- Molekulare Ratsche
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Eine molekulare Ratsche oder auch Brownsche Ratsche ist eine Nanomaschine, die aus brownscher Molekularbewegung (also aus Wärme) gerichtete Bewegung erzeugt. Dies kann nur funktionieren, wenn von außen Energie in das System gebracht wird. Solche Systeme werden in der Literatur meistens Brownsche Motoren (siehe Literatur/links) genannt. Eine molekulare Ratsche ohne von außen zugeführter Energie wäre ein Perpetuum Mobile zweiter Art und funktioniert somit nicht. Der Physiker Richard Feynman zeigte in einem Gedankenexperiment 1962 als erster, wie eine molekulare Ratsche prinzipiell aussehen könnte, und erklärte eindrucksvoll, warum sie nicht funktioniert.
Inhaltsverzeichnis
Molekulare Ratsche nach Feynman
Die Abbildung rechts zeigt den prinzipiellen Aufbau einer molekularen Ratsche. Sie besteht aus einem Flügelrad (rechts) und einer Ratsche (links) mit Sperrzahn (grau). Die gesamte Maschine muss sehr klein sein (wenige Mikrometer), damit die Stöße des umgebenden Gases einen nennenswerten Einfluss auf sie haben. Die Funktionsweise ist denkbar einfach: Ein Gasteilchen, das das Flügelrad beispielsweise so trifft, wie durch den grünen Pfeil markiert, bewirkt ein Drehmoment, das sich über die Achse auf die Ratsche überträgt und diese eine Stellung weiterdrehen kann. Ein Teilchen, das wie durch den roten Pfeil markiert auftrifft, bewirkt keine Drehung, da der Sperrzahn die Ratsche blockiert. Die molekulare Ratsche sollte also aus Wärmeenergie eine gerichtete Bewegung erzeugen.
Der Sperrzahn funktioniert nur, wenn er mit einer Feder gegen die Ratsche gedrückt wird. Auch er unterliegt dem Bombardement der Brownschen Molekularbewegung. Wird er durch diese ausgelenkt, beginnt er auf die Ratsche zu schlagen, was zu einem Nettodrehmoment entgegen der zuvor angenommen Drehrichtung führt. Die Wahrscheinlichkeit für die Auslenkung des Sperrzahns, die groß genug ist, um eine Ratschenposition zu überspringen, ist exp( − ΔE / kBT), wobei ΔE die Energie ist, die benötigt wird, um die Feder des Sperrzahns auszulenken, T ist die Temperatur und kB die Boltzmann-Konstante. Die Drehung über das Flügelrad muss aber auch die Feder spannen, um in die nächste Position der Ratsche zu gelangen, das heißt, die Wahrscheinlichkeit ist ebenfalls exp( − ΔE / kBT). Folglich dreht sich die Ratsche im Mittel nicht.
Anders sieht es aus, wenn ein Temperaturunterschied zwischen Flügelscheibe und Ratsche vorliegt. Ist die Umgebung des Flügelrades wärmer als die der Ratsche, dreht sich die molekulare Ratsche wie zuvor angenommen. Ist die Umgebung der Ratsche wärmer, dreht sich die Maschine in die entgegengesetzte Richtung.
Brownsche Motoren
Der Begriff Brownsche Motoren wurde 1995 vom Physiker Peter Hänggi (Universität Augsburg) geprägt, um damit die gerichtete Bewegung in periodischen Systemen mit räumlicher und/oder zeitlicher Symmetriebrechung unter Ausnützung der Quelle der thermischen Brownschen Bewegung zu charakterisieren. Dabei ist wichtig, dass diese Systeme fernab vom thermischen Gleichgewicht operieren. Damit ergibt sich kein Widerspruch zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik.
Literatur
- R. P. Feynman: The Feynman Lectures on Physics. Bd. 1, Kapitel 46, Addison-Wesley, 1963. ISBN 0-201-02116-1
- R. D. Astumian und P. Hänggi: Brownian Motors. In: Physics Today 55, 2002, S. 33–39.
- P. Hänggi, F. Marchesoni und F. Nori: Brownian Motors. In: Ann. Physik (Leipzig) 14, 2005, S. 51–70.
- P. Hänggi und F. Marchesoni: Artificial Brownian motors: Controlling transport on the nanoscale. In: Rev. Mod. Phys. 81, 2009, S. 387–442.
Siehe auch
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