Michigan Central Station

Michigan Central Station

Michigan Central Station (Michigan Central Depot oder MCS), von 1910 bis 1913 errichtet, ist ein unter Denkmalschutz stehender aber seit Jahrzehnten dem Verfall preisgegebener monumentaler Bahnhof in der Stadt Detroit im Staat Michigan (USA). Während der Bauzeit war es das höchste Bahnhofsgebäude der Welt. [1]

Die Michigan Central Station 2008

Inhaltsverzeichnis

Lage

Es steht im Corktown Distrikt von Detroit nahe der Ambassador Bridge, etwa 3,2 km südwestlich der Innenstadt. Vor dem Gebäude befindet sich eine größere Parkanlage, der Roosevelt Park. Man hoffte mit dieser etwas dezentralen Lage eine Aufwertung der umliegenden Stadtteile zu bewirken, der erhoffte Aufschwung fand aber nie statt. Das monumentale aber isolierte Gebäude ist seit 1975 im National Register of Historic Places eingetragen. Verschiedenste Erhaltungs- und Erneuerungsprojekte sind bisher stets gescheitert.

Geschichte

Erste Planungen für das Gebäude fanden schon 1906 statt, als mit den Bauarbeiten eines Unterwassertunnels, des Michigan Central Railway Tunnel, nach Windsor im Südwesten von Detroit begonnen wurde. Ein neues, viel größeres Bahnbetriebswerk als das bisherige im Zentrum der Stadt sollte den Eingang des Tunnels markieren. Der bisherige Kopfbahnhof (1885-1913) erfüllte schon lange nicht mehr die Anforderungen der wachsenden Eisenbahngesellschaft. 1908 wurde mit dem Kauf von Gelände rund um das heutige Stationsgebäude begonnen. Eineinhalb Jahre später hatte man ein Grundstück von ca. 5 Hektar Größe, indem man etwa 300 Häuser aufgekauft oder Personen enteignet hatte. Die Stadt kaufte das Gelände vor dem Gebäude (1915) um eine große Parkanlage anzulegen, der heutige "Roosevelt Park". Dies war beispielhaft für die Zeit in der bei großen öffentlichen Gebäuden repräsentative Grünanlagen errichtet wurden.

Mit dem Bau des neuen Gebäudes wurde am 16. Mai 1910 begonnen, nachdem die Michigan Central Railroad (eine Tochtergesellschaft der New York Central Railroad) die Architekten 'Warren & Wetmore' und 'Reed & Stem' beauftragt hatte. Beide hatten zusammen schon die Grand Central Station in New York gebaut. Reed & Stem wurden durch den Bau von zahlreichen Bahnhöfen bekannt, Warren & Wetmore vielmehr durch Hotelentwürfe, was auch die Fassade des 18-stöckigen Bürohochhauses kennzeichnet. Das schlichte Anfügen und Nebeneinanderstellen der beiden Hauptgebäudeteile (Büroturm und Eingangshalle) löste damals zahlreiche Diskussionen aus und brachte deutliche Kritik hervor.[2]

Das neoklassizistische Gebäude (vgl. Neoklassizismus (Kunst) war seinerzeit das höchste Bahnhofsgebäude der Welt und viert größte von Detroit und sollte offiziell am 4. Jan 1914 eröffnet werden. Diese Eröffnung fand aber nie statt, da durch einen Brand im bestehenden Bahnhof am 26. Dezember 1913 dieser nicht mehr benutzbar wurde. Noch während der Löscharbeiten kam es zur Aufnahme des Betriebes im neuen Bahnhof. Der erste Zug verließ das Gebäude nach Chicago.

Der Bahnhof ist bewusst 3,7 km (2,6 miles) entfernt vom Stadtzentrum errichtet worden. Es sollte als Initiator für ein neues Stadtgebiet stehen, ein Gebiet das bisher nur schlecht entwickelt und als Slum bezeichnet wurde. Es war gedacht, das Stadtzentrum in Richtung Westen zu erweitern und damit dieses Gebiet aufzuwerten. Das ist allerdings nie passiert.

In der Anfangszeit des Betriebes stellte es kein Problem dar, dass der Bahnhof weit außerhalb zu finden war. Das öffentliche Nahverkehrsnetz brachte die Menschen direkt zum Osteingang des Gebäudes. Dies war deshalb auch der meist genutzte Eingang des Gebäudes. Hier befand sich ein Straßenbahnterminal. Der repräsentative Haupteingang mit großen Rundbogenfenster im Norden wurde nur wenig benutzt. In der Anfangszeit des Bahnhofes spielte das Automobil noch keine gewichtige Rolle. Dies ist an den mangelnden Parkplatzmöglichkeiten zu erkennen, welche der Station im späteren Verlauf Probleme bereitete. Man setzte auf Straßenbahnen (streetcars) und Überlandbusverbindungen (interurban) für die umliegenden Orte Detroits.

Als Henry Ford in den 1920er Jahren damit begann umliegende Grundstücke um den Bahnhof aufzukaufen um ein großes Business-Center zu errichten, konnte das Gebiet einer möglichen Aufwertung entgegen schauen. Kurz darauf wurden allerdings jegliche Ambitionen weiterer Investoren durch die Große Depression erstickt.

In den folgenden Jahren stellten die Fernverkehrsbusse ihren Betrieb ein und schließlich durch die wachsende Beliebtheit des Autos 1938 auch die Straßenbahnverbindung zum Zentrum. Die Fahrgastzahlen sanken aber erst nach 1945 dramatisch. Durch die gänzlich fehlenden Parkplatzmöglichkeiten wurde der Bahnhof unattraktiver und fiel einer zunehmend isolierteren Stellung fern ab der Bevölkerung zu.

Einem Aufschwung widerfuhr der Bahnhof durch den Zweiten Weltkrieg, indem er als Knotenpunkt militärischer Maschinen- und Soldatentransporte diente. Das Besucheraufkommen änderte sich aber schnell wieder nach Beendigung des Krieges. Auch der staatlich subventionierte Ausbau von Autobahnen und inländisch aufkommende wachsende Flugverkehr trugen ihren Teil zum Rückgang des Passagieraufkommens bei.

Während im Ersten Weltkrieg, zum Höhepunkt der Bahnfahrt in den Vereinigten Staaten, mehr als 200 Züge am Tag den Bahnhof verließen, in den 1940er Jahren mehr als 4000 Gäste am Tag den Wartebereich benutzten, 3000 Personen im Büroturm an sieben Tagen die Woche arbeiteten, wurde in den 1950er Jahren nach und nach zahlreiche Bereiche verkleinert (das Restaurant wurde halbiert, die restaurationsdürftige Gewölbedecke mit einer Kassettendecke abgehängt) und vor der Öffentlichkeit verschlossen (der ehemalige Wartebereich wurde mittlerweile als Lager benutzt).

Ein Versuch, den Bahnhof 1956 für 5 Millionen US-Dollar, ein Drittel der Baukosten aus 1913 zu verkaufen, scheiterte, desgleichen ein weiterer Verkaufsversuch im Jahr 1963. 1967 kam es zu einer teilweisen Schließung des Bahnhofs, namentlich des Haupteingangs, der Geschäfte und des Bahnhofsrestaurants.

Die Übernahme des Personenverkehrs durch Amtrak im Jahr 1971 brachte eine kurze Periode der Hoffnung. Haupteingang und großer Wartesaal wurden 1975 wieder geöffnet, und 1978 kam es zu größeren Reparaturarbeiten. 1984 wurde das Gebäude an eine Transportgesellschaft verkauft. Am 6. Januar 1988 verließ der letzte Amtrak-Zug den Bahnhof nach Chicago. In den folgenden Jahren wechselte das Gebäude noch mehrmals den Besitzer, einmal für weniger als 80.000 $. Ideen einer möglichen Um- und Nachnutzung konnten aufgrund zu großer finanzieller Hürden oder rechtlicher Bedenken nicht verwirklicht werden. Ein durch die Nähe zu Kanada mögliches Zoll-Handelszentrum, ein Convention-Center, Hotel, Büropark, ein Bahnhof mit Hochgeschwindigkeitszügen, Casino und das Detroiter Polizeipräsidium waren denkbare Nutzungen. Seit 1996 ist es im Besitz der Controlled Terminals Inc.

Gegenwärtige Situation

Am 7. April 2009 stimmte der Stadtrat dem Abriss des Gebäudes zu, der zuvor durch die hohen Kosten Abstand jeglicher Art von einem Rückbau genommen hat. Die Maßnahme sollte mit Mitteln des Konjunkturpaketes der Bundesregierung finanziert werden. Daraufhin verklagte ein Einwohner von Detroit die Stadt und forderte den Erhalt des Gebäudes, da der Abriss gegen den National Historic Preservation Act of 1966 verstoße.[3] Im September 2009 wurde die Michigan Central Station Preservation Society gegründet, die sich den Erhalt des Gebäudes zum Ziel gesetzt hat.[4]

Seit 25 Jahren ist das Gebäude Spielplatz für Vandalen, Obdachlose, Sprayer und Junkies, wie der aktuelle Zustand des Gebäudes belegt. Darüber hinaus ist es immer wieder Ort für Filmaufnahmen (Transformers (Film), Die Insel (2005), Four Brothers und 8 Mile) und Anlaufstelle für ausländische Reporter (siehe auch Michigan Theatre). [5]

Stadtplaner sehen mittlerweile in dem Gebiet rund um Michigan Central Station eine Schlüsselstellung, um Menschen aus Kanada ins Stadtzentrum nach Detroit zu bringen. Die Ambassador Bridge, die Hauptverbindung nach Kanada, kann durch eine Aufwertung der Stadtquartiere Mexicantown und Corktown die Menschen anstatt auf die Autobahn zu schleusen, ins Stadtinnere führen [6]. Seit dem Frühjahr 2011 laufen Aufräumarbeiten und Reparaturarbeiten im Gebäude. [7]

Kritik

Die Controlled Terminals Inc. als derzeitiger Eigentümer und die Detroit International Bridge Co., Besitzer der Ambassador Bridge (eine der wenigen in privater Hand existierenden Grenzbrücken und darüber hinaus meistbefahrenen Verbindung zwischen den USA und Kanada), werden durch den gleichen Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführer und Eigentümer Manuel Moroun verwaltet. Er wurde 2009 auf Platz 296 der Forbes Liste der reichsten Amerikaner geführt. [8] Immer wieder sorgt dieser Zustand für zahlreiche Diskussionen in Öffentlichkeit und Presse, wenn es um mögliche Vorschläge einer Nachnutzung des Gebäudes geht. [9][10] [11]

Einzelnachweise

  1. Kavanaugh, Kelli B.: Detroit's Michigan Central Station (Images of America). Arcadia Publishing 2001, ISBN 0-7385-1881-6
  2. Harold D. Eberlein, erschienen in Architectural Record, Volume 36, 1914 und in "Trains, Volume 38, Kalmbach Pub. Co., 1978: „The exterior of the Detroit Station presents an extraordinary lack of continuity of conception. Seen from a distance, the casual observer, unless otherwise informed, would never take the two parts of the station to be portions of one and the same building, so utterly different are they. Each part taken separately might be good. Joined together, they are architecturally incongruous.“
  3. Associated Press (14. April 2009): Detroit man sues to block demolition of rail depot. fox28.com. Abgerufen am 25. März 2010.
  4. SaveMichiganCentral.com. Abgerufen am 25. März 2010.
  5. http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackground/a19941/l0/l0/F.html#featuredEntry Verlassenes Detroit, Die Wrack-Statt auf Einestages
  6. http://www.michigancentraldepot.com/blog/2010/11/08/mexicantown-can-be-gateway-to-detroit-developer-says/ Eine neue Schlüsselstellung der Michigan Central Station, TheDetroitNews, 8. November 2010
  7. The Detroit News, 25. August 2011, Dusting off the depot: Moroun making good on cleanup
  8. Forbes Detailseite. Abgerufen am 27. Januar 2011
  9. Manuel J. Mooren, der zu Zeiten des Kaufes noch ein Casino-Projekt an dieser Stelle Vorschlug, antwortet mittlerweile auf die Frage einer möglichen Nutzung „I hate being associated with that, what the hell am I supposed to do with it? I can't sell it, and I won't give it away for a dollar. I can't redevelop it. Who would want to go in there? Nobody. There's no reason. That's throwing money to the wind. Can't tear it down, it's an historic landmark.“; aus den Detroit-News vom 15. Dezember 2008
  10. Fitch, Stephanie and Joann Muller (11-15-04).The Troll Under the Bridge.ForbesAbgerufen am 27. Januar 2011.
  11. http://www.corpmagazine.com/Departments/CoverStories/tabid/54/itemid/701/Default.aspx

Weblinks

42.328648-83.077819

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