Mignon (Figur)

Mignon (Figur)
Mignon mit den Zügen der Schauspielerin Constanze Le Gaye, Gemälde von Wilhelm von Schadow, 1828

Die Figur Mignon geht auf Goethes Roman Wilhelm Meisters theatralische Sendung („Urmeister“) (1777/1785) zurück.

Inhaltsverzeichnis

Die Figur

Mignon stammt aus Italien und wurde ihren Eltern geraubt. In ihrer Figur nimmt die Sehnsucht nach Italien Gestalt an, Goethe legt ihr das Lied Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh'n[1] in den Mund. Mignon - von Wilhelm bei ihrer ersten Begegnung auf zwölf bis dreizehn Jahre geschätzt - ist eine Kindfrau, die sich in ihren Retter verliebt und Wilhelm mit ihrer Zuneigung zunehmend in Verlegenheit bringt. Meist tritt Mignon in Verbindung mit dem rätselhaften, geistig verwirrten Harfner auf; sie singen im Duett das Lied Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide. Die verworrene Geschichte klärt sich am Ende auf: Der Harfner ist der Vater Mignons, die er im Inzest mit seiner Schwester gezeugt hat, ohne dies zu wissen. Dem Kloster entsprungen, irrt er ruhelos umher auf der Suche nach seinem Kind. Es kommt zu keinem guten Ende: Mignon und der Harfner sterben.

Interpretation

Nach Richard Friedenthal versteht man unter Mignon in der Goethezeit auch einen „homosexuellen Liebling“. Später wird Mignon zum Inbegriff eines „lieblichen weiblichen Wesens“[2] und erotisch reizenden Mädchens. Dargestellt wird sie meist barfuß, mit Bündel und Musikinstrument als Attributen.

Vertonungen

Teile aus Goethes Roman, die sich auf die Figur Mignons beziehen, wurden von bekannten und unbekannteren Komponisten wiederholt vertont.

  • Ludwig van Beethoven vertonte es im Jahr 1809 als ersten Titel der Sechs Gesänge op. 75.[3]
  • Franz Schubert komponierte im Jahr 1815 das Lied An Mignon (op. 19/2, D 161) und Mignon (D 321).[4]
  • 1842 (überarbeitet 1856 und 1860) verarbeitete Franz Liszt den Text in Mignons Lied (Searle 275) für Singstimme und Klavier.
  • Robert Schumann schrieb 1849 das Requiem für Mignon für Solostimmen, Chor und Orchester (op. 98b) sowie das Lied Mignon für Klavier und Singstimme (op. 79 Nr. 28 - Lieder für die Jugend).

Franz Liszt: "Mignons Lied" für Stimme und Klavier (1842)

  • Die Oper Mignon (1866) von Ambroise Thomas (1811–1896) nutzt lediglich einzelne Szenen und Motive des Romans. Insbesondere im Schluss weicht die Handlung ab: Wilhelm und Mignon werden ein Paar. In einer abweichenden Schlussvariante wird Mignon von einem Herzkrampf befallen und stirbt in Wilhelms Armen.
  • Hugo Wolf thematisierte im Jahr 1888 die Figur der Mignon in den Liedern Nummer fünf, sechs, acht und neun seiner Goethe-Lieder.
  • In der Neuen Musik fand Goethes Stoff Eingang in das abendfüllende Melodram Sie heißen mich Mignon... (1999) von Jörg-Peter Mittmann. Als Psychogramm angelegt verbindet die Komposition Text-Rezitation mit den vier Mignon-Liedern Hugo Wolfs und avantgardistischer Kammermusik für sechs Spieler (Flöte, Oboe, Harfe, Streichtrio).[5]

Literatur

  • Richard Friedenthal: Goethe – sein Leben und seine Zeit. S. 474. R. Piper Verlag, München 1963
  • Michael Wetzel: Mignon. Die Kindsbraut als Phantasma der Goethezeit. Wilhelm Fink, München 1999, ISBN 3-7705-3333-X
  • Terence Cave: Mignon's Afterlives. Crossing Cultures from Goethe to the Twenty-First Century. Oxford University Press, Oxford 2011. ISBN 978-0-19-960480-7

Weblinks

Anmerkungen

  1. Johann Wolfgang Goethe: Mignon (Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh'n)
  2. Brockhaus' Konversationslexikon von 1877 und Meyers Konversationslexikon von 1902
  3. Werke nach Opusnummern
  4. Peter Gülke: Franz Schubert und seine Zeit, Laaber-Verlag, 2. Aufl. der Originalausgabe von 1996, 2002, S. 17; Dietrich Fischer-Dieskau: Schubert und seine Lieder, Verlag Deutsche Verlags-Anstalt, 1996, S. 67
  5. Jörg-Peter Mittmann auf www.ensemblehorizonte.de

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