- Niedrigseilgarten
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Ein Seilgarten (in der Schweiz auch Seilpark) besteht aus mehreren Masten oder Bäumen, die durch verschiedene Elemente (Seilbrücken, Balken, etc) verbunden sind.
Befinden sich die Seile in einer Höhe, die eine Sicherung des Teilnehmers nötig macht, spricht man von einem Hochseilgarten. In Niedrigseilgärten werden die Seile in Absprunghöhe (i.d.R. unter einem Meter) gespannt. Sind die Elemente zwischen Bäumen gespannt, nennt man dies Waldseilgarten oder Naturhochseilgarten. In einigen Fällen werden Seilgärten als Klettergarten bezeichnet. Allerdings kommt es bei Seilgärten weniger auf Klettertechnik an, als vielmehr auf Schwindelfreiheit und Überwindung der eigenen Ängste.
Seilgärten können stationär als feste Installation oder mobil errichtet werden. Mobile Seilaufbauten werden häufig in der Jugendarbeit und der Erwachsenenbildung im Rahmen von Outdoor-Trainings eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Historischer Hintergrund
Der erste Seilgarten wurde 1875 in Frankreich errichtet und diente vor allem der physischen Herausforderung der Teilnehmer. Während des 2. Weltkrieges wurden Seilgärten als Hindernisparcours zum Training der körperlichen Fitness vom britischen Militär eingesetzt.
1941 setzte der deutsche Reformpädagoge Kurt Hahn Seilgärten als erlebnispädagogisches Element in dem von ihm gegründeten Outward Bound-Schulen ein.
Mitte der 60er Jahre setzten sich Seilgärten als zentrales Element von Outdoorseminaren in den USA durch. Darauf aufbauend entstanden auch in Deutschland zahlreiche erlebnispädagogische Seilgärten.
In den letzten Jahren setzten sich vor allem touristisch geprägte Seilgartenkonzepte, wie Kletterwälder und Abenteuerparks durch.
Formen von Seilgärten
Man kann Seilgärten nach folgenden Kriterien unterscheiden (nach ERCA):
- Standzeit der Anlage: permanent / temporär
- Beweglichkeit der Anlage: stationär / mobile
- Höhe der Elemente: hoch / niedrig
- Tragwerksystem: Masten / Bäume
- Nutzungskonzept: pädagogische Orientierung / touristische Orientierung
Des Weiteren lassen sich Seilgärten hinsichtlich der verwendeten Sicherungssysteme und der Anlagenbeanspruchung unterscheiden. Der Bau der Anlage hängt im Wesentlichen von den Nutzungskonzepten ab.
In Waldseilgärten wird vor allem auf eine baumschonende Installation geachtet. In den meisten Fällen werden die Plattformen nach dem Reibungsprinzip an den Baum gepresst. Bei der Befestigung der Übungselemente werden i.d.R. Baumschutzmäntel aus Holz oder Gummi verwendet, die ein Reiben der Seile an der Borke verhindern. Die Gefahr des Einwachsens von Plattformen und Seilen in den Baum kann durch regelmäßige Positionsänderung gemindert werden.
Nutzungskonzepte
Generell lassen sich zwei grundsätzliche Nutzungsformen unterscheiden:
- Pädagogisch orientierte Seilgärten
- Touristisch orientierte Seilgärten
Pädagogisch orientierte Seilgärten
Den klassischen Seilgärten liegt im Wesentlichen eine erlebnispädagogische Konzeption zugrunde. Der Fokus liegt dabei oftmals auf Teamtraining und/oder Persönlichkeitsentwicklung. Dabei werden vor allem Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit und positives Sozialverhalten sichtbar gemacht und gefördert.
Pädagogisch orientierte Seilgärten bedienen sich neben ausgesuchten hohen Elementen (siehe auch Übungen in Seilgärten) vor allem auch Niedrigseilelementen, die als Problemlöseaufgaben konzipiert werden und neben der Kommunikationskompetenz auch die Problemlösungskompetenz fördern.
Im individuellen Maßstab sind Seilgärten besonders dafür geeignet das Selbstvertrauen zu stärken und persönliche Ängste abzubauen. Seilgärten dieser Form werden im Wesentlichen in der Arbeit mit Jugendlichen als auch in der Erwachsenenbildung („Managementtrainings“) eingesetzt. Wichtige Erfolgsfaktoren sind die Fokussierung auf Kleingruppen, das Vorhandensein von erlebnispädagogisch geschultem Personal sowie eine Konzeption, die den Transfer des Erlebten in den Alltag sicher stellt.
Neben dem erlebnispädagogischen Ansatz können insbesondere Waldseilgärten als waldpädagogisches Element eingesetzt werden. So werden teilweise Waldseilgärten mit Waldlehr- und Walderlebnispfaden auf dem Boden angeboten. In ersten Ansätzen werden Waldseilgärten bereits als eigenständiges waldpädagogisches Element eingesetzt. So wurde im Haus des Waldes in Hundisburg ein Hochseilparcours gebaut, der die Perspektive eines Eichhörnchens erlebbar macht. Einen anderen Weg gehen sogenannte Höhenlehrpfade, die einen Hochseilparcours mit (teilweise auswechselbaren) Lehrtafeln ausrüsten und auf diese Weise über den Wald informieren. Ein erster Höhenlehrpfad wurde 2008 in Enzklösterle (Nordschwarzwald) eröffnet.
Touristisch orientierte Seilgärten
In den letzten Jahren wurden vor allem touristisch orientierte Konzeptionen, wie Kletterwälder oder Abenteuerparks in Deutschland realisiert. Dabei handelt es sich um größere Waldseilgärten, bei denen eine Vielzahl von künstlichen Hindernissen (Übungen) aus Seilen, Netzen und Holzelementen in unterschiedlichen Höhen in Bäumen installiert sind.
Durch eine sinnvolle Anordnung mehrerer solcher Hindernisse entstehen Parcours, bei deren Durchquerung viele Grundbewegungsformen wie Steigen, Hangeln, Balancieren, Halten, Rutschen und Gleiten gefordert werden. Als Grundmaterialien dienen Stahlseile, Holz in verschiedenen Variationen, Netze und Seile, die zu verschiedenen Bewegungsaufgaben kombiniert werden. Gut durchdachte Kletterwälder bestehen aus mindestens drei Routen mit jeweils 7-20 Übungen. Üblich sind mittlerweile jedoch Kletterwälder mit 70 und mehr Elementen.
Touristisch orientierte Seilgärten sind für den Durchsatz größerer Menschenmengen ausgelegt. Sie verfolgen i.d.R. keine spezielle pädagogische Konzeption, sondern sehen die individuelle, körperliche und auch psychische Herausforderung als Freizeitgestaltung im Vordergrund. Bei der Benutzung eines Kletterwalds ist weder spezielle körperliche Fitness noch spezifische Erfahrung erforderlich.
Die Sicherung der Besucher erfolgt i.d.R. eigenverantwortlich durch Selbstsicherungssysteme (siehe Sicherungssysteme). Vor der Begehung werden die Teilnehmer in speziellen Übungsparcours in die Benutzung der Sicherheitsausrüstung eingeführt und durchlaufen danach selbstverantwortlich die einzelnen Parcours.
Übungen in Seilgärten
Als Übungen kommen unter anderem zum Einsatz:
- Seilbrücken und Hängebrücken aus Holz und Seilen mit und ohne Führung
- Sprünge über einen tiefen Abgrund
- Schwingen am Seil zu einem bestimmten Ziel; Entwickeln von Hilfen für die schwächeren Teilnehmer
- Hangeln durch Netze mehrere Meter über dem Boden
- gegenseitiges Abstützen beim gemeinsamen Gang über freischwebende Balken oder Seile, wobei verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung stehen können (zweites Seil oder Schlappseil, von oben herabhängende Seilenden, …)
- Seilbahn im Fanggurt über einen Abgrund; ist die Fahrt nicht allein durch das Gefälle möglich, so müssen die Partner mit vorgegebenem Material phantasievoll Hilfsmöglichkeiten entwickeln
- freies Emporklettern an einem Baumstamm
Darüber hinaus gibt es beliebige Kombinationen verschiedener Sprünge und anderer „Mutproben“.
Sicherungssysteme
Die Sicherheitsausrüstung eines Teilnehmers besteht grundsätzlich aus einem Klettergurt. Hierbei werden sowohl Hüftgurte als auch Komplettgurte, die ein Herausrutschen aus dem Gurt verhindern, verwendet. In zahlreichen Seilgärten kommen auch Helme zu Einsatz.
Bei den Sicherungssystemen werden 3 Typen unterschieden (nach EN 15567):
- Toprope-Sicherung
- Kontinuierliche Sicherung
- Selbstsicherung
Bei der Toprope-Sicherung wird der Teilnehmer durch mindestens einen weiteren Teilnehmer gesichert. Dieses System wird üblicherweise für erlebnispädagogische Seminarelemente verwendet und bedingt die Beaufsichtigung durch mindestens einen ausgebildeten Trainer. Das gegenseitige Sichern (unter Aufsicht) schult hier das Verantwortungsbewusstsein und bildet somit ein eigenes erlebnispädagogisches Element.
Kontinuierliche Sicherungssysteme gewährleisten die permanente Sicherung des Teilnehmer. Dabei kann es sich um Schienen- bzw. umlaufende Systeme handeln, bei denen der Teilnehmer am Startpunkt eines Parcours eingehängt wird und sich eigenständig erst am Ende des Parcours aushängen kann. In der neueren Entwicklung werden auch sogenannte kluge Selbstsicherungen angeboten, bei denen ein Karabiner stets geschlossen ist und erst geöffnet wird, wenn der andere Karabiner an einem sicheren Punkt eingehängt wird.
Am häufigsten werden klassische Selbstsicherungssysteme verwendet, bei denen der Teilnehmer sich eigenständig auf den Plattformen in die nächste Übung einhängt. Selbstsicherungssysteme bestehen grundsätzlich aus zwei Karabinern (optional auch ein Karabiner und eine Seilrolle), die nacheinander umgehängt werden und auf diese Weise die Sicherung der Teilnehmer gewährleisten. Bei falscher Handhabung kann es zum Aushängen beider Karabiner und damit zu einer kompletten Entsicherung kommen. Diese Situation kann für den Teilnehmer ein lebensgefährliches Risiko bedeuten. In diesem Zusammenhang sind einige (auch tödliche) Unfälle bekannt geworden.
In Niedrigseilgärten erübrigt sich die Seilsicherung. Jedoch darf auch hier die Gefahr eines unkontrollierten Sturzes nicht unterschätzt werden. Die Sicherung erfolgt daher durch einen oder mehrere Partner, die sich bereithalten, den Fallenden zu stützen („spotten“).
Sicherungsvorschriften für den Betrieb eines Hochseilgartens
Die Elemente eines Hochseilgartens sind wetterfest und müssen in einem einwandfreien Zustand vorgehalten werden. Darüber wacht die Gewerbeaufsicht oder eine vergleichbare Behörde. Ferner dürfen bei starkem Wind Hochseilgärten nicht geöffnet sein. Der Hochseilgarten muss so beschaffen sein, dass zu jedem Zeitpunkt eine direkte Sicherung mit dem Sicherungsseil möglich ist. Ein Hochseilgarten darf nicht ohne geschultes Personal betrieben werden.
Bau und Betrieb von Hochseilgärten werden durch die EN 15567 1-2 geregelt. Beaufsichtigte Niedrigseilgärten unterliegen ebenfalls der EN 15567. Sind sie frei zugänglich, gelten sie rechtlich als Spielplatz und müssen die Regelungen der EN 1176 (Spielplatznorm) erfüllen.
Darüber hinaus besteht die freiwillige Möglichkeit, topropegesicherte Hochseilgärten nach dem Zero-Accident-Prinzip zu betreiben.
Literatur
- Jochen Wendrich; Landesunfallkasse NRW, Gemeindeunfallversicherungsverband Westphalen-Lippe, Rheinischer Gemeindeunfallversicherungsverband (Hrsg.): Seilgärten : Nutzung und Bau von Niedrig- und Hochseilgärten. 2006 (Stand: 23. September 2008).
Weblinks
Übersicht über Seilgärten in Deutschland
Verbände
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