- Obergrafschaft Lingen
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Die Grafschaft Lingen des ehemaligen westfälischen Kreises, von den Hochstiften Münster und Osnabrück und der Grafschaft Tecklenburg umgeben, zerfiel in die obere und niedere Grafschaft; jene, zu welcher bloß vier Kirchspiele (Ibbenbüren, Brochterbeck, Recke und Mettingen) gehörten, bildete später einen Teil vom Kreis Tecklenburg des preußischen Regierungsbezirks Münster -- heute gehört es zum Kreis Steinfurt; diese, deren Areal 330 km² mit 21.000 Einwohnern umfasste, wurde mit einigen anderen Gebietsteilen zum Kreis Lingen vereinigt, der 1977 im Landkreis Emsland aufging.
Geschichte
Graf Nikolaus III. von Tecklenburg-Schwerin (1493-1496)
Die Grafschaft Lingen wurde 1493 von der Grafschaft Tecklenburg abgespalten. Graf Nikolaus III. von Tecklenburg-Schwerin war durch seinen zweitältesten Sohn Nikolaus gezwungen worden, ihm die Herrschaft über den Kernbereich seines Landes zu übergeben und sich selber gleichsam aufs Altenteil nach Lingen zurückzuziehen.
1496 starb Nikolaus III., sein Erbe war sein ältester Sohn Otto III.. Er übernahm die Grafschaft Tecklenburg und verdrängte seinen Bruder Nikolaus nach Lingen. Der bezog 1498 als Nikolaus IV. mit seiner Mutter die Burg Lingen.
Graf Nikolaus IV. von Tecklenburg-Schwerin (1498 - 1541)
Die Grafschaft Lingen war keine Goldgrube und Graf Nikolaus IV. kein friedliebender Mensch. Also versuchte er, seine Kasse durch Überfälle auf Kaufleute im benachbarten Bistum Münster aufzubessern. Das ließ sich der Bischof von Münster als Landesherr natürlich nicht bieten. Er ließ 1518 die Grafschaft Lingen für ein Jahr erobern; Nikolaus IV. musste fliehen. Nach seiner Rückkehr sorgte er dafür, dass Lingen zu einer Festung ausgebaut wurde. Um einen starken Verbündeten zu gewinnen, brachte er 1526 die einstmals unabhängige Grafschaft in das Herzogtum Geldern ein und ließ es sich gleichzeitig von Herzog Karl von Egmond als Lehen zurückübertragen - heute würde man das vielleicht sell and lease back nennen.
Nikolaus IV. blieb unverheiratet. Das lag allerdings nicht allein daran, dass er mit dem Kriegführen ausgelastet war. Eine standesgemäße Heirat wusste sein Tecklenburger Bruder, Graf Otto III. zu verhindern: Als Nikolaus sich mit der Gräfin von Nassau-Beilstein verloben wollte, sperrte Otto ihn kurzerhand ein Jahr lang ein, bis er die Heiratspläne aufgab. Otto hingegen hatte geheiratet und einen Sohn bekommen, Konrad, der ihn 1541 beerbte.
Graf Konrad von Tecklenburg-Schwerin (1541 - 1547)
Als Nikolaus starb, war Konrad von Tecklenburg-Schwerin, sein Neffe und Graf von Tecklenburg, der nächste Verwandte und übernahm die Grafschaft Lingen mit. Wie vor 1493 waren die Gebiete der Grafschaften Tecklenburg und Lingen wieder in einer Hand.
Aber da war noch das Lehen von 1526. Karl von Egmond selbst hatte 1528 Kaiser Karl V. als Lehnsherrn seines Herzogtums anerkennen müssen und war 1538 kinderlos gestorben. Als seinen Erben hatte er den Herzog von Kleve bestimmt. Der Kaiser jedoch betrachtete das Herzogtum Geldern als an ihn zurückgefallen - und damit nach Nikolaus' Tod auch die Grafschaft Lingen. Hinzu kam, dass Konrad evangelisch war und nun auch in Lingen die Reformation einführte; er gehörte dem Schmalkaldischen Bund evangelischer Herrscher an. 1546 verhängte der katholische Kaiser die Reichsacht über ihn.
Maximilian von Egmond, Graf von Büren (1547 - 1548)
So ließ Karl V. 1547 seine Truppen anrücken, die von Maximilian von Egmond, Graf von Büren, angeführt wurden. Obwohl Konrad große Mühen auf den Ausbau der Festung Lingen verwandt hatte, hatte er keine Chance. Konrad musste dem Kaiser die Grafschaft Lingen und 25.000 Taler in bar überlassen, damit die Acht aufgehoben wurde. Der Kaiser belehnte den siegreichen Grafen Maximilian mit dem Lingener Land.
Anna von Egmond, Gräfin von Büren (1548 - 1551)
Maximilian hatte nicht lange Freude an der Grafschaft Lingen. Er starb schon ein Jahr nach der Eroberung. Die Grafschaft Lingen erbte seine einzige Tochter, die 1533 geborene Anna von Egmond. Als sie 1551 den Prinzen Wilhelm von Nassau-Oranien heiratete, verkaufte sie die Grafschaft für 120.000 Goldgulden an Kaiser Karl V.
Kaiser Karl V. (1551 - 1555)
Für Kaiser Karl V. war Lingen ein Standort von strategischer Bedeutung. Doch dankte er 1555 ab und übertrug die Grafschaft Lingen zusammen mit seinen habsburgischen Besitzungen und den burgundischen Ländern auf seinen ältesten Sohn Philipp, der dadurch als Philipp II. König von Spanien wurde.
König Philipp II. (1555 - 1597)
Die Grafschaft Lingen war nun eine spanische Besitzung und östlicher Außenposten des Weltreiches von König Philipp II.. Damit wurde die Grafschaft auch Gegenstand des Achtzigjährigen Krieges zwischen Spanien und den Niederlanden. 1597 eroberte Prinz Moritz von Oranien Lingen.
Weitere Geschichte
Moritz von Oranien kam. Von 1605 bis 1632 hatten sie jedoch die Spanier nochmals inne, nach deren Abzug aber wieder Nassau-Oranien. Nach dem Tod König Wilhelms III. von England im Jahr 1702 erbte König Friedrich I. in Preußen die Grafschaft Lingen, die er 1707 wieder mit der käuflich erworbenen Grafschaft Tecklenburg vereinigte.
1807 wurde sie von den Franzosen besetzt, 1809 an das Großherzogtum Berg (Departement Ems) und 1810 an Frankreich (Departement Oberems) gegeben. 1814 kam Lingen wieder an Preußen, das 1815 die niedere Grafschaft an Hannover abtrat.
Literatur
- Johann Caspar Möller - Geschichte der vormaligen Grafschaft Lingen von den aeltesten Zeiten bis auf unsere Tage, Lingen 1879, ISBN 3-921663-07-5 (Nachdruck)
- Karl-Eberhard Nauhaus - Das Emsland im Ablauf der Geschichte, Sögel 1984, ISBN 3-925034-00-5
- Lehrerverein der Diözese Osnabrück - Der Kreis Lingen. Beiträge zur Heimatkunde des Regierungsbezirks Osnabrück Heft I, Verlag R. van Acken, Lingen/Ems 1905
- Werner Kaemling - Atlas zur Geschichte Niedersachsens, Gerd J. Holtzmeyer Verlag, Braunschweig 1987, ISBN 3-923722-44-3
Weblinks
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.
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