- Nierenszintigrafie
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Die Nierenszintigrafie, auch Isotopennephrographie (Abk.: ING), Radioisotopennephrographie (Abk.: RIN) bzw. Renogramm[1] genannt, ist ein nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das die Beurteilung der Nierenfunktion unter statischen und dynamischen Gesichtspunkten erlaubt. Beurteilt werden dabei die Blutversorgung, Funktion und Exkretion jeder einzelnen Niere. Es ist die am besten geeignete Untersuchung zur Erkennung von Parenchymnarben, insbesondere bei Kindern, und dient weiter zur Beurteilung der regionalen und seitengetrennten Nierenfunktion.
Inhaltsverzeichnis
Formen
Grundsätzlich sind zwei Formen der Nierenszintigrafie zu unterscheiden. Die statische und die dynamische Nierenszintigrafie.
Statische Nierenszintigrafie
Bei der statischen Nierenszintigrafie wird unter Verwendung des Radionuklids 99mTc-DMSA (DMSA = 2,3-Dimercaptosuccinsäure) das funktionsfähige Nierengewebe dargestellt. Die statische Nierenszintigrafie eignet sich daher vor allem zur Darstellung von Nieren mit Anomalien (Dystopie, Hufeisenniere etc.) oder dem Zustand nach Entzündung.
Die Injektion des Radionuklids erfolgt etwa zwei Stunden vor der Messung mit der Gammakamera. Unter Verwendung eines hochauflösenden Kollimators erfolgt die Darstellung der Nieren.
Dabei wird durch Anreicherung des Radionuklids das funktionstüchtige Nierengewebe erfasst, was die Bestimmung von Lage, Form, Größe und Masse der Nieren erlaubt.
Dynamische Szintigrafie
Die dynamische Nierenszintigrafie (Nierenfunktionsszintigrafie) untersucht die Nierenfunktion. So können Glomeruläre Filtrationsrate, renaler Blutfluss (RBF=renal blood flow) und tubuläre Sekretion mit der Fragestellung nach der Nierenfunktion und ihrer Clearance untersucht werden.
Als Radiopharmakon kommen hierbei zum Einsatz:
- 99mTc-MAG3 (wird nur tubulär eliminiert)
- 99mTc-DTPA (wird nur glomerulär filtriert)
- 123I-OIH (wird glomerulär filtriert und tubulär sezerniert)
- 131I-OIH
Mittlerweile wird von der Verwendung von 131I-OIH (Iod-131-Hippuran) zur Szintigrafie abgeraten. Dies ist in den schlechten Abbildungseigenschaften, der hohen lokalen Strahlenexposition und im 131I-Eintrag in das Abwasser begründet. Es ist künftig mit einem Verbot der Anwendung von Iod-131-Hippuran zu rechnen;[2] die Nierenszintigrafie mit MAG3 ist aus diesen Gründen heute das meistverwendete dynamische Verfahren.
Die dynamische Nierenszintigrafie erfolgt unter ausreichender Hydrierung des Patienten durch Injektion eines geeigneten Radiopharmakons. Dabei wird die Anflutung und Abflutung des Radionuklids durch Aufnahmen mit der Gammakamera und Aktivitätsbestimmung im Plasma ermittelt.
Es erfolgen im Abstand von 20 und 25 Minuten nach der Injektion Blutentnahmen zur Aktivitätsbestimmung des Radionuklids und Aufnahmen mit der Gammakamera in definierten Abständen. Als Ergebnis kann eine Nephrogrammkurve erstellt werden, welche die seitengetrennte Funktionsbeurteilung der Nieren erlaubt.
Die Verarbeitung des Radionuklids unterteilt sich bei Darstellung in der Nephrogrammkurve in drei Phasen:
- Perfusionsphase (Anfluten des Radionuklids)
- Sekretionsphase (Tubuläre Sekretion des Radionuklids bei weiterer Akkumulation)
- Exkretionsphase (Ausscheidung überwiegt Akkumulation)
Je nach Verlauf der Kurve im Nephrogramm kann so eine Aussage über normale Nierenfunktion und deren Einschränkungen, Zustand bei Stauungsniere oder Zustand nach Nephrektomie getroffen werden. Die Clearance kann in absoluten Werten angegeben werden.
Captopril-Nierenszintigrafie
Bei einer Nierenarterienstenose verhindert der Goldblatt-Effekt über eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) die Minderperfusion der poststenotischen Niere.
Durch Gabe eines ACE-Hemmers (kurz und schnell wirksames Captopril) kann dieser Mechanismus unterdrückt werden. Erfolgt hiernach eine Nierenszintigrafie, kann die funktionelle Relevanz einer Nierenarterienstenose direkt quantifiziert werden.
Diurese-Nierenszintigrafie
Zur Abklärung postrenaler Abflussstörungen kann nach der ersten dynamischen Nierenszintigrafie und erfolgter Blasenentleerung die Diurese mit der Gabe eines Schleifendiuretikums angeregt werden.
Bei erneuter Szintigrafie wird dann die Restaktivität in den ableitenden Harnwegen und der Blase bestimmt. So kann zwischen kompensierter und dekompensierter Abflussstörung unterschieden werden.
Indikationen
Eine Nierenfunktionsszintigrafie kann in den folgenden Anwendungsfällen durchgeführt werden:
- Zur Abklärung der seitengetrennten Nierenfunktion bei Nierenerkrankungen, wie beispielsweise Nierensteinen (Nephrolithiasis), Nierentumoren, dystopen (am falschen Ort befindlich) oder dysplastischen (fehlgebildeten) Nieren
- zur Untersuchung der Teilfunktion bei Doppelnieren
- zur Untersuchung von Harnabflussstörungen
- zur Abklärung eines vesikorenalen Refluxes (eine Anomalie der harnableitenden Wege)
- bei Verdacht einer renovaskulären arteriellen Hypertonie
- zur Nierenfunktionsprüfung vor einer Nierenlebendspende
- zur Verlaufskontrolle operativ versorgter Gefäßverengungen oder -verschlüsse (Obstruktionen)
- zur Beurteilung von transplantierten Nieren
- in der Notfalldiagnostik bei Verdacht auf eine Verletzung der Nieren (Nierentrauma)
- bei plötzlich auftretender stark reduzierter Harnausscheidung (Anurie) zum Ausschluss einer Nierenembolie oder eines akuten Harnaufstaus
- zur Bestimmung der Gesamt-Clearance
- zum Nachweis, beziehungsweise zum Ausschluss, einer Urinleckage.[2]
Vorbereitung der Patienten
Außer bei Patienten mit Nierenversagen wird eine Hydrierung (Trinken von Mineralwasser) 45 Minuten vor Untersuchungsbeginn nach vorheriger Blasenentleerung mit 10 ml/kg Körpergewicht vorgenommen.
Eine andere spezielle Vorbereitung ist nicht notwendig.
Risiken
Die Strahlenbelastung ist gering, für die meisten Untersuchungen deutlich geringer als bei einer intravenösen Urografie. Die renale Szintigrafie ist die bei Kindern am häufigsten angewendete nuklearmedizinische Untersuchung.
Einzelnachweise
- ↑ Isotopennephrographie. In: Imedo Online-Lexikon
- ↑ a b T. Zajic, E. Moser: Verfahrensanweisung zur Nierenfunktionsszintigraphie. Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin, Mai 2005
Literatur
- W. Brandau: Radiopharmaka für die Nierenfunktionsdiagnostik. In: Nuklearmediziner. 26/2003, S. 155–159.
- Universität Ulm: Nuklearmedizin Nierenfunktionsdiagnostik abgerufen am 7. August 2007 (PDF-Datei; 5,67 MB)
- B. Bubeck: Technetium-99m-MAG3 für die nuklearmedizinische Nierenfunktionsdiagnostik. 2. Auflage. Hans Huber, Bern 1993.
- E.J. Fine: Interventions in renal scintirenography. In: Sem Nucl Med. 29/1999, S. 128–145.
- B. Klaeser u.a.: Anleitung zur Durchführung der Nierenfunktionsszintigraphie. In: Der Nuklearmediziner. 26/2003, S.160–168.
- K. Kletter: Interventionelle Verfahren in der nuklearmedizinischen Nierenfunktionsdiagnostik. In: Der Nuklearmediziner. 26/2003; S.189–195.
- H. Schicha, O. Schober (Hrsg.). Nieren und ableitende Harnwege. In: Nuklearmedizin. 5. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2003, S. 207–216.
- A. Taylor, J.V. Nally: Clinical applications of renal scintigraphy. In: Am J Roentgenol. 164/1995, S. 31–41.
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