- Artemisia II.
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Artemisia II. (griechisch Aρτεμισια; † 351/350 v. Chr.) war die älteste Tochter von Hekatomnos sowie Schwester und Gemahlin des persischen Satrapen und De-facto-Königs von Karien Mausolos von Mylasa.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Artemisia wuchs wohl am Hof ihres Vaters, des karischen Dynasten Hekatomnos, in Mylasa auf (erst Mausolos verlegte die Residenz nach Halikarnassos). Mausolos folgte 377 v. Chr. seinem Vater als Herrscher Kariens und konnte, obwohl er unter der Oberhoheit des persischen Königs stand, eine ziemlich unabhängige Machtstellung erlangen. Seine Schwestergemahlin Artemisia dürfte als Mitregentin fungiert haben. Dies scheint aus erhaltenen Inschriftenfragmenten von Verträgen und Dekreten hervorzugehen, wenn auch Mausolos der politisch eindeutig dominantere Partner war. So verlieh das Geschwisterpaar in einem gemeinsamen Erlass Knossos die Proxenie.[1]
Nach Mausolos’ Tod herrschte die kinderlose Artemisia zwei Jahre lang von 353/352 bis 351/350 v. Chr. allein über Karien.[2] Beim Regierungswechsel suchten sich die Rhodier von der Hekatomniden-Dynastie unabhängig zu machen und wollten sogar Halikarnassos erobern. Doch Artemisia ließ heimlich eine wohl ausgerüstete, mit Soldaten besetzte Flotte in einen versteckt gelegenen Hafen von Halikarnassos bringen, während die übrigen Bürger auf ihr Geheiß die im Haupthafen anlegenden Rhodier begrüßten und ihnen ihre Unterwerfung vortäuschten. Als nun die Rhodier in die Stadt eindrangen, lief Artemisia mit ihrer Flotte aus dem verborgenen Hafen aus und bemächtigte sich den von ihrer Mannschaft entblößten rhodischen Schiffen. Die an Land gegangenen Insulaner wurden besiegt und Artemisia fuhr mit deren Flotte nach Rhodos. Dort konnte sie ungehindert landen, weil die Einwohner glaubten, ihre Landsleute kämen siegreich zurück. So bekam Artemisia die Insel in ihre Gewalt und ließ vornehme Rhodier hinrichten sowie als Siegesdenkmal zwei Bildsäulen errichten. Deren Aufstellungsort umbauten die Rhodier später und machten ihn unzugänglich; er hieß daher Abaton.[3] Demosthenes drängte 351 v. Chr. in seiner 15. Rede Über die Freiheit der Rhodier zum Angriff auf Karien, um Rhodos zu befreien.
Durch eine Kriegslist gelang es Artemisia auch, das anscheinend abgefallene Herakleia am Latmos wieder unter ihre Herrschaft zu bringen. Nachdem sie die Stadt nicht gleich hatte einnehmen können, veranstaltete sie im nahegelegenen Hain der Göttermutter ein prachtvolles Fest, an dem zahlreiche Musiker mitwirkten. Das Schauspiel war offenbar derart grandios, dass die Einwohner aus ihrer Stadt zogen, um der Feier beizuwohnen. Daraufhin drangen die in einem Hinterhalt lauernden karischen Soldaten in das von Verteidigern entblößte Herakleia ein und eroberten es.[4] Gegenüber ihrem Oberherrn Artaxerxes III. blieb Artemisia dagegen in Fortsetzung des Kurses ihres verstorbenen Brudergemahls bei einer vorsichtigen Politik.[5]
Die Überlieferung betont Artemisias unvergleichliche Liebe zu ihrem Bruder und Gemahl sowie ihren großen Schmerz über dessen Verlust. Nach seinem Tod nahm sie der Legende nach seine Asche mit Wasser vermischt zu sich, um ihm ein lebendes Grab zu sein, und vollendete zu seiner ewigen Erinnerung nahezu das (nicht erhaltene) Mausoleum von Halikarnassos, das zu den sieben Weltwundern zählte. Zur Ausschmückung dieses berühmten Grabmals des Mausolos berief Artemisia die bedeutendsten griechischen Künstler. Sie richtete außerdem einen hochdotierten Redewettbewerb aus, bei dem lobende Nachrufe auf ihren verstorbenen Gatten gehalten werden sollten. Berühmte griechische Redner wie Theopompos, Naukrates von Erythrai und Theodektes nahmen daran teil, und angeblich sogar Isokrates. Als Gewinner dieses Agons ging Theopompos hervor. [6]
Vor Trauer um ihren geliebten Gemahl siechte Artemisia laut den antiken Quellen dahin und überlebte ihn nur um zwei Jahre. Nachfolger wurden ihre ebenfalls miteinander verheirateten Geschwister Idrieus und Ada.[7]
Literatur
- Walther Judeich: Artemisia 3). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 1441–1442.
- William S. Greenwalt: Artemisia II. In: Anne Commire (Hg.): Women in World History, Bd. 1 (1999), S. 509-514.
Weblinks
Commons: Artemisia II – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Jona Lendering: Artikel. In: Livius.org (englisch)
Anmerkungen
- ↑ William S. Greenwalt, Women in World History, Bd. 1, S. 510.
- ↑ Diodor 16, 36, 2; Strabo 14, 2, 17, p. 656.
- ↑ Vitruv, Über Architektur 2, 8, 14f.
- ↑ Polyainos 8, 53, 4.
- ↑ Demosthenes 15, 11.
- ↑ Aulus Gellius, Noctes Atticae 10, 18, 1-6; Strabo 14, 2, 16f., p. 656; Plinius, Naturalis historia 36, 30; Cicero, Tusculanae disputationes 3, 75; Suda, s. Theodektes und Isokrates; u. a.
- ↑ Diodor 16, 45, 7; Strabo 14, 2, 17, p. 656.
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