Notarztwagen

Notarztwagen

Notarztwagen der Berliner Feuerwehr
Notarztwagen der Berliner Feuerwehr

Fahrzeugdaten
Abkürzung: NAW
Besatzung: Deutschland:
Notarzt, Rettungsassistent
Österreich:
Notarzt, Notfallsanitäter, ein weiterer Mitarbeiter
Einsatz: akute Notfälle mit Notarztindikation
Ausstattung: DIN EN 1789 Typ C: Mobile Intensive Care Unit
Antrieb: Straße

Der Notarztwagen (NAW) ist ein Fahrzeug des Rettungsdienstes. Er dient der präklinischen Versorgung von Notfallpatienten, die ärztlicher Hilfeleistung bedürfen, sowie deren Transport in ein Krankenhaus.

Formalrechtlich wird ein Rettungswagen (RTW) zum Notarztwagen, sobald ein Notarzt im Rahmen des Rendezvous-Systems oder ein anderer Arzt mit Fachkundenachweis Rettungsdienst zusteigt und den Patiententransport (meistens Primäreinsätze, in seltenen Fällen auch Sekundäreinsätze) begleitet.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzweise

Der Notarztwagen (NAW) ist ein Rettungsfahrzeug, das als Zubringer des Arztes dient und bei Bedarf auch gleichzeitig den Patiententransport ins Krankenhaus übernehmen kann. Er ist oft an Krankenhäusern stationiert, die auch den Notarzt stellen. Diese Einsatzweise bezeichnet man als Kompaktsystem, im Gegensatz zum sogenannten Rendezvous-System, bei dem der Notarzt mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zum Notfallort gelangt und erst dort mit dem Rettungswagen (RTW) zusammentrifft.

In vielen Fällen ist es nach der erfolgreichen notärztlichen Versorgung nicht erforderlich, dass der Notarzt den Patienten auch während des Transports ins Krankenhaus begleitet. Dann kann das NAW-Team den Patienten an eine RTW-Besatzung übergeben und sich wieder einsatzbereit melden.

In Großstädten wie Berlin wurde bis vor kurzem von der Leitstelle bei lebensbedrohlichen Notfällen immer ein Parallel-Alarm RTW plus NAW ausgelöst. In der Regel ist der RTW als erstes am Einsatzort und kann die Indikation eines Notarzt-Einsatzes prüfen. Falls kein Notarzt erforderlich sein sollte, kann der NAW über Funk abbestellt werden (sogenannter Abbruch).

Der Vorteil des Kompaktsystems liegt darin, dass auf dem NAW stets ein eingespieltes Team von Notarzt und Rettungsassistenten bzw. Rettungssanitäter existiert. Beim Rendezvous-System trifft der Notarzt hingegen immer auf verschiedene RTW-Besatzungen. Außerdem sind die NAW-Fahrzeuge meist etwas größer und besser ausgestattet.

Der Nachteil des Kompaktsystems ist vor allem der höhere Kostenfaktor, da ein NAW immer mit Notarzt plus Rettungsassistent und einer weiteren Person (Rettungsassistent oder Rettungssanitäter[1]) besetzt ist. Außerdem sind die großen NAW-Fahrzeuge deutlich langsamer als kleinere NEF-Fahrzeuge. Dies ist vor allem ein entscheidender Nachteil in ländlichen Gebieten mit längeren Anfahrtswegen, daher werden NAW fast ausschließlich in Ballungsräumen oder Großstädten eingesetzt.

Aufgrund der höheren Kosten wurde das Kompaktsystem in Deutschland und Österreich vielerorts durch das Rendezvous-System ersetzt. So wurden etwa in Berlin zwischenzeitlich alle NAW durch NEF abgelöst. [2]

Ausstattung

Die Mindestausstattung ist europaweit durch die Norm DIN EN 1789 Typ C geregelt (vgl. Ausrüstung eines Rettungswagens). Im Unterschied zum Rettungswagen hat der Notarztwagen meist weitere Medikamente (z. B. Betäubungsmittel, Antidote) und zusätzliche Ausstattung (etwa Spritzenpumpe oder Kapnometrie) an Bord, die der Notarzt einsetzt.

Darüber hinaus existieren Baby-Notarztwagen, deren Ausstattung speziell für den Transport von Neugeborenen und Säuglingen ausgelegt ist. So findet sich in ihm beispielsweise ein Transportinkubator.

Deutschland

Personal

Die Besatzung des NAW besteht aus einem Notarzt, einem Rettungsassistenten und einem weiteren Mitarbeiter, dessen Qualifikation jedes Bundesland anders festgelegt hat.

Geschichte

„Clinomobil“, ein mobiler Operationswagen der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg 1957
Innenausstattung des Operationswagens

In der Zeit der "Spiegelrettung" (ohne Patientenbetreuung, nur ein Fahrer auf dem Fahrzeug, der den Patienten im Rückspiegel überwacht) in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts setzte sich teilweise die Erkenntnis durch, dass Notfallpatienten schon vor Ort wenigstens von einem gut ausgebildeten Rettungssanitäter, wenn nicht sogar einem Arzt behandelt werden sollten, anstatt dass der Rettungsdienst nur als Liegendtaxi fungiert. Im Februar 1957 wurde so an der Universität Heidelberg ein Experiment gestartet, in dem ein zu einem fahrbaren Operationssaal umgebauter Reisebus mit ärztlicher Besetzung zu Notfällen anfuhr. Die Größe des Fahrzeuges erwies sich jedoch nicht als praktikabel. Im selben Jahr ging in Köln der erste westdeutsche Notarztwagen in die Testphase. Aufgrund der im Vergleich zu Heidelberg geringeren Größe des Fahrzeuges wurden hier mehr Erfolge verbucht, so dass der Kölner NAW am 3. Juni 1957 permanent in Dienst ging.

Auf dem Gebiet der DDR wurde die Notfallrettung ebenfalls vorangetrieben. An der damaligen Medizinischen Akademie Magdeburg wurde auf Bestreben von Werner Lembcke am 21. Januar 1960 ein NAW in Dienst gestellt. Dieser war mit Anästhesisten der Akademie besetzt und trieb den Fortschritt der Notfallrettung voran. So fuhren auf dem Gebiet der DDR im Jahre 1967 bereits 46 Notarztwagen. Mit der Einführung des abgestuften Systems der Schnellen Medizinischen Hilfe im Jahre 1976 wurde dann schrittweise auf eine dem heutigen Rendezvous-System entsprechende Einsatztaktik umgestellt.

Österreich

Personal

In Österreich sind NAWs in der Regel mit einem Notarzt, mindestens einem Notfallsanitäter (NFS) und einem weiteren Sanitäter besetzt. Viele der am NAW eingesetzten NFS haben die zusätzliche Notfallkompetenz NKA, NKV oder NKI. Ein dritter Sanitäter oder Auszubildender kann den vierten Platz am NAW besetzen. In Wien wird der vierte Platz oft durch Zivildiener oder Freiwillige besetzt, welche als Rettungssanitäter ausgebildet sind. Viele der hauptberuflichen Fahrer des NAWs sind mittlerweile ebenfalls NFS.

Geschichte

1881 wurde die Wiener Berufsrettung nach dem Brand im Wiener Ringtheater gegründet. Seit Beginn des organisierten Wiener Rettungswesens wurden Ärzte im Rettungsdienst eingesetzt, während in allen anderen Bundesländern eine ärztliche Beteiligung allerdings nicht festgeschrieben oder organisiert war. Am 1. Februar 1974 wurde der erste Notarztwagen in Linz, gemeinsam von Rotem Kreuz und der Stadt Linz stationiert. In den 80ern wurden die meisten Notarztstützpunkte in Österreich gegründet. Die seit 1987 verpflichtende Aus- und Fortbildung für Notärzte und das Berufsbild Rettungssanitäter/Notfallsanitäter bilden die Grundlage für ein qualifiziertes Notarztwesen in Österreich.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über den Rettungsdienst sowie den Notfall- und Krankentransport, 2007
  2. Standortliste der Berliner Feuerwehr , abgerufen am 23. September 2010

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