Micro Black Hole

Micro Black Hole

Das Micro Black Hole (englisch für „Schwarzes Mikro-Loch“) ist ein hypothetisches, sehr kleines und sehr leichtes Schwarzes Loch.

Mitte der 1970er Jahre stellte Roger Penrose die Vermutung auf, Schwarze Löcher könnten auch im Labor erzeugt werden. Es gibt Theorien, nach denen es möglich ist, mit dem Large Hadron Collider (LHC), der am 10. September 2008[1] in Betrieb genommen wurde, solche Schwarzen Löcher bis zu einmal pro Sekunde zu erzeugen. Dies setzt jedoch die Existenz von zusätzlichen kompakten Raumdimensionen voraus, welche unter anderem von bestimmten Modellen der Stringtheorie vorhergesagt werden.

Diese Schwarzen Löcher wären allerdings deutlich kleiner als stellare Schwarze Löcher, die kosmologisch beobachtet werden. Ihre Ausmaße lägen in der Größenordnung von Elementarteilchen. Auf Grund von Quanteneffekten (siehe Hawking-Strahlung) würden sie sehr kurze Zeit nach ihrer Entstehung aller Wahrscheinlichkeit nach zerstrahlen. Die dabei entstehenden Elementarteilchen könnten mittels Teilchendetektoren nachgewiesen werden. Gemäß dem aktuellen Stand der Forschung auf diesem Gebiet wären die entstehenden Teilchenschauer (Jets) isotroper verteilt als diejenigen, die beim Zusammenstoß hochenergetischer Teilchen entstehen und daher von diesen zu unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

Existenz

Alle Größen sind in Natürlichen Einheiten angegeben.

Entsprechend der Theorie Schwarzer Löcher sind Schwarzschild-Radius und Masse eines Schwarzen Lochs proportional zueinander. Da man davon ausgeht, dass unterhalb der Planck-Länge Quanteneffekte dominant werden und keine stabilen Schwarzen Löcher mehr existieren können, gibt es damit auch eine untere Grenze für die Masse eines Schwarzen Loches, welche 1016 TeV (10−8 kg) beträgt.

Dies lässt die Erzeugung Schwarzer Löcher im Labor erst einmal unmöglich erscheinen, da die maximal erreichbare Energie in dem größten Teilchenbeschleuniger der nächsten Generation (dem LHC) nur einige TeV, also 16 Größenordnungen zu wenig beträgt. Dieses Bild verändert sich allerdings, wenn man von einer Erweiterung der Theorie ausgeht und so genannte large extra dimensions (dt. ‚große zusätzliche Dimensionen‘) annimmt. Darunter versteht man zusätzliche Raumdimensionen, wobei das „groß“ hier in Relation zu anderen Theorien zu verstehen ist. Diese Dimensionen werden als kompakt und von einer Größe deutlich unter einem Millimeter angenommen (größere Dimensionen sind bereits durch Beobachtungen ausgeschlossen). Solche Zusatzdimensionen ergeben sich natürlicherweise in sehr vielen Modellen der Stringtheorie.

Unter dieser Voraussetzung verändert sich das Gravitationsgesetz, sobald man Energien erreicht, welche dem Radius dieser Extradimensionen entsprechen. Dies verändert auch die Massenskala, oberhalb derer die Existenz Schwarzer Löcher möglich ist.

m_\text{p}^2=m_\text{f}^{d+2}R^d,

wobei mp die Planck-Masse ist, d  die Anzahl der zusätzlichen Dimensionen, mf  die neue fundamentale Massenskala und R der Radius der Extradimensionen.

Nimmt man nun zum Beispiel an, dass drei Zusatzdimensionen mit einem Radius von ca. 1 eV−1 existieren, ergibt sich eine Masse von ca. 160 GeV für die effektive Planckmasse und damit die Möglichkeit, Schwarze Löcher im Labor herzustellen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass schwarze Löcher bei der Kollision kosmischer Strahlung mit Bestandteilen der Erdatmosphäre entstehen. Dies konnte bislang nicht nachgewiesen werden, Fortschritte lassen sich zukünftig vielleicht durch das 2004 in Betrieb gegangene Pierre-Auger-Observatorium erzielen.

Lebenszeit

Die Lebenszeit solcher kleinen Schwarzen Löcher wäre vermutlich äußerst kurz, da sie, wie wahrscheinlich alle Schwarzen Löcher, durch die von Stephen Hawking postulierte Strahlung, die Hawking-Strahlung, an Masse verlieren und schließlich verdampfen sollten. Da die Lebenszeit proportional zur dritten Potenz der Masse ist, ergibt sich bei kleinen Schwarzen Löchern eine nicht beobachtbar kurze Lebenszeit. Nachweisbar wären sie potenziell durch die bei ihrem Zerfall entstehenden Elementarteilchen. Allerdings ist nicht eindeutig geklärt, ob der Hawking-Effekt ohne Modifikation auch in diesem Fall anwendbar ist, da seine Herleitung auf einer vernachlässigbaren Krümmung des Ereignishorizontes beruht, d. h. auf „hinreichend“ großer Masse.

Man geht davon aus, dass der Zerfall in mehreren Phasen stattfindet. Wie dies genau vor sich geht und ob es ein „Relikt“ gibt oder der Zerfall vollständig stattfindet, ist Gegenstand aktueller Forschung und nicht abschließend geklärt. So wird zurzeit im erst kürzlich in Betrieb genommenen LHC die mögliche Entstehung und der Zerfall untersucht.

Literatur

Populärwissenschaftlich

Reviews

  • Steven B. Giddings: Black Holes at Accelerators. In: G. W. Gibbons, E. Paul S. Shellard (Hrsg.): The future of theoretical physics and cosmology: celebrating Stephen Hawking's 60th birthday. Cambridge University Press, 2003, ISBN 9780521820813, S. 278–291, arXiv:hep-th/0205027.
  • Panagiota Kanti: Black Holes in Theories with Large Extra Dimensions: a Review. In: Int.J.Mod.Phys.. A19, 2004, S. 4899–4951, arXiv:hep-ph/0402168, doi:doi:10.1142/S0217751X04018324.
  • Sabine Hossenfelder: What Black Holes Can Teach Us. 2004, arXiv:hep-ph/0412265.

Originalliteratur (Auswahl)

Zur Hawkingstrahlung:

  • Stephen Hawking: Particle creation by black holes. In: Communications in mathematical physics. 43, Nr. 3, 1975, S. 199–220 (Open Access).
  • Stephen Hawking: Breakdown of predictability in gravitational collapse. In: Physical Review D. 14, Nr. 10, 1976, S. 2460–2473, doi:10.1103/PhysRevD.14.2460.

Zur möglichen Produktion in Beschleunigern:

Zur möglichen Produktion durch kosmische Strahlung:

Einzelnachweise

  1. First beam in the LHC - accelerating science. CERN Press Office, 10. September 2008 (Pressemeldung).

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