Nachrichtendienstliche Operation

Nachrichtendienstliche Operation

Verdeckte Operationen (nachrichtendienstlicher, politischer und militärischer Begriff, vom engl. Covert Operation) sind politische oder militärische Aktivitäten, die sowohl heimlich (zur Verschleierung der Identität des Urhebers) als auch verdeckt ablaufen, das heißt ihre Existenz wird vom Urheber bei Bedarf aktiv dementiert (= verdeckt). Sie werden in Situationen angewendet, in denen ein offenes Vorgehen nicht zum angestrebten Ziel führen oder den Erfolg der Maßnahme gefährden würde.

Informationserhebungen seitens der Exekutive im Vorfeld von verdeckten oder offenen Operationen bezeichnet man als verdeckte Ermittlung.

Inhaltsverzeichnis

Allgemein

Eine verdeckte Operation richtet sich meist gegen einen Staat oder eine Region, kann aber auch Ziele im eigenen Land betreffen, z. B. in einem politischen Krisengebiet. Gründe für die Wahl einer verdeckten Operation sind zum Beispiel, wenn die Ziele oder Methoden der Operation gegen bestehende Gesetze, parlamentarische Verbote oder internationales Recht verstoßen oder eine negative Berichterstattung in den eigenen Massenmedien oder denen des Ziellandes vermieden werden soll. Verdeckte Operationen sind ein klassisches Betätigungsfeld von Geheimdiensten. Bei Operationen mit militärischem Charakter kommen häufig Spezialeinheiten wie das deutsche Kommando Spezialkräfte (KSK), die US-amerikanische Delta Force, der britische Special Air Service (SAS) oder die russischen Speznas zum Einsatz.

Der wesentliche Unterschied zur klassischen nachrichtendienstlichen Spionage ist, dass nicht die Gewinnung von Informationen über das Zielland, sondern dessen aktive Manipulation im Mittelpunkt stehen. Verdeckte Operationen sind ein Instrument zur Durchsetzung der Interessen eines Staates, dessen Potenzial durch die Machtfülle der Akteure, große finanzielle Möglichkeiten und die faktische weitgehende Unabhängigkeit von Gesetzen und demokratischer Kontrolle immens ist. Dies drückt sich umgekehrt in häufig dramatischen Folgen für die betroffenen Zielländer oder Regionen und deren Bevölkerung aus (siehe z. B. Contra-Krieg gegen Nicaragua, Operation Condor).

Im englischen Sprachraum wird außerdem zwischen den Begriffen Covert action und Clandestine operation unterschieden. Dabei bezeichnet Covert action in Abgrenzung zum letztgenannten Begriff eine Aktion, bei der sich die Geheimhaltung insbesondere auf den Urheber der Aktion bezieht. Bei einer erfolgreich durchgeführten Verdeckten Aktion muss dieser in der Lage sein, einen Zusammenhang zu ihm selbst im Nachhinein glaubhaft zu bestreiten. Bei dem Begriff Clandestine Operation liegt die Betonung dagegen mehr auf der Geheimhaltung der gesamten Aktion als solcher.

Charakteristik

Eine typische verdeckte Operation ist die finanzielle oder logistische Unterstützung einer politischen Bewegung oder Gruppierung im Zielland, um darüber die eigenen Ziele durchzusetzen. Dies reicht von legaler Einflussnahme (z. B. Unterstützung für demokratische Oppositions-Gruppen) über die Diffamierung politisch missliebiger Personen oder Gruppen durch Desinformation und "Operative Informationen" bis hin zur Unterstützung von paramilitärischen oder Guerilla-Truppen und Terroristen und der Verfolgung einer Strategie der Spannung.

Es sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen politische Bewegungen und Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Radiosender oder Verlage von ausländischen Geheimdiensten gegründet, finanziert oder maßgeblich kontrolliert wurden, um auf diese Weise Einfluss auf das Zielland zu nehmen. Insbesondere die CIA war auf diesem Gebiet während des Kalten Kriegs sehr aktiv (siehe etwa CIA-Aktivitäten in Chile, Kongress für kulturelle Freiheit, Der Monat, Radio Free Europe).

Ein weiterer Fall ist die (legale) Unterstützung des Militärs in einem weniger entwickelten Zielland, etwa durch Ausbildungsprogramme und umfangreiche militärische Zusammenarbeit, um später eine politisch unerwünschte Regierung durch einen Militärputsch von verbündeten Offizieren entfernen zu lassen.

Typische verdeckte Operationen mit überwiegend militärischem Charakter sind die Befreiung von Geiseln im feindlichen Ausland, die Bekämpfung von Guerilla-Truppen oder des organisierten Drogenhandels.

Verdeckte Operationen werden auch gegen verbündete oder befreundete Staaten durchgeführt, etwa um deren Unterstützung oder die Vorgehensweise gegen einen gemeinsamen Feind zu sichern (siehe Gladio).

Grundelemente/Typologie verdeckter Operationen

Schwarze Operationen

Verdeckte Operationen, die gravierende Verstöße gegen Gesetze oder ethische Grundsätze umfassen, werden im allgemeinen unter extremer Geheimhaltung durchgeführt. Der englische Fachausdruck für solche Operationen ist Black Operation oder Black Op, was im deutschen als Schwarze Operation übersetzt wird. Methoden einer schwarzen Operation können zum Beispiel Mord, Entführungen, Folter, das Verschwindenlassen von Personen, das Inszenieren von Terroranschlägen im eigenen Land, die illegale systematische Bespitzelung von Bürgern des eigenen Staates oder die illegale Unterstützung bewaffneter Widerstands- oder Terrorgruppen in anderen Ländern sein.

Einige Staaten wie Argentinien, Südafrika oder El Salvador haben sogenannte schmutzige Kriege gegen Teile der eigenen Zivilbevölkerung geführt, die zahlreiche Charakteristika schwarzer Operationen aufwiesen. Es wurden auch von westlichen Regierungen initiierte schwarze Operationen bekannt, etwa die spanischen Grupos Antiterroristas de Liberación der 1980er Jahre, die als Strategie der Spannung bekannt gewordenen Vorgänge in Italien oder bestimmte Praktiken der britischen Sicherheitskräfte während des Nordirlandkonflikts.[1][2][3]

Rechtliche Aspekte und Folgen

Verdeckte Operationen sind in Friedenszeiten eines der wenigen Mittel, unter Umgehung der Souveränität eines Staates direkt auf dessen innere Angelegenheiten Einfluss zu nehmen. Die eingesetzten Methoden verstoßen häufig sowohl gegen das nationale Recht des ausführenden als auch das des Zielstaates sowie gegen Internationales Recht, was die Notwendigkeit der Geheimhaltung umso dringlicher erscheinen lässt. Wird eine verdeckte Operation aufgedeckt, führt dies in manchen Fällen zu ernsten diplomatischen Krisen zwischen den betroffenen Staaten.

Öffentliche Wahrnehmung

Verdeckte Operationen bilden ein etabliertes und regelmäßig angewandtes, wenn auch sehr kontroverses Instrument der Außenpolitik zahlreicher Staaten. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass sie im Vergleich zu ihrer Bedeutung in der Berichterstattung der Medien und damit der öffentlichen Wahrnehmung deutlich unterrepräsentiert sind. Die amerikanische Regierung entwickelte zur Verschleierung der Operationen ihrer Geheimdienste das Konzept der Glaubhaften Bestreitbarkeit (engl. plausible deniablity), siehe auch Desinformation.

Aufgedeckte Operationen eines verbündeten Staates werden von der Regierung des betroffenen Staates gegenüber der eigenen Bevölkerung häufig so weit wie möglich verheimlicht oder verharmlost, um die ohnehin angespannten Beziehungen nicht durch einen Aufruhr der öffentlichen Meinung weiter zu belasten.

Bekannte Akteure

Zahlreiche Geheimdienste haben Abteilungen, deren offizielle Aufgabe die Durchführung verdeckter Operationen ist.

Die CIA und das Verteidigungsministerium der USA (Pentagon) sind zwei der bekanntesten Organisationen, die systematisch und mit offiziellem Auftrag verdeckte Operationen betreiben, siehe dazu auch Liste von US-Interventionen im Ausland. Der ehemalige sowjetische KGB und das Ministerium für Staatssicherheit der DDR führten ebenfalls zahlreiche verdeckte Operationen durch, der entsprechende Begriff lautete „Aktive Maßnahmen“. Weitere bekannte Akteure sind der britische MI6, der französische DGSE und der israelische Mossad (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

Dem deutschen Bundesnachrichtendienst sind verdeckte Operationen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich verboten. Es sind allerdings einige Fälle bekannt, in denen der BND gegen dieses Verbot verstoßen hat.

Beispiele

BND

  • Journalisten-Skandal - Überwachung BND-kritischer deutscher Journalisten
  • Plutonium-Affäre - Organisation eines Scheingeschäfts, das den Transport von Plutonium in einer Lufthansa-Passagiermaschine zur Folge hatte. Ziel war, die Gefahren des Schmuggels von Nuklearmaterial zu dramatisieren und politisch auszuschlachten.
  • Gladio - Aufbau und Unterstützung des deutschen Zweigs einer Geheimarmee, die maßgeblich von NATO und CIA gesteuert wurde

CIA

DGSE

  • Versenkung des Greenpeace-Schiffes Rainbow Warrior und Tötung eines Greenpeace-Mitglieds 1985 durch einen Sprengsatz, den zwei französische Agenten in einem neuseeländischen Hafen anbrachten. Greenpeace führte zu dieser Zeit eine intensive Kampagne gegen die französischen Atomtests auf dem Mururoa-Atoll im Südpazifik.

KGB

  • vermutet: Inszenierung des Mordanschlags auf Papst Johannes Paul II. mit Hilfe des bulgarischen Geheimdiensts, um den Einfluss des polnischstämmigen Papstes auf den politischen Wandel in Osteuropa zu beenden (siehe Solidarność)
  • Verhinderung des Baus und der Stationierung der Neutronenbombe in der NATO durch finanzielle und logistische Unterstützung der Friedensbewegung im Westen (erfolgreich)
  • Verhinderung der Stationierung der im NATO-Doppelbeschluss beschlossenen Stationierung von Pershing II Mittelstreckenraketen in Westeuropa (erfolglos)

MfS

Andere Nachrichtendienste

Zitate

Staaten haben keine Moral, sondern Interessen.

Winston Churchill

Deception is a state of mind and the mind of the state.“ (übersetzt etwa: Täuschung ist ein Zustand des Geistes und der Geist des Staates)

James Jesus Angleton, Leiter der Abteilung für Spionageabwehr der CIA von 1954 bis 1974. [4]

Weiterführende Informationen

Interne Verweise

Literatur

  • Christopher Andrew, Wassili Mitrochin: The KGB in Europe and the West. The Mitrokhin Archive. Penguin Books, Juli 2000, ISBN 0140284877
  • Andreas von Bülow: Im Namen des Staates - CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste. Piper, Mai 2000, ISBN 3492230504
  • Daniele Ganser: Nato's Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe. Frank Cass, London 2005, ISBN 0714685003
  • William Fowler: SAS Behind Enemy Lines: Covert Operations 1941-91. HarperCollins, Mai 2005, ISBN 0007199902
  • Regine Igel: Terrorjahre. Die dunkle Seite der CIA in Italien. Herbig, München 2006, ISBN 3-77662-465-5
  • John Prados: Presidents' Secret Wars: CIA and Pentagon Covert Operations from World War II Through the Persian Gulf War. Ivan R. Dee Publisher, April 1996, ISBN 1566631084
  • Christof Mauch, Jeremiah Riemer: The Shadow War Against Hitler: The Covert Operations of America's Wartime Secret Intelligence Service. Columbia University Press, Juni 2005, ISBN 0231120451
  • J. Patrice McSherry: Predatory States: Operation Condor and Covert War in Latin America. Rowman & Littlefield Publishers, Juni 2005, ISBN 0742536874
  • Stiff, P. The Covert War: Koevoet Operations in Namibia 1979-1989, Galago Publishing Pty Ltd, 2000. ISBN 1-919854-03-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://cryptome.org/stevens-3.htm
  2. Britain's dirty war; Northern Ireland.(Security forces and murder in Northern Ireland). In: The Economist. 26. April 2003. Abgerufen am 9. Januar 2009.
  3. Charles M. Sennott: Reconciling a dark past. British government accused in lawyer's slaying. In: The Boston Globe. 7. Juli 2003. Abgerufen am 9. Januar 2009.
  4. Gladio. Part 1 – The Ring Masters. Fernsehdokumentation der BBC über Gladio aus der Serie Timewatch, 1992, Vorspann

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