Drehmoment

Drehmoment
Physikalische Größe
Name Drehmoment
Formelzeichen der Größe \vec M
Größen- und
Einheiten-
system
Einheit Dimension
SI N m M·L2·T−2

Das Drehmoment ist eine grundlegende physikalische Größe in der klassischen Mechanik. Es spielt für Drehbewegungen die gleiche Rolle wie die Kraft für die geradlinige Bewegung. Ein Drehmoment kann einen Körper biegen, tordieren oder seine Rotation beschleunigen. Die international verwendete Maßeinheit für das Drehmoment ist das Newtonmeter.

Ein Drehmoment wirkt zum Beispiel auf einen Körper, der sich um einen festgehaltenen Punkt drehen kann, wenn an ihm außerhalb dieses Punktes eine Kraft angreift.[1] Der Betrag des Drehmomentes ist der Betrag der Kraft multipliziert mit dem senkrechten Abstand des Drehpunktes von der Wirkungslinie der Kraft, dem sogenannten Hebelarm.[2]

In mathematischer Beschreibung ist das Drehmoment das Vektorprodukt aus Abstandsvektor und Kraftvektor.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiedliche Bezeichnungen in der Technik

In der Technik wird dem Drehmoment je nach Anwendung eine unterschiedliche Bezeichnung gegeben:

Abtriebsmoment
Das an der Welle eines Motors wirksame Drehmoment.
Anfahrmoment
Das Drehmoment, das ein Motor aus dem Stand leisten kann.
Antriebsmoment
Das Drehmoment, das an der Eingangswelle einer Arbeitsmaschine wirkt. Außerdem das an den Radachsen eines Fahrzeugs oder an der Achse eines Propellers wirksame Drehmoment.
Anziehdrehmoment bzw. Anzugsdrehmoment
Das Drehmoment, das beim Anziehen einer Schraube durch den Schraubenschlüssel aufgebracht wird.
Biegemoment
Das Drehmoment, das für eine elastische Biegung eines Bauteils nötig ist.
Kippmoment
Das maximale Drehmoment, das eine Asynchronmaschine aufbringen kann. Bei höherer Belastung „kippt“ diese Maschine, sie bleibt stehen oder „dreht durch“.
Kräftepaar
Das Drehmoment durch zwei gleich große Kräfte, die in entgegengesetzter Richtung und zueinander versetzt auf einen Körper einwirken[3].
Lastmoment
Das Drehmoment, das eine anzutreibende Arbeitsmaschine dem antreibenden Motor entgegensetzt.
Bemessungsmoment
Nennmoment
Torsionsmoment
Das Drehmoment, das für eine Verwindung eines Bauteils nötig ist.

Maßeinheit

Die Maßeinheit des Drehmoments ist das Newtonmeter (N m). Mit den Basiseinheiten Kilogramm, Meter und Sekunde gilt:

 1\ \mathrm{N\,m} = 1\ \tfrac{\mathrm{kg \, m^2}}{\mathrm{s^2}}

Die Maßeinheit für die Energie lässt sich mit der gleichen Kombination von Basiseinheiten angeben. Sowohl Drehmoment als auch Energie lassen sich als „Kraft mal Strecke“ auffassen. Dennoch sind Energie und Drehmoment unterschiedliche physikalische Größen, die sich nicht ineinander umrechnen lassen. Energie wird umgewandelt, wenn bei einer Bewegung entlang einer Strecke eine Kraft parallel zur Bewegung wirkt. Beim Drehmoment wirkt dagegen die Kraft senkrecht zu der durch den Hebelarm gebildeten Strecke.

Das Drehmoment als Kreuzprodukt und axialer Vektor

Drehmoment M an einer Welle. Im gezeichneten Fall wirkt die Kraft F senkrecht zum Abstandsvektor r, der sich somit mit dem Hebelarm deckt.

Bei der Beschreibung des Drehmoments als Vektorprodukt aus Kraft- und Abstandsvektor gilt für die Seite, in die der auf beiden Vektoren senkrechte Ergebnisvektor zeigt, die Drei-Finger-Regel. Dieser Vektor kennzeichnet sowohl den Betrag als auch den Drehsinn des Drehmoments, denn das Vektorprodukt zeichnet weniger eine Richtung als einen Drehsinn aus.[4] Der Drehsinn ist mit der Korkenzieherregel codiert.

Das Vektorprodukt für eine am Punkt \vec r_1 angreifenden Kraft \vec F lautet für das Drehmoment \vec M in Bezug auf den Punkt \vec r_0 wie folgt:

\vec M = (\vec r_1 - \vec r_0)\times\vec F = \vec r\times\vec F .

\vec r_1 und \vec r_0 sind die Ortsvektoren von Angriffs- beziehungsweise Bezugspunkt.

Der Kraftpfeil lässt sich auf seiner Wirkungslinie so verschieben, dass der Abstandsvektor \vec r senkrecht zu ihm steht, wie im Bild rechts. Der Abstandsvektor in dieser Lage wird als Hebelarm bezeichnet. Betragsmäßig gilt dann Kraft mal Hebelarm. Der rote Pfeil stellt das Drehmoment als Vektor \vec M dar. Seine Länge ist ein Maß für den Betrag, seine Richtung ein Zeichen für den Drehsinn, wobei die Korkenzieherregel anzuwenden ist. Die Richtung der in Abwesenheit von Gegenmomenten beschleunigten Drehbewegung des Zylinders wird von einem zusätzlich gezeichneten, zum Kreis gebogenen Pfeil angedeutet. Da die Pfeilspitze nicht eine lineare sondern eine Drehrichtung symbolisiert, wird der Drehmomenten-Vektor gelegentlich auch mit einer doppelten Spitze gezeichnet.[5] Der Bezugspunkt \vec r_0 befindet sich auf der Achse des gezeichneten Zylinders. Er wird mit dem Kreuzprodukt nicht beschrieben.

Das Drehmoment hat auch die Eigenschaften, die mit einem axialen Vektor beschrieben werden können.

Ähnlichkeit von Kraft und Drehmoment

Das Drehmoment nimmt in der klassischen Mechanik für Drehbewegungen eine ähnliche Rolle ein, wie die Kraft für geradlinige Bewegungen.

Entsprechungen zwischen geradliniger Bewegung und Drehbewegung|

Geradlinige Bewegung Drehbewegung
gegen einen Widerstand geleistete Arbeit Kraft mal Weg
W=\vec F \cdot (\vec r_0 - \vec r_1)
Drehmoment mal Drehwinkel
W=\left|\vec M\right| (\alpha_0 - \alpha_1)
Leistung (Physik) Kraft mal Geschwindigkeit
P = \vec F \cdot \vec v
Drehmoment mal Winkelgeschwindigkeit
P =  \vec M  \cdot \vec \omega
2. Newtonsches Gesetz Kraft gleich Masse mal Beschleunigung
 \vec F = m \vec a
Drehmoment gleich Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung
 \vec M = J \vec \alpha
Zeitintegral liefert Impuls
 \vec p = \int \vec F \; \mathrm dt
Drehimpuls
 \vec L = \int \vec M \; \mathrm dt

Messung des Drehmoments

ruhender Körper

Ein auf einen drehbaren, aber ruhenden Körper wirkendes Drehmoment lässt sich durch Anbringen eines statischen Gegenmomentes messen. Direkte Messgröße ist die über einen in der Länge bekannten Hebelarm aufzubringende Gegenkraft, bei der der Körper in Ruhe bleibt. Das zu messende Drehmoment ergibt sich aus dem Produkt der Werte der Gegenkraft und der Hebelarmlänge.

drehender Körper

Das die Drehgeschwindigkeit verändernde Drehmoment lässt sich durch Messen der Winkelbeschleunigung α  bestimmen, wenn das Trägheitsmoment J   bekannt ist. Die Auswertung erfolgt mit der Formel

 M = J \ \alpha .

Bei Übertragung einer Leistung P zum Beispiel über rotierende Welle interessiert die Abhängigkeit des dabei wirkenden Drehmomentes von der Drehzahl n (Drehmomentkurve). Dafür ist der Beharrungszustand n=konstant herzustellen. Gemessen werden die Leistung und die Drehzahl. Die Auswertung erfolgt mit der Formel

M = \frac {P}{2 \pi n} .

Das Messen der Leistung erfolgt mit Hilfe einer sogenannten Leistungsbremse: Pendelmaschine, Pronyscher Zaum oder Wasserwirbelbremse.

Drehmomente an ausgewählten Maschinen

Drehmomentkennlinien eines Asynchronmotors
obere Kennlinie: Dreieckschaltung
mittlere Kennlinie: Sternschaltung

Beispiel: Elektromotor

Elektromotoren haben ein relativ hohes Anfahrmoment, das bei Drehstrommotoren durch temporären Betrieb in Dreieckschaltung noch erhöht werden kann. Das Bild zeigt das Abtriebsmoment eines Asynchronmotors in Abhängigkeit von der Drehzahl. Der normale Betriebsbereich ist rechts von den Kipppunkten K1 oder K2 auf der steil abfallenden Kurve. Der Bereich links von den Kipppunkten ist der Anfahrbereich, der wegen des schlechten Wirkungsgrads möglichst schnell durchfahren werden soll.

Beispiel: Drehmoment und Leistung eines Verbrennungsmotors

Der bei Automobilen verwendete Begriff maximales Drehmoment des Verbrennungsmotors bei einer bestimmten Drehzahl bezeichnet das maximale vom Motor an der Kurbelwelle abgegebene Drehmoment. Das an der Kurbelwelle bei Volllast abgegebene Drehmoment ist nicht über den gesamten Drehzahlbereich des Motors konstant, sondern hat in einem bestimmten Bereich des nutzbaren Drehzahlbereiches ein Maximum.

Das Drehmoment M für Viertaktmotoren berechnet sich aus:

M = \frac {V_h p_e}{4 \pi}

Hierbei ist Vh das Hubvolumen und pe der effektive Mitteldruck, der Faktor im Nenner stammt aus der Formel für die Arbeit eines Drehmoments, die entlang des Umfanges verrichtet wird. Der Wert wird bei Viertaktmotoren mit 2 multipliziert, da Viertaktmotoren nur bei jeder zweiten Umdrehung Arbeit verrichten. Für Zweitaktmotoren gilt entsprechend:

M = \frac {V_h p_e}{2 \pi}

Rechenbeispiel für das Drehmoment eines Serienfahrzeuges mit 2000 cm³ (=0,002 m³) Hubvolumen, dessen Viertaktmotor bei einer Drehzahl von 2000/min einen Mitteldruck von 22 Bar (=2.200.000 Pa; 1 Pa = 1 N/m²) erreicht, in SI-Einheiten gerechnet:

M = \frac{0{,}002\,m^{3} \cdot 2.200.000\,\frac{N}{m^{2}} }{4 \pi} = 350\,\mathrm{N\,m}

Die Gleichung für die Leistung bei einer Drehbewegung lautet (siehe oben):

 P=2\pi\ n\ M\

und für eine drehzahlabhängige Leistung

 P(n) =  2 \pi\ n\ M(n)
M(n) ist die für die untersuchte Maschine typische drehzahlabhängige Drehmomentkenngröße, die durch Messung erhalten wird.

Bei einem Verbrennungsmotor, der bei 2000 Umdrehungen pro Minute ein Drehmoment von 350 N m abgibt, berechnet sich die Leistung wie folgt:

P = 2\pi \cdot \frac{2000}{60\ \mathrm{s}} \cdot 350\ \mathrm{N\,m}\ \approx 73\cdot 10^3\ \frac{ \mathrm{N\,m}}{\mathrm{s}} = 73\ \mathrm{kW}

Häufig wird bei Leistungsberechnungen dieser Art die Zahlenwertgleichung benutzt.

Beispiel: Leistung und Drehmoment eines Hydraulikmotors

Die hydraulische Leistung P eines Hydraulikmotors errechnet sich aus den Drücken p1 und p2 am Motoreingang bzw. -ausgang und dem geschlucktem Ölvolumen Q = q · n (q = Volumen je Umdrehung):

 P = (p_1 - p_2)\cdot q\cdot n

Aus der Gleichung für die Leistung bei einer Drehbewegung (siehe oben)

 P=2\pi\ M\cdot n\

folgt das Drehmoment mit:

 M =  \frac{(p_1 - p_2)\cdot q}{2 \pi}

Einzelnachweise

  1. Alfred Recknagel: Physik - Mechanik, Verlag Technik, Berlin, 1955, S.181
  2. Alfred Recknagel: Physik - Mechanik, Verlag Technik, Berlin, 1955, S.182
  3. Alfred Recknagel: Physik - Mechanik, Verlag Technik, Berlin, 1955, S.176
  4. Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 1, Springer 2011, ISBN 978-3-642-12947-6, Seite 63
  5. Unterscheidung des Momentenvektors vom Kraftvektor durch eine doppelte Pfeilspitze [1]

Literatur

Weblinks

 Commons: Drehmoment – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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