Multilaterales Abkommen über Investitionen

Multilaterales Abkommen über Investitionen

Das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) hätte in den Unterzeichnerstaaten direkte Auslandsinvestitionen fördern sollen. Dazu hätten die Rechte internationaler Investoren umfassend gestärkt werden sollen.

Der Investitionsschutz im Rahmen des MAI wurde von der OECD erarbeitet und wäre über den von der Welthandelsorganisation gewährten Investitionsschutz hinausgegangen. Das MAI sollte auch Nicht-OECD-Mitgliedern offen stehen.

1995 begannen die Verhandlungen zu diesem Abkommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. 1997 wurden die Verhandlungen durch eine Indiskretion bekannt. Aufgrund des sich daraufhin formierenden Widerstands wurden die Verhandlungen zunächst ausgesetzt. Im Dezember 1998 scheiterten sie am Widerstand Frankreichs. Trotz des offiziellen Scheiterns wurden viele MAI-Ideen seitdem in die Regelwerke der großen Wirtschaftsgemeinschaften der Welt aufgenommen. Mit der (gescheiterten) EU-Verfassung hätten die Regelungen in Europa Verfassungsrang bekommen.

Inhaltsverzeichnis

Kernpunkte des MAI

  • Transparenz: Veröffentlichung von Gesetzen und Regelungen, die Investments betreffen
  • Meistbegünstigungsklausel: Investoren und Investments eines MAI-Mitglieds dürfen nicht schlechter gestellt werden als die eines anderen MAI-Mitglieds
  • Auflagen an Regelungen: bestimmte Regelungen für Investoren, wie Beschäftigung einheimischer Arbeitnehmer, "local content"-Regeln, Mindestquoten für den Export von Gütern oder Verpflichtungen zum Technologietransfer, sollen untersagt sein
  • Enteignungen: Dürfen nur im öffentlichen Interesse und im Zusammenhang mit sofortiger, angemessener Entschädigung vorgenommen werden. Als Enteignung werden auch nationale Umwelt- und Sozialabgaben verstanden.
  • Verbot staatlicher Betätigung: Die Interessenvertretungen der Bürger, Nationalstaat und dessen administrative Teilorganisationen, dürfen keinerlei wirtschaftliche Betätigung ausüben.
  • Gewinntransferierung: Kapital, Dividenden und Gewinne dürfen abgabenfrei zwischen den MAI-Mitgliedsländern transferiert werden.
  • Staatshaftung: Nationalstaaten haften für alle Vermögensschäden der Investoren, die aufgrund von Protesten und Unruhen entstehen. Schadensersatzpflicht besteht ferner für Mindererlöse durch nationale Gesetze oder Verordnungen, wenn in einem anderen Mitgliedsland des MAI diese Gesetze nicht bestehen.
  • Konfliktlösungsmechanismus: In Konfliktfällen entscheidet ein autarkes Entscheidungsgremium. Entscheidungen müssen nicht begründet werden, die Nationalstaaten haben kein Recht auf Akteneinsicht.

Ausnahmen

  • Grundsätzliche Ausnahmen: nationale Sicherheit und Maßnahmen zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems
  • Zeitlich begrenzte Schutzmaßnahmen: Maßnahmen zur Reaktion auf Zahlungsbilanzschwierigkeiten
  • Länderspezifische Ausnahmen: Ausgehandelt durch die Mitglieder des MAI erlauben sie es jedem einzelnen Land, an bestimmten Regelungen und Gesetzen festzuhalten, die dem Abkommen widersprechen

Ungeklärte Standpunkte

  • Ausnahmen von der Liberalisierung: Z.B. Ausnahme von der Meistbegünstigungsklausel betreffend Regeln, die Länder in Wirtschaftsunionen haben; Ausnahmen im Bereich Kultur
  • Arbeitsschutzbestimmungen: Ob es explizit verboten werden soll, Arbeitsschutzbestimmungen abzusenken, um Investitionen anzuziehen; ob international anerkannte Arbeitsschutzbestimmungen explizit in das MAI aufgenommen werden sollen
  • Umweltschutz: Wie ist zu gewährleisten, dass das MAI die Mitgliedsländer nicht davon abhält, nationale Umweltschutzmaßnahmen umzusetzen, die den Wert ausländischer Investments senken
  • Behandlung widerstreitenden nationalen Rechts

Kritik

Das MAI hätte in der diskutierten Form die Einschränkung der staatlichen Souveränität bedeutet, für Deutschland auch die der Länder und der Kommunen. Internationalen Konzernen wäre ein Klagerecht vor internationalen Streitschlichtungsgremien eingeräumt worden, das selbst Staaten nicht besitzen.

Die Grundthese des MAI, dass freier Wettbewerb zum höchstmöglichen gesamtgesellschaftlichen Nutzen führe, wird oft von Globalisierungskritikern bestritten. Die Kritiker weisen darauf hin, dass Deregulierung im Sinne der MAI-Gedanken Anbieteroligopole und -monopole auch dort schafften, wo sie aufgabenbedingt kontraproduktiv seien. In Wirtschaftsbereichen, die nur monopolistisch zu betreiben seien, würden Staatsmonopole in Konzernmonopole ohne demokratische Kontrollinstanz umgewandelt. Den Bereich der Daseinsvorsorge und Umwelterhaltung würden die Marktteilnehmer ohne staatliche Intervention ihren kurz- und mittelfristigen Interessen unterordnen.

Befürworter eines von staatlichen Regulierungen freien Marktes teilen die Kritik der Globalisierungskritiker insofern, als häufig während Privatisierungen lediglich Staatsmonopole in Konzernmonopole umgewandelt wurden, anstatt einen tatsächlichen freien Markt zu etablieren. Sie gehen jedoch im Unterschied zu den Globalisierungskritikern davon aus, dass es grundsätzlich keine Wirtschaftsbereiche gebe, die nur monopolistisch zu betreiben seien (und dass daher prinzipiell die gesamte Wirtschaft privatisiert werden solle).

Siehe auch

Literatur

  • Lizenz zum Plündern. Das Multilaterale Abkommen über Investitionen MAI. Globalisierung der Konzernherrschaft – und was wir dagegen tun können. (Hrsg. Maria Mies, Claudia von Werlhof; mit weiteren Beiträgen von Carla Boulboullé, Tony Clarke, Martin Khor u.a.) zuerst 1999, EVA 2003, ISBN 3-434-46194-9
  • MAI: The Multilateral Agreement on Investment and the Threat to American Freedom. (mit Tony Clarke, Vorwort von Lori Wallach) Stoddart Pub., Canada 1998, ISBN 0773759794
  • Whose Trade Organization? Corporate Globalization and the Erosion of Democracy. Mit Patrick Woodall. Einleitung von Ralph Nader. The New Press, zuerst 2000, Neuauflage 2004. ISBN 1565848411
  • Jürgen Zattler: Das MAI aus entwicklungspolitischer Sicht. INEF-Report Nr. 35, 1999 Duisburg.

Weblinks

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