Artur Virgilio Alves Reis

Artur Virgilio Alves Reis

Artur Virgílio Alves dos Reis (* 3. September 1898 in Lissabon; † Juli 1955) war ein portugiesischer Betrüger. Er ist verantwortlich für den bisher größten Falschgeldbetrug in der Geschichte des Bankwesens.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Er wuchs in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Studium der Ingenieurwissenschaft brach er zugunsten einer Heirat mit Maria Luísa Jacobetti de Azevedo bereits im ersten Jahr ab, zumal das Geschäft seines Vaters Konkurs anmeldete und er mittellos dastand. Im Jahre 1916 wanderte er dann nach Angola aus, um dort sein Glück zu versuchen. Sehr bald erhielt er eine leitende Stelle im Bauwesen. Diesen schnellen Aufstieg verdankte er einem gefälschten Diplom der Polytechnic School of Engineering in Oxford, einer nicht vorhandenen Einrichtung. Mit einem ungedeckten Scheck erkaufte Reis sich die Aktienmehrheit einer angolanischen Eisenbahngesellschaft, mit der er Reichtum und Ansehen erwarb.

Der Fall Ambaca

Zurück in Lissabon (1922) beteiligte er sich an einem Unternehmen namens Ambaca, das amerikanische Automobile auf- und verkaufte. Er bereicherte sich an der Firma, indem er Firmengelder (ca. 100.000 US-Dollar) auf sein persönliches Konto überwies. Mit diesem Geld erwarb er Anteile an anderen Unternehmen, u.a. auch an der Companhia Mineira do Sul de Angola, einer angolanischen Bergbaufirma. Der Betrug flog auf, und im Juli 1924 wurde er in Porto nach einem ordentlichen Verfahren inhaftiert.

Fälschung der Banknoten

Während seiner Gefangenschaft — er saß nur 54 Tage ein — plante er seinen größten Coup: die Fälschung eines Vertrages der Banco de Portugal. Diese Bank hatte in Portugal die Oberaufsicht über den Geldverkehr und somit auch das Recht zum Gelddrucken. Seine Idee war nun, im Namen der portugiesischen Bank den Auftrag für eine Serie von 500-Escudo-Scheinen an eine private Firma zu erteilen und so illegal Blüten zu erhalten, die man nicht von echten Scheinen unterscheiden konnte. Im Jahre 1924 knüpfte Alves dos Reis Kontakte mit nichtsahnenden Komplizen. So lernte er den niederländischen Finanzier Karel Marang van Ijsselveere kennen. Besonders erwähnenswert ist auch José Bandeira, der Bruder des Botschafters in Den Haag.

Alves dos Reis setzte einen fiktiven Vertrag auf und schaffte es, diesen von verschiedenen offiziellen Stellen notariell beglaubigen zu lassen, u. a. von den englischen, deutschen und französischen Konsulaten. Die Unterschrift des portugiesischen Botschafters hatte Reis sicherlich einige Türen geöffnet.

Über Karel Marang, der einem Unternehmen für Gelddruck vorstand, wurde schließlich der Kontakt mit dem britischen Unternehmen Waterlow and Sons Limited hergestellt, die auch normalerweise offiziellen Druckaufträge aus Portugal bearbeiteten. Am 4. Dezember 1924 verhandelte Marang mit Sir William Waterlow und bat diesen aufgrund politischer Gründe um größtmögliche Diskretion. Als Zweck der neuen Geldserie wurde angegeben, den Geldverkehr in der Kolonie Angola zu beleben. Da das Geld ausschließlich in Übersee verwendet werden sollte, wurde zwischen den Vertragspartnern vereinbart, die Druckplatten einer bereits in Umlauf gelangten Notenserie wiederzuverwenden. Lediglich ein Zusatz „Angola“ sollte hinzugefügt werden. Aufgrund der ungewöhnlichen Umstände schrieb William Waterlow einen vertraulichen Brief an den Leiter der portugiesischen Staatsbank. Wie dieser Brief von Reis abgefangen wurde, ist nicht bekannt, aber das Antwortschreiben selbst stammt aus seiner Feder.

Nachdem alle Zweifel ausgeräumt waren, wurden bei Waterlow and Sons Limited schließlich 200.000 Banknoten mit einem Nominalwert von 500 Escudos gedruckt. Diese Summe entsprach ungefähr 1 % des portugiesischen Bruttoinlandsprodukt zu der Zeit. Die Anzahl der Blüten war fast genauso hoch wie die der legalen Banknoten. Hinzu kam, dass aufgrund der wiederverwendeten Druckplatten auch die Seriennummern übereinstimmten. Im Februar 1925 gelangten die ersten Noten durch Hilfe von José Bandeira über England nach Portugal. Anschließend gelang es Karel Marang, über die liberianische Botschaft in England einen gesicherten Transport zu etablieren.

Obwohl Alves dos Reis der Initiator dieser Vorgänge war, behielt er nur 25 % der Geldsumme für sich. Dies reichte für ihn jedoch aus, im Juni 1925 ein eigenes Bankhaus zu gründen. Wiederum fälschte er Unterlagen, um die Zulassung dafür zu beschleunigen. Er investierte sein Geld in Aktien und im Devisenhandel. Darüber hinaus legte er sich zahlreiche Immobilien zu und übernahm das gesamte Taxigeschäft in der portugiesischen Hauptstadt. Zudem finanzierte er seinem Komplizen José Bandeira einen aufwendigen Lebensstil, da dieser zahlreiche Liebschaften zu berühmten Damen in ganz Europa unterhielt.

Ein Ziel von Alves dos Reis schien zu sein, die halbstaatliche Banco de Portugal zu übernehmen, um seine dunklen Machenschaften besser verdecken zu können. Während des ganzen Jahres 1925 kaufte er über Strohmänner rund 10.000 Aktien der Bank, wobei rund 45 000 zur Aktienmehrheit gereicht hätten.

Enttarnung

Währenddessen fiel es natürlich an mehreren Stellen auf, dass eine hohe Anzahl an Blüten im Umlauf war. Selbst Spezialisten konnten jedoch keine gefälschte Scheine finden. Ab dem 23. November 1925 interessierten sich Journalisten der Zeitung O Século für die wenig transparenten Vorgänge bei der Hausbank von Alves dos Reis. Es war aufgefallen, dass diese Bank Kredite zu extrem günstigen Zinsen anbieten konnte, ohne praktisch Kunden vorweisen zu können, die ihr Geld dort auch anlegten. Kurioserweise dachten die Journalisten bei den Vorgängen an einen Versuch der deutschen Spionage, die Finanzen in Portugal zu ruinieren, wodurch eine Übernahme der Kolonie Angola möglich geworden wäre.

Am 5. Dezember 1925 wurde der erste Bericht in der Zeitung publiziert. Noch am Vortag war es zum ersten mal gelungen, bei Alves dos Reis eine Banknote zu finden, die die gleiche Nummer wie ein legaler Geldschein aufwies. Erst hiernach wurden die Machenschaften von Reis aufgedeckt. Es erging eine Order an alle Banken, ihre Banknoten der Seriennummer nach zu sortieren. Hierauf kam es natürlich massenhaft zur Entdeckung der Blüten.

Das Eigentum von Alves dos Reis wurde sofort konfisziert, wodurch man auch die gefälschten Unterlagen für seine Unternehmungen fand. Er wurde am 6. Dezember 1925 an Bord eines Schiffes festgenommen, mit dem er nach Angola zurückkehren wollte. Am Tag seiner Festnahme war er erst 28 Jahre alt. Auch die meisten seiner Komplizen konnten festgenommen werden.

Urteil und Gefangenschaft

Alves dos Reis war vom 5. Dezember 1925 bis zum 8. Mai 1930 in Gefangenschaft. In dieser Zeit konnte er einen Richter davon überzeugen, dass der Vorstand der Banco de Portugal selbst an dem Betrug beteiligt war. Dies schaffte er wiederum durch gefälschte Identitätspapiere. Nach einem Suizidversuch wurde er vorläufig entlassen.

Das endgültige Urteil wurde im Mai 1930 im Gericht St.ª Clara verkündet: 20 Jahre Strafe, davon 8 Jahre Gefängnis und 12 Jahre Verbannung. Alternativ konnte Alves dos Reis auch für 25 Jahre in die Verbannung. Ihm wurde zugute gehalten, dass eines seiner Ziele war, die wirtschaftliche Entwicklung in Angola anzukurbeln. Während seiner Gefangenschaft konvertierte Reis zum protestantischen Glauben. Entlassen wurde er im Mai 1945. Ihm wurden sofort von mehreren Bankhäusern Stellen angeboten, die er aber alle zurückwies. Er ging zurück nach Angola, wo er sich dem Kaffeeanbau widmete. Dort verdiente er sich großen Respekt bei der einheimischen schwarzen Bevölkerung, da er ihnen neue Möglichkeiten beim Handel zeigte. Es war zu der damaligen Zeit Usus, die Schwarzen bei der Ernte um ihren rechtmäßigen Anteil zu bringen. Alves dos Reis zeigte den Bauern, wie sie es anstellen mussten, nicht übers Ohr gehauen zu werden. Bei diesen Vorgängen wurde er jedoch erneut bei einem Betrug erwischt. Vor Antritt der Haftstrafe verstarb Alves dos Reis jedoch am 9. Juni 1955 an einem Herzinfarkt. Total verarmt konnte er seinem Sohn lediglich einen alten Leinenanzug hinterlassen.

Epilog

Die portugiesische Währung hatte infolge des Betrugs starke Schwankungen und verlor einen Großteil ihrer Glaubwürdigkeit. Auch die Politik und Finanzwelt büßten an Reputation ein, von der sie sich nicht mehr erholen konnten. Im Jahre 1932 schließlich wurde der Estado Novo von Salazar ausgerufen, ein weiterer faschistischer Staat in Europa.

Gegen Waterlow & Sons wurde ein Prozess eröffnet, in dessen Folge sie zur Zahlung einer Entschädigung an die Banco de Portugal verurteilt wurden. Nach der Zahlung musste das Unternehmen Konkurs anmelden.

Literatur

  • Artur Virgilio Alves Reis: O Angola e Metrópole. Lisbon 1927
  • Murray Teigh Bloom: The Man Who Stole Portugal. London: Secker & Warburg 1966
  • Thomas Gifford: Escudo. Lübbe Verlag, 2005. ISBN 3404152913
  • Egon Larsen: Echtes Falschgeld für Angola. Arthur Virgilio Alves Reis. In: Ders.: Hochstapler. Hamburg: Ernst Kabel 1984, S. 218 – 231, ISBN 3-921909-42-2
  • Andrew Bull: Alves Reis and the Portuguese Bank Note Scandal of 1925. In: The British Historical Society 24 (1997), S. 22 - 57

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