Name-des-Vaters

Name-des-Vaters

Der Name-des-Vaters (fr. Nom-du-Père) ist in der Theorie des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan ein Signifikant, der die Konsistenz der Gesetze der symbolischen Ordnung garantiert. Jedes Gesetz, so Lacan, spricht immer schon „im Namen des Vaters“ und verdankt diesem seine Autorität.

Als in den 1950er Jahren der Begriff zum ersten Mal in Lacans Werk auftaucht (damals noch kleingeschrieben), bezeichnet er die verbietende Rolle des Vaters, der im Ödipuskomplex das Inzesttabu verhängt und durch die Kastrationsdrohung durchsetzt. Der Begriff nom du père spielt deshalb mit dem Homophon non du père (frz. für ‚Nein des Vaters‘).[1]

Im Seminar III: Die Psychosen (1955–56) schreibt Lacan den Ausdruck zum ersten Mal groß und versieht ihn mit Bindestrichen; gleichzeitig präzisiert und verallgemeinert er ihn im Sinne eines „Herrensignifikanten“. Der Name-des-Vaters wird nun der „fundamentale Signifikant“,[2] der bezüglich des Subjekts eine konstitutive Funktion erfüllt, ihm Identität verleiht, und es ihm ermöglicht, einen festen Platz in der symbolischen Ordnung (der Familie und der Gesellschaft) einzunehmen. Die „Verwerfung“ dieses Signifikanten aus der symbolischen Ordnung des Subjekts führt, so Lacan, zur Psychose.

Der Begriff „Name-des-Vaters“ ist nicht wörtlich zu verstehen. Der Träger des ödipalen Neins und des Gesetzes muss nicht zwangsläufig der reale Vater sein, es handelt sich hier vielmehr um die väterliche Funktion, um den symbolischen Vater, dessen struktureller Platz auch von anderen Personen (Mutter, Geschwister, Erzieher) oder Institutionen eingenommen wird (Lehrer, Richter, Polizisten, Priester, politische und religiöse Führer, Psychoanalytiker, Gott, aber auch allgemeiner: soziale Normen, der große Andere). Lacan spricht deshalb auch oft von den Namen-des-Vaters in der Mehrzahl. Dazu schreibt Jacques-Alain Miller: „Der Vater hat keinen Eigennamen. Dies ist keine Figur, dies ist eine Funktion. Der Vater hat ebenso viele Namen, wie sie [d.h. die Funktion] Träger hat.“[3]

Auch ist die berühmte Kastrationsdrohung, die im Namen des Vaters ausgesprochen wird, nicht wörtlich zu verstehen als ausgesprochene Drohung eines Vaters, sein Kind zu kastrieren. Nach Lacan ist es das Kind selbst, das diese Phantasie entwickelt, um sich das Nichtvorhandensein des weiblichen Penis zu erklären. Ebenso muss das Inzesttabu nicht explizit ausgesprochen werden, sondern geht indirekt aus der Abweisung des Begehrens des Kindes durch die begehrte Person hervor.

Siehe auch

Literatur

  • Jacques Lacan: Seminar III. Die Psychosen (1955-56), Weinheim/Berlin: Quadriga 1997
  • Jacques Lacan: Namen-des-Vaters, Wien: Turia + Kant 2006, ISBN 3851324501
  • Dylan Evans: Wörterbuch der Lacanschen Psychoanalyse, Wien: Turia + Kant 2002

Einzelnachweise

  1. Michel Foucault, 1962 in der Zeitschrift Critique über Hölderlin et la question du père von Jean Laplanche, 1961
  2. Evans, Wörterbuch der Lacanschen Psychoanalyse, S. 197
  3. Lacan: Namen-des-Vaters, Klappentext

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Name des Vaters — Der Name des Vaters (fr. Nom du Père) ist in der Theorie des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan ein Signifikant, der die Konsistenz der Gesetze der symbolischen Ordnung garantiert. Jedes Gesetz, so Lacan, spricht immer schon „im Namen… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesetz des Vaters — Der Name des Vaters (fr. Nom du Père) ist in der Theorie des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan ein Signifikant, der die Konsistenz der Gesetze der symbolischen Ordnung garantiert. Jedes Gesetz, so Lacan, spricht immer schon „im Namen… …   Deutsch Wikipedia

  • Namen-des-Vaters — Der Name des Vaters (fr. Nom du Père) ist in der Theorie des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan ein Signifikant, der die Konsistenz der Gesetze der symbolischen Ordnung garantiert. Jedes Gesetz, so Lacan, spricht immer schon „im Namen… …   Deutsch Wikipedia

  • Nein des Vaters — Der Name des Vaters (fr. Nom du Père) ist in der Theorie des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan ein Signifikant, der die Konsistenz der Gesetze der symbolischen Ordnung garantiert. Jedes Gesetz, so Lacan, spricht immer schon „im Namen… …   Deutsch Wikipedia

  • Im Namen des Vaters (Film) — Filmdaten Deutscher Titel Im Namen des Vaters Originaltitel In the Name of the Father …   Deutsch Wikipedia

  • Der Name des Windes — ist ein ursprünglich als Einzelband ausgelegter Fantasyroman des amerikanischen Schriftstellers Patrick Rothfuss aus dem Jahr 2007 (deutsche Erstauflage 2008). Der Roman wurde nachträglich als erster Band der so genannten Königsmörder Chroniken… …   Deutsch Wikipedia

  • Name — Name, allgemein jede Benennung, im engern Sinn als Eigenname (Nomen proprium) die Bezeichnung eines einzelnen Wesens oder Dinges zur Unterscheidung von andern gleicher Ga nun g, und zwar insbes. die eines menschlichen Individuums (Personenname).… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Name [1] — Name (lat. Nomen, griech. Onoma), ist dasjenige Wort, wodurch man ein Einzelwesen od. einen einzelnen Ort kennzeichnet zum Unterschied von andern, u. welches daher auch als Eigenname (Nomen proprium) dem grammatischen Kunstausdrucke Gemeinname… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Name — Name, als Bezeichnung einer einzelnen Person, findet sich bei allen Völkern, erscheint aber ursprünglich nie als Familien N., wie auch im Orient auch jetzt noch eigentlich nur Personen N.n vorkommen, wozu der N. des Vaters und wohl auch des… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Name — Name, Personenname, Wort zur Kennzeichnung eines Einzelwesens, Eigen N. (nomen proprĭum) im Gegensatz zu Gattungs N., Gemein N. oder Appellativ N. (nomen appellatīvum; Baum, Mensch u.a.). Die alten Griechen hatten keine Geschlechts N., doch war… …   Kleines Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”