Nobelpreiswunder

Nobelpreiswunder

Unter dem Göttinger Nobelpreiswunder versteht man die Häufung von Nobelpreisen, die vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an mit der Georg-August-Universität in Göttingen verbundene Wissenschaftler verliehen wurden. Weltweit wurde in diesem Zeitraum keine andere Universität so häufig in Verbindung mit einem Nobelpreis genannt wie Göttingen. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde Göttingen von amerikanischen Universitäten wie dem Massachusetts Institute of Technology überholt. Die Nobelpreise wurden überwiegend in den Bereichen Physik und Chemie verliehen, seltener in den Bereichen Medizin, Literatur sowie der Friedensnobelpreis.

Verwendung des Begriffs

Heute wird der Begriff des Nobelpreiswunders von verschiedensten Seiten instrumentalisiert. Politiker und Universitätsleitung begründeten unangenehme Reformen mit dem Wunsch nach einer Wiederholbarkeit. Auf den Demonstrationen gegen Kürzungen und Studiengebühren wurde auf Plakaten und in Redebeiträgen argumentiert, das Potential für ein zweites Nobelpreiswunder würde erstickt.

Die Nobelpreisträger

Der Bezug der Nobelpreisträger zu Stadt und Universität, die sich gerne mit ihnen schmücken, ist sehr unterschiedlich. So werden Nobelpreisträger ebenso zum Nobelpreiswunder gezählt, die nur einen relativ kurzen Aufenthalt in Göttingen hatten, wie andere, die ihre gesamte akademische Laufbahn in Göttingen verbracht haben.

Jahr Name Bereich Bezug zu Göttingen
1905 Robert Koch Medizin Student (1862-1866)
1908 Rudolf Eucken Literatur Student (1863-1866)
1908 Paul Ehrlich Medizin Honorarprofessor (1904-1914)
Ilja Iljitsch Metschnikow Student (1865/1866)
1910 Otto Wallach Chemie Student (1867-1869), Professor (1889-1915), 1931 stirbt er in Göttingen
1911 Wilhelm Wien Physik Student (1882), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1907)
1914 Max von Laue Physik Student (1899-1902 und 1903-1905), Akademie der Wissenschaften (1921), Honorarprofessor (1947-1960), 1960 wird er in Göttingen begraben
1914 Theodore William Richards Chemie Auslandsjahr u.a. in Göttingen (1888/1889)
1918 Max Planck Physik Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1901), Wiedereinrichtung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (1945), Ehrenpräsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (1946), gestorben und begraben in Göttingen (1947)
1919 Johannes Stark Physik Habilitation (1900), Privatdozent (1900-1906), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1923)
1920 Walther Hermann Nernst Chemie Privatdozent (1890-1891), Professor (1891-1905), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1898-1905), wird 1952 in Göttingen beigesetzt
1923 Robert Andrews Millikan Physik Studienaufenthalt in Göttingen (1895-1896), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1926)
1924 Karl Manne Siegbahn Physik Student (1908), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1922)
1925 James Franck Physik Student (1902), Professor (1921-1934), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1921), verstirbt 1964 in Göttingen
Gustav Hertz Student (1906-1907), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1931), Unterzeichner der Göttinger Erklärung (1957)
1925 Richard Zsigmondy Chemie Professor (1908-1929), Direktor des Instituts für anorganische Chemie (1908-1929), verstirbt 1929 in Göttingen und wird dort begraben
1927 Ludwig Quidde Frieden Student (1878-1881), Promotion (1881)
1928 Adolf Windaus Chemie Professor (1915-1944), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1918), verstirbt 1959 in Göttingen und wird dort begraben (1959)
1930 Nathan Söderblom Frieden Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1921)
1932 Werner Heisenberg Physik Student (1922/1923), Habilitation (1924), Privatdozent (1924-1926), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1937), Honorarprofessor (1946-1958), Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik (1948-1958), Präsident des Deutschen Forschungsrates und der Akademie der Wissenschaften (1949-1951), Unterzeichner der Göttinger Erklärung (1957)
1932 Irving Langmuir Chemie Student (1903-1906), Promotion (1906)
1933 Paul Dirac Physik Studienaufenthalt (1926/1927), Aufenthalt (1928)
1936 Petrus Josephus Wilhelmus Debye Chemie Professor (1914-1920), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1916), Gastprofessor (1961)
1937 Walter Norman Haworth Chemie Student (1909), Promotion (1910)
1938 Enrico Fermi Physik Student (1923)
1939 Adolf Butenandt Chemie Student (1924-1927), Promotion (1927), Habilitation (1931), Privatdozent (1931-1933), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1938), Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (1960-1972)
1943 Otto Stern Physik Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1931)
1944 Otto Hahn Chemie Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1924), Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (1946-1960), Unterzeichner der Göttinger Erklärung (1957), verstirbt 1968 in Göttingen
1945 Wolfgang Pauli Physik Assistent (1920-1921)
1948 Patrick Maynard Stuart Blackett Physik Assistent (1924-1925)
1953 Sir Hans Adolf Krebs Medizin Student (1918-1919), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1971), Ehrendoktorwürde (1980)
1954 Max Born Physik Student (1904-1907), Promotion (1906), Habilitation (1909), Privatdozent (1909-1915), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1920), Professor (1921-1933), Unterzeichner der Göttinger Erklärung (1957), verstirbt 1970 in Göttingen und wird dort begraben
Walther Bothe Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1933)
1963 Eugene Paul Wigner Physik Assistent (1927), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1951)
Maria Goeppert-Mayer Studentin (1924-1930), Promotion (1930)
1967 Manfred Eigen Chemie Student (1945-1950), Promotion (1951), Wissenschaftlicher Mitarbeiter (1951-1953), Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft (1958), Direktor am Max-Planck-Institut für physikalische Chemie (1964), Honorarprofessor (1971), Ehrensenator (1987)
1969 Max Delbrück Medizin Student (1926-1929), Promotion (1930/1931), Gastprofessor (1954)
1971 Gerhard Herzberg Chemie Postdoc (1928/1929)
1989 Wolfgang Paul Physik Oberassistent (1942), Habilitation (1944), Privatdozent (1944-1950), Außerplanmäßiger Professor (1950-1952), Unterzeichner der Göttinger Erklärung (1957), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1982)
Hans Georg Dehmelt Student (1946-1950), Promotion (1950)
1991 Erwin Neher Medizin Wissenschaftlicher Assistent (1973-1977), Habilitation (1983), Professor (1983), Honorarprofessor (1986), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1991)
Bert Sakmann Dissertation (1974), Wissenschaftlicher Assistent (1974-1979), Habilitation (1982),

Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft (1983), Direktor der Abt. Zellphysiologie (1985-1988), Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1992)

2000 Herbert Kroemer Physik Student (1949-1952), Promotion (1952)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Göttinger Nobelpreiswunder — Unter dem Göttinger Nobelpreiswunder versteht man die Häufung von Nobelpreisen, die vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an mit der Georg August Universität in Göttingen verbundene Wissenschaftler verliehen wurden. Weltweit wurde… …   Deutsch Wikipedia

  • Georg-August-Universität — Vorlage:Infobox Hochschule/Träger fehlt Georg August Universität Göttingen Motto In publica commoda (Zum Wohle aller) …   Deutsch Wikipedia

  • Georgia Augusta — Vorlage:Infobox Hochschule/Träger fehlt Georg August Universität Göttingen Motto In publica commoda (Zum Wohle aller) …   Deutsch Wikipedia

  • Uni Göttingen — Vorlage:Infobox Hochschule/Träger fehlt Georg August Universität Göttingen Motto In publica commoda (Zum Wohle aller) …   Deutsch Wikipedia

  • Universität Göttingen — Vorlage:Infobox Hochschule/Träger fehlt Georg August Universität Göttingen Motto In publica commoda (Zum Wohle aller) …   Deutsch Wikipedia

  • Adolf Windaus — Adolf Otto Reinhold Windaus (* 25. Dezember 1876 in Berlin; † 9. Juni 1959 in Göttingen), war ein deutscher Chemiker und Biochemiker. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Georg-August-Universität Göttingen — Motto In publica commoda (Zum Wohle aller)[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Windaus — Adolf Windaus Adolf Otto Reinhold Windaus (* 25. Dezember 1876 in Berlin; † 9. Juni 1959 in Göttingen), war ein deutscher Chemiker und Biochemiker. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”