- Klettersteigset
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Ein Klettersteigset sichert Bergwanderer oder Bergsteiger gegen Absturz. Es besteht aus Seilen oder Bandschlingen, die am Klettergurt befestigt werden, und zwei Karabinerhaken, von denen stets mindestens einer an Leitern, Stahlseilen oder Klammern des Klettersteigs befestigt werden kann. Zusätzlich besteht es aus einer Bremseinrichtung in Form einer Lochplatte oder, in moderner Ausführung, aus einem Klemmelement, das den Durchlauf des Seiles durch Reibung dynamisch abbremst und damit einen harten Sturz vermeidet. Nach einem Sturz, bei dem die Bremseinrichtung ausgelöst hat, muss das Klettersteigset ausgetauscht werden.[1]
Inhaltsverzeichnis
Aktuelle technische Ausführung
Das Klettersteigset erfordert einen Hüftgurt, eine Kombination aus Sitz- und Brustgurt, oder einen sogenannten „Kombigurt“. Die Seilsicherung, also die Sturz-Brems-Vorrichtung ist in der sogenannten Y-Form ausgeführt. Die UIAA empfiehlt nur noch die Verwendung von Klettersteigsets mit vernähten Bandschlingen oder vernähten Seilenden.
Es ist weiter zu beachten, dass das Klettersteigset mit der eingenähten Bandschlinge über einen Ankerstich in den Anseilring des Klettergurtes eingebunden wird. Ältere Sets mit Lochplatten-Seilbremse sollten nicht mehr verwendet werden, da diese Sets im nassen Zustand (kommt bei beliebten Schluchtklettersteigen, wo man nahe am Wasser klettert relativ oft vor) nicht ausreichend Bremswirkung haben, wie Falltests des Deutschen Alpenvereins gezeigt haben.
Laut einer Untersuchung der DAV-Sicherheitsforschung sind herkömmliche Klettersteigsets für Personen unter 50 kg Körpergewicht nicht geeignet, da die Klettersteigbremse auf die Belastung kaum oder gar nicht mehr anspricht und der dadurch auftretende Fangstoß zu schweren Verletzungen führen kann[2]. Diese Problematik verschärft sich umso mehr, je leichter die betreffende Person ist, weshalb bspw. Kinder in Klettersteigen an kritischen (z.B. besonders steilen) Stellen zusätzlich gesichert werden sollen.
Y-Form oder V-Form
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Varianten an Klettersteigsets, die Sets in Y-Form oder die mittlerweile veraltete V-Form. Die Y-Form ist derzeit Stand der Technik und wird von der UIAA empfohlen, während die V-Form, wegen Sicherheitsmängeln nicht mehr benutzt werden sollte (nur ein Karabiner darf eingehängt sein). Ein Klettersteigset in V-Form besteht aus einer Lochplatten-Seilbremse aus Aluminium und einem ca. 2 m langen durchgefädelten nicht statischen Seil, an dessen Enden jeweils ein Klettersteigkarabiner eingeknotet ist. Die Seilbremse wird über eine Bandschlinge fest direkt vor den Körper in den Gurt eingebunden, und dadurch entsteht mit den beiden Seilenden die V-Form. Am Klettersteig darf nun allerdings nur ein Karabiner im Drahtseil eingehängt sein, damit die Seilbremse einen Fangstoß auch dynamisch abfedern kann. Sind beide Karabiner mit gleich langen Seilenden im Stahlseil eingehängt, so kann die Seilbremse den Fangstoß bei einem Sturz nicht mehr abfedern und die Klettersteigsicherung wirkt (bis auf die sehr geringe Seildehnung) wie eine statische Sicherung. Beim Übersteigen einer Zwischensicherung (Befestigung) des Drahtseils, wird zuerst das freie Seilende eingehängt und anschließend die bisherige Sicherung ausgehängt und in der Materialschlaufe des Klettergurts befestigt. Es kann sich allerdings bei mangelnder Sorgfalt die Gefahr ergeben, auf eine der Seilschlaufen zu treten und zu stolpern. In anspruchsvollem Gelände kann dies fatale Stürze zur Folge haben.
Im Gegensatz dazu wird bei den Klettersteigsets in Y Form eine Gabelung an ein Seilende befestigt. Die beiden „Äste“ dieser Vergabelung bestehen in der Regel aus genähtem Bandschlingenmaterial oder aus Seilstücken, an deren Enden wiederum die Klettersteigkarabiner eingenäht (veraltet auch eingeknotet) sind. Bei der Y-Form werden, außer beim Umhängen, immer beide Karabiner in das Drahtseil eingehängt, was im Falle eines Sturzes höhere Sicherheitsreserven (Redundanz) bietet. Beim Sturz wird das Bremsseil unter Reibungswärmeentwicklung durch die Seilbremse gezogen und dies dämpft den Fangstoß mit der mindestens 1 m langen „Durchlaufreserve“ ab, so dass der Sturz „weich“ endet.[3]
Im Handel gibt es als Bremse außerdem sogenannte Schock-Absorber, die bei einer Verwendung auf Klettersteigen eine Seil-Durchlaufreserve überflüssig machen. Manche Modelle jedoch können nur einen oder eine begrenzte Anzahl von Stürzen verkraften und müssen daher ersetzt werden.[4]
Karabiner-Typen
Derzeit sind drei Typen von Karabinern in Klettersteigsets gebräuchlich. Es gibt einfache Karabiner (Bezeichnung Wirelock), Karabiner mit Handballensicherung (bei Salewa ATTAC genannt, bei Petzl EASEHOOK) und Karabiner mit innenliegender Daumen-Sicherung (JetLock).
Klettersteigsets im Hochseilgarten
Neben dem Gebrauch auf Klettersteigen werden Klettersteigsets auch zur Teilnehmerselbstsicherung (Self Belay) im Hochseilgarten verwendet. Werden in Hochseilgärten nur horizontal verlaufende Übungen begangen, so kann auf die Bremse am Klettersteigset verzichtet werden. Verlaufen die Sicherungsseile deutlich oberhalb der Befestigung des Klettersteigsets am Klettergurt des Teilnehmers, treten im Falle eines Sturzes geringe Fangstöße auf, weshalb die dynamische Falldämpfung einfacher ausfallen darf als bei Ausrüstung für Klettersteige. Ein Klettersteigset für Hochseilgärten verfügt oftmals auch noch über einen dritten Ast, an dem eine Seilrolle angebracht ist, um Seilrutschen (Zip Lines und Flying Fox) benutzen zu können.
Gefahr der Entsicherung
Personen, die mit Sicherungstechniken nicht vollständig vertraut sind, laufen Gefahr, sich mit einem Klettersteigset beim Umhängen bei einer Zwischensicherung komplett auszuhängen. Diese Gefahr ist besonders auf Hochseilgärten gegeben, da diese Anlagen zu einem Großteil von ungeübten Personen und Kindern benutzt werden. Erhöhtes Risiko besteht, wenn sich mehrere Teilnehmer gleichzeitig auf einem Zwischensicherungspunkt (im Hochseilgarten in der Regel eine Plattform auf einem Mast oder Baum) befinden, da es häufig vorkommt, dass ein Teilnehmer versehentlich den Karabiner eines anderen Teilnehmers öffnet, der sich dadurch in akuter Absturzgefahr befindet. Diese Gefahr des menschlichen Versagens lässt sich durch durchgehend sichere Klettersteigsets verhindern.
Durchgehend sicheres Klettersteigset
Beim durchgehend sicheren Klettersteigset (Smart Self Belay, SSB) kommunizieren die beiden Karabiner des Sets mittels eines Bowdenzugs miteinander. Ein Karabiner des Klettersteigsets lässt sich nur dann öffnen, wenn sich der andere verschlossen auf einem sicheren Punkt (z.B. Stahlseil) befindet. Ein Nachteil dieses Systems ist allerdings, dass die Drahtseilversicherungen eines Klettersteiges mit zu den Karabinern passenden Sperrelementen (Tweezles) nachgerüstet werden müssen, nur die neueste Generation von Smart Belays kommt ohne extra angebrachte Sperrelemente aus.
Literatur
- Pit Schubert: Klettersteiggehen. Bergverlag Rother, München 2003, ISBN 3-7633-6019-0
- Alpinverlag: Sicher Klettersteiggehen Alpines Lehrbuch mit DVD-ROM, Tirol 2010, ISBN 978-3-902656-04-9
Weblinks
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Wikibooks: Klettern: Klettersteigset – Lern- und Lehrmaterialien
- Pit Schubert/DAV-Sicherheitsforschung: UIAA-News 49 Padua 2002 (pdf) (529 kB)
- Mammut Klettersteigfibel (PDF, 1,2 MB)
- Permanentes Sicherungssystem SAFE-LINK SSB
Einzelnachweise
- ↑ Chris Semmel: Risiko Klettersteig in bergundsteigen, 3/2007; S. 68 f.
- ↑ Chris Semmel: Klettersteigsets und Leichtgewichte in bergundsteigen, 3/2010; S. 32 ff.
- ↑ DAV-Panorama Nr. 4/1999, Seite 65 f
- ↑ Internetseite von Bergsteigen.at
Kategorie:- Klettermaterial
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