Neulandhalle

Neulandhalle
Neulandhalle bei Friedrichskoog

Die Neulandhalle bei Friedrichskoog im Kreis Dithmarschen/Schleswig-Holstein) liegt in der Nachbarschaft zu Dieksanderkoog und ist ein im Jahr 1935 – nach dem Deichschluss des Dieksander-Kooges (damals: Adolf-Hitler-Koog) – errichtetes Gemeinschaftshaus für die neu angesiedelten Landwirte und ihre nationalsozialistische Schulung.[1] 1971 erwarben die beiden evangelischen Kirchenkreise Norder- und Süderdithmarschen dieses Haus als „Evangelisches Jugend- und Freizeitzentrum Neulandhalle“.

Inhaltsverzeichnis

Bau und frühere Bestimmung

1935 war der Grundstein für das Haus nach dem Deichschluss des Dieksander-Kooges gelegt worden. Ein gutes Jahr später erfolgte die Einweihung des Gemeinschaftshauses für die angesiedelten Landwirte und für nationalsozialistische Schulungen.

Das Haus war ausgesprochen als „Anti-Kirche“ gedacht und erinnert an einen Haubarg. Neben der Halle war ein freistehender Glockenturm gezimmert. Die evangelische Kirche war in Sichtweite. Auf kahlem Vorlandhügel erhob sich das Gebäude. Bäume gab es noch nicht. Noch heute ist der Kollossalstil der damals herrschenden Architektur sichtbar.

Durch einen niedrigen, dunklen Eingangsbereich betrat man die Halle, deren in Stufen sich erhöhende Decke einen erhebenden Eindruck vermitteln sollte. An den Wänden waren in plattdeutscher Sprache Sinnsprüche zu lesen wie: „De nie wull dieken, mut wieken“ („Wer nicht deichen will, der muss weichen“).

An der Stirnseite der Halle zog ein großer offener Kamin den Blick auf sich, über dem noch heute Schwert und Ähren als Symbole auf ein vergangenes Reich hinweisen. Rechts und links daneben befanden sich Fresken, die kraftstrotzende Menschen monumental im Stil der damaligen Zeit in für diese Gegend typischen Tätigkeiten darstellen, z. B. den Hausbau und Deichbau sowie Säemann und Schnitterin für Saat und Ernte (Maler Otto Thämer, Hamburg).

Nutzung in der Nachkriegszeit

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die Halle auch Lazarett und der Kreis Süderdithmarschen und die Deich- und Hauptsielverbände übernahmen 1945 die Trägerschaft für das Haus.

Zeitweise war die Neulandhalle eine Art Jugendherberge und für einige Jahre als Gaststätte verpachtet an die Eheleute (Heinrich) Söth, die Neulandhalle für ihre Krabbenbrote berühmt machten. Durch Möblierung und Ausstattung (es waren zahlreiche ausgestopfte Tiere zu sehen) machte die Halle einen zugleich gemütlichen, aber auch etwas mystischen Eindruck.

Eine Neulandhalle der Kirche: „Ev. Jugend- und Freizeitzentrum“

Aktuelles Foto der Neulandhalle

1971 erwarben die beiden Dithmarscher Propsteien (heute: Kirchenkreise) Süderdithmarschen und Norderdithmarschen die Neulandhalle als Stätte für ihre Jugendarbeit. Die Pröpste Walter Pareigis, Meldorf, und Uwe Steffen, Heide, unterstützten den damaligen Süderdithmarscher Jugendpastor Klaus Jürgen Horn, Nordhastedt, bei diesem Vorhaben.

Am Buß- und Bettag 1973 wurde die Neulandhalle dieser neuen Bestimmung entsprechend eingeweiht und ist bis heute eine „Neulandhalle“ geblieben. Das Haupthaus bietet seitdem in Ein- bis Vier-Bettzimmern auf drei Etagen 36 Gästen Platz; außerdem enthält es die Küche, die alle Häuser versorgt. Für die Mitarbeiter wurde 1974 ein Mitarbeiterhaus errichtet.

Ab 1978 gab es dann das Freizeithaus mit 28 Plätzen, erbaut mit Hilfe eines Programmes zur Konjunkturförderung. Auf dem großen Gelände wurden zusätzlich während des Sommers Zelte aufgebaut, was - wegen des unbeständigen Wetters - zugunsten von fünf festen Zeltdachhäuser und einem Gruppenhaus aufgegeben wurde.

Insgesamt können in der Hauptsaison etwa 100 Gäste und durch die Dreiteilung der Anlage sogar drei verschiedene Gruppen parallel beherbergt und bewirtet werden. Der alte Stall wurde zur Freizeitscheune ausgebaut, später auch beheizbar und erweitert. Die Wege wurden befestigt und eine vollbiologische Kläranlage eingerichtet. Der Plan, als erste Einrichtung im Koog eine Windmühle zu bauen, zerschlug sich aus umweltpolitischen und finanziellen Gründen.

Investitionen für die Jugend

Im Laufe der ersten 10 Jahre investierte die Kirche über 2 Mio DM in diesen Bereich ihrer Jugendarbeit, in deren Genuss nicht nur kirchliche Gruppen (Jungscharen, Konfirmandengruppen, Chöre, Posaunenbläser usw.) kamen, sondern auch Kindergartengruppen und Schulklassen, Jugendgruppen aus südlichen und östlichen Bundesländern sowie Theater- und andere Musikgruppen.

Nach über 25 Jahren Betrieb war dann im Jahr 2000 eine weitere große Renovierung des Haupthauses und des Freizeithauses erforderlich geworden. Für etwa 450.000 DM, von denen auch ein Großteil durch den Erlös aus dem Verkauf von Wohlfahrtsmarken der Deutschen Jugendhilfe eingeworben werden konnte, wurden die sanitären Einrichtungen zeitgemäß verbessert.

Bewirtschaftung

Logo der Neulandhalle

Mit der Verwaltung der Neulandhalle wurde ein achtköpfiges Kuratorium beauftragt, zu denen die jeweiligen Jugendwarte, Vertreter aus den Kirchenkreisvorständen und an der Jugendarbeit interessierte Mitchristen gehörten.

In den letzten Jahren wurden ca. 9.000 Übernachtungen im Jahr verzeichnet. Anfang der neunziger Jahre gründeten die Kirchenkreise einen Verein, der die Neulandhalle seitdem als gemeinnütziger Verein betreibt. Für die Ausgaben stehen nur die Einnahmen aus Übernachtung und Verpflegung zur Verfügung, zur Bauunterhaltung müssen Spenden gesammelt werden. Im Januar 2011 erklärte der Eigentümer, dass er die Neulandhalle wirtschaftlich nicht mehr betreiben kann. Ihr drohte der Abriss.[2] Inzwischen ist dort ein Informationszentrum geplant, für das auch die alten Embleme reproduziert werden sollen.[3]

Literatur

  • Frank Trende: Neuland! war das Zauberwort. Neue Deiche in Hitlers Namen, Heide: Boyens Buchverlag, 2011, ISBN 9783804213401

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lars Amenda: Die Einweihung des „Adolf-Hitler-Koogs“ am 29. August 1935 – Landgewinnung und Propaganda im Nationalsozialismus. In: Dithmarscher Landeszeitung. 29. August 2005, abgerufen am 7. März 2010.
  2. Der Neulandhalle droht der Abriss
  3. Vgl. Wo die Verführungskraft der Nazis sichtbar wird, in Kieler Nachrichten, 5. November 2011
53.9677777777788.9063888888889

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