass sie ihre Tätigkeit dem Angebot anpassen. Dies bedeutet, dass die Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes auf der langsameren Zeitskala, die für den Prozess der Produktbildung gültig ist, konstant bleibt. Es gilt also Diese Annahme des Fließgleichgewichts wurde von G.E. Briggs und J.S. Haldane entwickelt. Die Michaelis-Menten Kinetik ist nur unter Annahme dieses Fließgleichgewichts, mit einer konstanten [ES] gültig.
Die Michaelis-Menten-Gleichung
Die aus der Reaktionsgleichung abgeleitete Michaelis-Menten-Kinetik lässt sich allgemein darstellen[2] als:
v0 gibt hierbei die initiale Reaktionsgeschwindigkeit bei einer bestimmten Substratkonzentration [S] an. vmax ist die maximale Reaktionsgeschwindigkeit.
Eine Kenngröße für eine enzymatische Reaktion ist die Michaeliskonstante Km. Sie hängt von der jeweiligen enzymatischen Reaktion ab. Km gibt die Substratkonzentration an, bei der die Umsatzgeschwindigkeit halbmaximal ist ( v = vmax/2 ), die also bei Halbsättigung vorliegt. Sie ergibt sich als
für den Fall, dass k2 gegenüber k1 nicht vernachlässigt werden kann (Briggs-Haldane-Situation). Ein Spezialfall ("Michaelis-Menten-Fall") ist gegeben wenn k2 << k'1. Hierbei vereinfacht sich der Km zu:
Dies entspricht der Dissoziationskonstante des Enzym-Substrat-Komplexes. In diesem Fall kann man den Km also als Maß für die Affinität des Enzyms für das Substrat betrachten.
Eine weitere wichtige Größe ist die Wechselzahl, auch molekulare Aktivität oder „turnover number“ genannt. Dies ist die Geschwindigkeitskonstante des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes der Reaktion und wird mit kcat bezeichnet. Ist, wie im oben genannten Fall, der zweite Schritt geschwindigkeitsbestimmend, so ergibt sich aus der Definition der Reaktionsgeschwindigkeit, dass und somit .
Sättigung der enzymatischen Reaktion
Im Gegensatz zur Kinetik unkatalysierter Reaktionen gibt es in der Enzymkinetik das Phänomen der Sättigung: bei sehr hohen Substratkonzentrationen kann die Umsatzgeschwindigkeit v nicht weiter gesteigert werden, das heißt es wird ein Wert vmax erreicht.
Die Sättigungsfunktion eines „Michaelis-Menten-Enzyms” lässt sich unter Verwendung der Parameter Km und vmax wie folgt formulieren:
Diese Michaelis-Menten-Beziehung ist die Gleichung einer Hyperbel mit den folgenden in der Abbildung gezeigten Eigenschaften:
- Ihre Asymptoten entsprechen den Werten vmax (horizontale Achse) und Km (vertikale Achse, gestrichelt);
- Gleicht die Substratkonzentration [S] dem Km-Wert, so liegt die Hälfte des ursprünglich vorhandenen Enzyms [E]0 in Form des Enzym-Substrat-Komplexes [ES] vor, die andere Hälfte ist frei [E].
- Da die Sättigung asymptotisch angenähert wird, sind hierzu Substratkonzentrationen erforderlich, die mehr als dem zehnfachen Km-Wert entsprechen. Im Umkehrschluss gilt: Hat man für ein Enzym eine Sättigungshyperbel gemessen, d. h. die Umsatzgeschwindigkeit v als Funktion der Substratkonzentration [S] bestimmt, so lassen sich daraus vmax (die Aktivität) und Km (die reziproke Affinität) ableiten. Ein relativ neues, einfaches und doch präzises Verfahren zu diesem Zweck ist die direkt-lineare Auftragung (siehe Enzymkinetik).
Inhibitoren und ihr Einfluss auf die Michaelis-Menten-Kinetik
Inhibitoren, darunter wichtige Medikamente und Gifte, ändern die Eigenschaften von Enzymen und hemmen die enzymatische Reaktion. Man kann Inhibitoren in verschiedene Klassen unterteilen (siehe dazu: Enzymhemmung). Je nach Wirkungsweise des Inhibitors, hat dieser einen unterschiedlichen Einfluss auf die Michaelis-Menten-Gleichung:
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- „kompetitive“ Inhibitoren erhöhen den Km-Wert, verändern vmax jedoch nicht.
- „unkompetitive“ Inhibitoren (selten anzutreffen) binden spezifisch an den Enzym-Substrat Komplex. Sie senken sowohl die vmax als auch den scheinbaren Km-Wert.
- Inhibitoren vom Mischtyp erhöhen den Km-Wert und erniedrigen vmax
- als Sonderfall des Mischtyps hat der „nichtkompetitive“ Inhibitor zu gelten, der ausschließlich den vmax-Wert senkt und den Km-Wert unverändert lässt. Bei Einsubstrat-Enzymen kommt dieser Typus nicht vor.
Siehe auch
Literatur
- Andrés Illanes,: Enzyme biocatalysis: principles and applications. Springer, Dordrecht 2008, ISBN 978-1-402-08360-0.
- David L. Nelson, Michael M. Cox: Lehninger Biochemie. 4. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-68637-8. Kapitel: Enzyme.
Einzelnachweise
- ↑ Chen WW, Niepel M, Sorger PK: Classic and contemporary approaches to modeling biochemical reactions. In: Genes Dev.. 24, Nr. 17, September 2010, S. 1861–75. doi:10.1101/gad.1945410. PMID 20810646.
- ↑ Zur Herleitung siehe Enzyme Kinetics (PDF)
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