Mittlere Horde

Mittlere Horde
Kasachen um 1900. Von links nach rechts: Die Kleine Horde, die Mittlere Horde und die Große Horde (unten)

Mittlere Horde (zeitgenössische kasachische Schreibung: ‏ورتا ٴجۇز‎; heutige Schreibung Орта жүз Orta jüz „mittlerer Schüs“) war die Bezeichnung einer kasachischen Stammesföderation des 16. Jahrhunderts.

Europäer und Russen nannten die Mittlere Horde im 18. und 19. Jahrhundert fälschlich Mittlere Kirgisen-Horde, da sie die Kasachen als „Kasak-Kirgisen“ bezeichneten.

Inhaltsverzeichnis

Umfang und Stammesstruktur

Diese Horde umfasste die nomadisierenden Stämme des nördlichen, zentralen und östlichen Kasachstans und umfasste auch Gebiete, die sich heute in der russischen Region Altai und der Republik Altai befinden und dort die kasachischen Siedlungsgebiete umfassen.

Die Mittlere Horde wurde unter anderem aus folgenden Clans gebildet: Argyn, Kirei, Naiman, Qongrat, Qipcaq, Yak.[1] Die Clannamen verweisen teils auf ältere türkische und mongolische Stämme, deren Überreste hier integriert wurden.

Geschichte

Die Mittlere Horde wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts gebildet und deren Khane amtierten meist auch in der Großen- bzw. Älteren Horde und umgekehrt. Die Ausnahme bildeten einige weniger namhafte oder praktisch unbedeutende Fürsten, die nur wenige Clans hinter sich bringen konnten. Mitunter gab es auch Überschneidungen mit der Kleinen Horde (zum Beispiel Abu'l-Hayr, reg. 1717/28–1748). Angesichts verheerender Angriffe der Dschungaren unterstellte sich die Mittlere Horde 1740[2] dem russischen Schutz und wurde zunehmend von Russlands Wohlwollen abhängig. Eine ganze Reihe von Anführeren suchte beispielsweise 1795 und nach 1806 die russische Unterstützung, um den Khan Vali (reg. 1781–1818/9) abzusetzen. 1822 wurde das Khanat beseitigt und eine direkte russische Verwaltung eingeführt. Daraufhin begannen Sarschan Kasymow und Ubaidullah Walichanow (beides Enkel Abylai Khans) einen Aufstand in der Mittleren Horde (1825–34). Nach ihnen übernahm Kenisari (*1802, reg. 1837–46/47, ebenfalls ein Enkel Abylais) diese Rolle.

Von 1917 bis 1920 war das Gebiet der Mittleren Horde eine Verwaltungseinheit des kasachischen Alasch-Orda-Staates.

Namhafte Fürsten der Mittleren Horde im 18./19. Jh.

  • Tawke Khan 1680–1715/8
  • Bolat Khan 1698/1718–1729/31 (Sohn Tawkes)
  • Semeke Shah Muhammed 1719–1731 (? mglw. ein Synonym für Bolat Khan[3])
  • Abu'l-Hayr (reg. 1717/28–1748, eigentlich Kleine Horde)
  • Abu'l Muhammed 1729/31–71 (Sohn Bulats, zog sich um 1750 politisch zurück)
  • Baraq und Kuchuk 1731–1750 (ungesicherte Herkunft, entfernte Verwandtschaft)
  • Abylai 1731/71–81 (ungesicherte Herkunft, entfernte Verwandtschaft)
    • Bolat ab 1748 (Sohn Abu'l Muhammeds, Kirei Sultan)
  • Abulfaiz (Sohn Abu'l Muhammeds, floh 1775 zu den Russen)
  • Dair (Sohn Baraqs, protestierte 1771 bei den Russen)
  • Abdullah 1781 (Sohn Abylais)
  • Vali Khan 1781–1819 (Sohn Abylais)
  • mehrere Rivalen, besonders in den letzten Lebensjahren
  • Yeraly ca. 1791–94 (Sohn Abu'l-Hayrs, Kirei Sultan)
  • Buqai, 1816 vom Zaren als Mitregent Vali Khans ernannt (Enkel Abu'l-Hayrs)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Peter Truhart, Regententabellen II. (Asien), München, New York 1985, S. 1107
  2. Abu'l Muhammed, Abylai und andere Anführer erschienen 1740 in Orenburg und schworen bei den Verhandlungen mit dem dortigen Gouverneur Prinz Urussof in einer großen Zeremonie die Gefolgschaft. Vgl. Howorth, History of the Mongols, S. 644.
  3. Howorth, History of the Mongols, S. 642

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