Moostierchen

Moostierchen
Moostierchen
Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur

Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur

Systematik
Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa)
Abteilung: Gewebetiere (Eumetazoa)
Unterabteilung: Bilateria
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Überstamm: Lophotrochozoen (Lophotrochozoa)
Stamm: Moostierchen
Wissenschaftlicher Name
Bryozoa
Klassen

Moostierchen (Ectoprocta (Gr.: mit äußerem After)), auch Bryozoa oder Polyzoa genannt, sind vielzellige Tiere, die im Wasser leben. Aufgrund ihrer mikroskopischen Größe sind Einzeltiere schwer auszumachen, ausgedehntere Kolonien sind aber leicht als flächige Struktur, zum Beispiel auf angeschwemmtem Seetang, zu erkennen.

Moostierchen gehören zu den Lophotrochozoen, also einer Großgruppe der Urmünder (Protostomia). Ihr genaues Verwandtschaftsverhältnis zu anderen Lophotrochozoa-Stämmen ist zurzeit unklar. Weder die häufig vermutete Beziehung zu den Kelchwürmern (Entoprocta), noch zu den Hufeisenwürmern (Phoronida) und Armfüßern (Brachiopoda) konnte durch molekulargenetische Testmethoden bestätigt werden. In älteren Lehrbüchern findet man sie aber oft mit den Phoronida und Brachiopoda zum Stamm der Tentaculata vereinigt.

Inhaltsverzeichnis

Bau

Anatomie eines Moostierchens

Moostierchen bilden meist Kolonien (Zoarium) aus mehreren Einzeltieren (Zooiden). Das einzelne Zooid besteht aus einem Weichkörper und einer schützenden Schale, dem es umgebenden, extrazooidalem, Skelett (Zooecium). Der Weichkörper besteht aus dem Polypid (= Vorderkörper; frei bewegliche Teile) und dem Cystid (= Hinterkörper; in den das Polypid mittels Rückziehmuskeln komplett eingezogen werden kann). Das Polypid wird aus dem Cystid gebildet. Das Verdauungssystem ist in Mund, Mitteldarm, Enddarm und After gliedert. Der After ist dabei nicht endständig, sondern kommt durch den U-förmigen Darm in der Nähe des Mundes außerhalb des Tentakelkranzes (Lophophor genannt) zu liegen. Den Mund umgeben Tentakel, die auf einem kreisförmigen oder zweiteiligen Lophophor sitzen. Die Darmkanäle der Einzeltiere stehen nicht wie bei den Nesseltierkolonien miteinander in Verbindung.

Innerhalb der Kolonien kommt es zu Arbeitsteilungen. Stark rückgebildete Tiere bilden Stielglieder, Ranken oder Wurzelfäden. Andere Einzeltiere bilden Geschlechtszellen, wieder andere werden zu Ammentieren oder zu vogelkopfähnlichen Avicularien oder Vibrakularien, die das Festsetzen von Fremdorganismen auf der Kolonie verhindern. Bei den spezialisierten Tieren der Kolonie sind sowohl die Tentakelkrone als auch meist der Darm zurückgebildet.

Fortpflanzung und Entwicklung

Die Tiere können sich geschlechtlich oder ungeschlechtlich fortpflanzen.

Geschlechtliche Fortpflanzung

Aus der geschlechtlichen Fortpflanzung gehen zwei verschiedene Typen von Larven hervor: Die als Cyphonaut bezeichnete planktotrophe Larve stellt die "primitive" Form dar. Sie ernährt sich über Wochen oder sogar Monate hinweg von Nahrungspartikeln im Plankton. Die lecitothrophe Larve setzt sich schon nach einigen Stunden mit der Ventralfläche fest. Durch Metamorphose entsteht Ancestrula, die ersten 1-6 Zooide einer neuen Kolonie. Darauf folgt dann die ungeschlechtliche Fortpflanzung, durch welche die Kolonie weiter wächst.

Ungeschlechtliche Fortpflanzung

Die ungeschlechtliche Fortpflanzung geschieht durch Knospen, ähnlich wie bei einer Pflanze, die bei den Süßwasserarten als Statoblasten bezeichnet werden. Dadurch können große Kolonien entstehen. Die durch ungeschlechtliche Fortpflanzung entstandenen Zooide innerhalb einer Kolonie sind folglich Klone, genetisch identische Nachkommenschaft der Ursprungs-Larve.

Vorkommen

Es sind heute ca. 5.600 rezente und 16.000 fossile Arten von Moostierchen in Süß- und Salzwasser beschrieben. Die Klasse der Süßwassermoostierchen (Phylactolaemata) umfasst alle limnischen Arten.

In der Geologie haben sie aufgrund der weiten Verbreitung seit dem Ordovizium (Cyclostomata und Ctenostomata) eine hohe Bedeutung als Leitfossilien und für stratigraphische Bestimmungen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Über 125 Arten verursachen durch starkes Wachstum Schäden bzw. Unterhaltungskosten an Schiffen, Hafenanlagen und wasserwirtschaftlichen Anlagen (z. T. auch im Süßwasser).

Andererseits produzieren Bryozoen chemische Wirkstoffe, die hinsichtlich ihrer Wirkung Gegenstand medizinischer Forschung sind, darunter das mögliche Antikrebsmittel Bryostatin 1.

Weblinks

 Commons: Moostierchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weiterführende Literatur

  • Hayward, P.J., & Ryland, J.S., 1999: Cheilostomatous Bryozoa. Part 2. Hippothoidea - Celleporoidea. Synopses of the British Fauna (New Series), 14: 1-416, (Barnes, R.S.K., & Crothers, J.H., editors). Field Studies Council, Shrewsbury.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Moostierchen — (Bryozōen, Bryozoa ectoprocta oder Polyzoa), mikroskopisch kleine, aber meist zu ansehnlichen Kolonien vereinigte Tiere, die früher zu den Mollusken, später zu den Würmern gestellt wurden und die man jetzt mit den Brachiopoden und Entoprocta als… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Moostierchen — Moostierchen, Bryozoen (Bryozōa), Klasse der Molluskoiden, kleine (meist 1 5 mm lange), polypenähnliche, teils im Meere, teils im Süßwasser lebende, fast ausnahmslos festsitzende, bäumchen oder moosförmige Tierchen, die auf fremden Gegenständen… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Moostierchen — ↑Bryozoon …   Das große Fremdwörterbuch

  • Moostierchen — Moos|tier|chen 〈n. 14; Zool.〉 Angehöriges einer Klasse der Tentakeltiere, mikroskopisch kleiner, festsitzender Wasserbewohner, bildet fast ausschließlich pflanzenähnliche Kolonien, die Steine, Stängel usw. im Wasser moosartig überziehen: Bryozoa; …   Universal-Lexikon

  • Moostierchen — samangyviai statusas T sritis ekologija ir aplinkotyra apibrėžtis Smulkūs vandenų bestuburiai, kurių kolonijos atrodo kaip samanos (Bryozoa). Paplitę jūrose, rečiau gėluose vandenyse. Kūno ilgis iki 1 mm. Dauguma rūšių sėslios, gyvena įvairiame… …   Ekologijos terminų aiškinamasis žodynas

  • Bryozoa — Moostierchen Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur Systematik Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa) …   Deutsch Wikipedia

  • Bryozoe — Moostierchen Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur Systematik Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa) …   Deutsch Wikipedia

  • Bryozoen — Moostierchen Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur Systematik Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa) …   Deutsch Wikipedia

  • Ectoprocta — Moostierchen Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur Systematik Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa) …   Deutsch Wikipedia

  • Polyzoa — Moostierchen Moostierchen, aus Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur Systematik Reich: Vielzellige Tiere (Metazoa) …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”