Obstzwerg

Obstzwerg
 

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Der Buschbaum ist eine Kulturform für viele Obstsorten, Garten- und Parkbäume. Der Niederstamm unterscheidet sich von den Wildformen und der Kulturform Hochstamm in erster Linie durch eine Stammlänge von nur 40–60 cm [1]. Diese Baumform wird durch Wahl einer entsprechend schwach wachsenden Unterlage und einem Erziehungsschnitt zur Anlage der kronenbildenden Äste erreicht. Zwar benötigt ein Niederstamm zeitlebens einen, an seine Physiologie angepassten Schnitt, aber die gesamte Größe der Pflanze wird fast vollständig durch die Leistungsfähigkeit der Wurzelunterlage bestimmt. Zusätzlich ist auch diese Wurzel derart schwach ausgebildet, dass die konventionelleren Formen ebenfalls permanent einen Stützpfahl oder das Anbinden an einer Drahtanlage benötigen.

Bei Niederstämmen beginnt die Krone im Unterschied zum Buschbaum zwar in einem Bereich von 80 bis 100 cm Höhe, allerdings gelten die hier befindlichen Beschreibungen mit leichten Anpassungen für beide Gruppen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Obstanlage mit Niederstämmen

Niederstämmige Obstbäume wurden erst mit Aufkommen des Erwerbsobstbaus im 19. Jahrhundert systematisch kultiviert. Denn sie bringen (im Vergleich zu Hochstämmen) frühere und höhere Erträge mit besserer Qualität; zudem sind sie viel leichter zu ernten und zu pflegen, weil keine Leitern notwendig sind.

Anfänglich wurden die schwachwachsenden Formen bevorzugt für Spaliere, Formschnitt und die im Platz begrenzten Schrebergärten verwendet. Teilweise war die gewünschte Form des Obstbaumes (z.B. U-Paletten) hier wichtiger als der Ertrag.

Der deutsche Obstbaupionier Otto Schmitz-Hübsch legte 1896 die ersten Apfel- und Birnenplantagen mit Niederstämmen an und entwickelte damit das, was man heute als Dichtpflanzung oder high-density planting bezeichnet. Schmitz-Hübsch war es auch, der Anfang der 1930er Jahre den Spindelbusch (Schlanke Spindel) in Bornheim-Merten einführte. Diese Arbeiten wurden um 1950 in England von Grodon McLean unter dem Namen Pillar weiterentwickelt. Wiederum über holländische Pflanzungen wurde die Schlanke Spindel bereits 1960 wieder in Südhessen eingeführt [2]. Jedoch setzte sich diese Anbauform erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit durch. Heute sind etwa neun von zehn Apfelbäumen in Europa Spindelbüsche.

Sonderformen von Niederstämmen

Ältere Nutzungsformen (Y-Krone)

Niederstämme in Kombination mit einer starkwachsenden Unterlage sind zwar prinzipiell möglich, allerdings existieren hierfür keine Verwendungsformen mehr. Das Ergebnis wäre ein Baum mit dem Kronenvolumen eines Hochstammes und einer kaum noch erkennbaren Stammhöhe. Die alte Form der Y- oder Längs-Krone stellte eine solche Verwendung dar, allerdings ist der notwendige Kronenschnitt komplizierter, der Eintritt der Ertragsphase später und der Ertrag in Bezug zur benötigten Fläche schlechter, im Vergleich zu den aktuell eingesetzten Schlanken Spindeln.

Schlanke Spindel im Erwerbsobstbau

Datei:Alternanz Elstar.jpg
Schlanke Spindeln (Sorte Elstar, alternierend)

Die üblicherweise von Obstbauern eingesetzte Schlanke Spindel ist auf einer sehr schwach wachsenden Unterlage veredelt. Das Fruchtholz wird direkt an der Mitte erzogen, echte Gerüstäste (Leitäste), wie bei großkronigen Obstgehölzen üblich, fehlen völlig. Wegen des frühen Ertragseintritts und der Eignung für rationellere Arbeitsabläufe hat sich diese Form im Niederstamm-Erwerbsobstbau durchgesetzt. Die Haltung der Schlanken Spindel setzt sehr gute Kenntnisse beim Schnitt dieser Obstbäume voraus, Fehler können schnell deutliche Probleme verursachen [2]. Aus diesem Grund ist die Schlanke Spindel im nichtprofessionellen Umfeld nur bei engagierten Liebhabern zu empfehlen. Allerdings ist es möglich, jede beliebige Sorte von Kern- oder Steinobst mit dieser Veredelungs- und Pflege-Technik zu erzeugen.

"Zwerge" für Topfpflanzen & Hausgarten

Junge Ballerina

Obstzwerge® und Ballerina® sind kleine Bäumchen für den Privatgarten, die aufgrund besonders schwacher Unterlagen sehr langsam wachsen, eine Endhöhe von etwa 1,50 m erreichen und daher problemlos in größeren Töpfen auf Terrassen oder Balkonen kultiviert werden können[3]. Besonders erstaunlich ist die Tatsache, dass die winterharten Zwergformen, die mehr als zehn Jahre alt werden können, trotz ihrer geringen Größe oftmals mehrere Kilo Früchte tragen. Der Ertrag tritt bereits in den ersten Jahren ein. Häufig werden neue Sorten angeboten, deren Kronenwachstum für die einfache Pflege optimiert wurde. So ist hier kein besonderes Fachwissen zum Obstbaumschnitt notwendig. Der Nachteil vieler dieser Sorten ist der meist nicht völlig befriedigende Geschmack.

Um den außerordentlichen Schwachwuchs dieser Bäumchen zu erreichen, werden die verwendeten Sorten auf Typenunterlagen veredelt, die nach diesem Kriterium selektiert wurden. So verwendet man für Apfel beispielsweise M27 oder M9, wodurch jede schwach bis mittelschwach wachsende Sorte auf etwa 1,5m Endhöhe begrenzt werden kann. Da die bei Birnen üblichen Quittenunterlagen den Wuchs nicht stark genug eindämmen, können hier nur Edelsorten verwendet werden, die von sich aus einen geringen Platzbedarf aufweisen.

Verwechslung mit anderen Pflegeformen

Über die Stammhöhe könnte auch ein Bonsai-Bäumchen als Niederstamm angesehen werden, allerdings sind Bonsais in der Regel nicht auf schwachwachsende Unterlagen veredelt. Die Reduktion der Pflanzengröße wird hier durch einen weit umfangreicheren Astschnitt und insbesondere einen zusätzlichen Wurzelschnitt erreicht. Das Format von Bonsais zeigt jedoch, das fast alle Obstarten- und Sorten bei entsprechender Unterlage und teilweise sehr intensiver Pflege als Topfobst gehalten werden können.

Anfälligkeiten

Für die aktuelle Infektionslage mit Feuerbrand sind schwachwachsende Niederstämme weniger geeignet. Bei den Zwergformen besteht nach einer Infektion meist nur Möglichkeit die gesamte Pflanze zu roden, da der notwendige Rückschnitt (ausgehend von der befallenen Stelle) kaum noch Reste der Pflanze bestehen lässt. Ein Hochstamm kann einen entsprechend massiven Rückschnitt von einzelnen Befallsstellen jedoch relativ problemlos verkraften.

Ökologie

Spindelbüsche sind im Gegensatz zu den großkronigen Obstgehölzen, nur eine geringe Bereicherung für das Landschaftsbild und ökologisch deutlich weniger wertvoll, sie bieten Vögeln und Insekten keine Nistmöglichkeiten. Diese Einschränkung ergibt sich einerseits aus der Größe der Pflanzen, keine hohen oder hohlen Äste für Nester, kaum alte strukturierte Rinde die als Insektenversteck geeignet wäre und dem Zwang sie rationell zu bewirtschaften. Größere Schäden kann ein derart kleiner Baum nicht verkraften, damit können sich das, für viele Insekten notwendige Totholz oder gar Asthöhlen nicht halten.

Es findet mit Spindelbüschen ausschließlich eine intensive Bewirtschaftung (Monokultur) statt, bei einer extensiven Nutzung würden die Bäumchen schnell unter dem umgebenden Bewuchs leiden, ohne den ständigen Pflegeschnitt schnell vergreisen und absterben. Der Einsatz von Insektiziden in konventionellen Obstplantagen ist üblich, eine intensive ökologische Bewirtschaftung ist jedoch ebenfalls möglich und stellt für viele Lebewesen eine Verbesserung des Lebensraumes dar.

Einzelnachweise

  1. Dezernatsgruppe Garten- und Landschaftsbau, 'Obstsorten für Hessen', Hessisches Landesamt für Ernährung Landwirtschaft und Landentwicklung, Kassel 18/86
  2. a b Hans-Joachim Oczko, 'Die Schlanke Spindel', Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung Friedberg
  3. Auszug aus dem Angebot der Baumschule Strobel vom 31.01.2009

Weblinks


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