Heimatschutzarchitektur

Heimatschutzarchitektur
Freudenstädter Marktplatz von 1950
Gartenstadtarchitektur in der Siedlung in Lohfelden
Die Neulandhalle auf dem Dieksanderkoog von 1935 ahmt die Form eines Haubargs nach, war nationalsozialistische Schulungsstätte, ist heute evangelisches Jugendzentrum.

Die Heimatschutzarchitektur (auch Heimatschutzstil; modern und fälschlich manchmal auch Heimatstil, nicht zu verwechseln mit Heimatstil im Sinne des Späthistorismus) ist ein Architekturstil der architektonischen Moderne, der 1904 erstmals beschrieben wurde und bis 1945 seine Blüte hatte. Wesentliche Arbeitsfelder waren Siedlungsbau, Hausbau, Gartenkunst, Industriebau, Kirchenbau und Denkmalpflege.

Inhaltsverzeichnis

Kennzeichen und Zielsetzung

Äußerlich kennzeichnende Teile oder Elemente des Heimatschutzstils sind Verwendung ortsüblicher Baumaterialien (in Norddeutschland z. B. Backstein, im Alpenraum Holz) und im Gegensatz zum Historismus ein Verzicht auf verzierende Attribute, die ältere Baustile detailgetreu nachahmen. Elemente traditioneller Architektur, wie Rundbögen oder Säulen, konnten in reduzierter Form zur Anwendung kommen. Alle Bauwerke sollten in die bestehende Kulturlandschaft passen. Zwei zentrale architektonische und stadtplanerische Aufgaben, die im Sinne des Heimatschutzes ausgeführt wurden, waren der Wiederaufbau des zerstörten Ostpreußen nach dem Ersten Weltkrieg, unterstützt durch den Reichsverband Ostpreußenhilfe, sowie der Aufbau eines dichten Netzes von Reichspostämtern in Bayern.[1] Obwohl die Gebäude sich in ein traditionelles Umfeld einbetten wollen, bestechen sie häufig durch ihre Größe und Stilreinheit.

Historische Entwicklung und Verbreitung

1904 gründete sich in Dresden der Deutsche Bund für Heimatschutz. Sein Schwerpunkt lag vor allem im Bereich der Architektur, insbesondere der Baupflege mit dem Ziel, die alte Formensprache wiederaufzunehmen und traditionelle Bauweise und Handwerk zu fördern. Im Nationalsozialismus wurde die Heimatschutzarchitektur vor allem im Bereich des Wohnbaus bevorzugt. Im Siedlungsbau, einem der Hauptfelder des Heimatschutzes, wurden meistens einheitliche Normbauten errichtet, die allenfalls in der Dekoration regionale Elemente besaßen.[2] Repräsentative öffentliche Bauten wurden hingegen im Stil des monumentalen Neoklassizismus ausgeführt.

Nach 1945 verringerte sich die Bedeutung dieses Baustiles, weil er nicht klar von Bauweisen abgrenzbar erschien, die von Nationalsozialisten wie Hanns Dustmann favorisiert worden waren. Dabei stehen Teile der Heimatschutzarchitektur eher dem Backsteinexpressionismus eines Fritz Höger nahe, der zwischen 1933 und 1945 kaum noch Aufträge erhielt.

Weitere Theoretiker dieses Baustiles

Bauwerke

Beispiele

Literatur

  • Hans-Günther Andresen: Bauen in Backstein. Schleswig-Holsteinische Heimatschutz-Architektur zwischen Tradition und Reform. Zur Ausstellung der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek vom 2. Juli bis 27. August 1989. Boyens, Heide 1989 ISBN 3-8042-0475-9
  • Sabine Fechter: Heimatschutzbauten in Mainfranken: Entwicklungen und Wandlungen von Baupflege 1900–1975. Bad Windsheim 2006 ISBN 3-86568-089-5
  • Marco Kieser: Heimatschutzarchitektur im Wiederaufbau des Rheinlandes (Beiträge zur Heimatpflege im Rheinland, Band 4). Köln 1998
  • Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen im Nationalsozialismus: Bayern 1933–1945. München 1993 ISBN 3-7814-0360-2
  • Ernst Rudorff: Heimatschutz. 3. Aufl. Berlin 1904

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Harmut Frank: Typus oder Norm. In: Florian Aicher und Uwe Drepper (Hrsg.): Robert Vorhoelzer - Ein Architektenleben. Die klassische Moderne der Post. München: Callwey, S. 14-23.
  2. Winfried Nerdinger: Baustile im Nationalsozialismus: zwischen 'Internationalem Klassizismus' und Regionalismus. In: Winfried Nerdinger (Hrsg.): Architektur, Macht, Erinnerung. München, Prestel, S. 119-131. Hier S. 18.

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