Ombra della Sera

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Ombra della Sera

Ombra della Sera ist eine etruskische Bronzestatuette, die ca. 250 vor Christus entstanden ist.

Der italienische Dichter Gabriele D’Annunzio soll der berühmten Votivstatuette aus dem antiken Velathri, dem heutigen Volterra im Herzen der Toskana, den Namen Ombra della Sera gegeben haben, Abendschatten. Er fühlte sich bei ihrem Anblick an die langen Schatten in der untergehenden Abendsonne erinnert.

Es gibt zwar eine Reihe von ähnlich langgestreckten bronzenen Votivfiguren im volterranischen Raum. Dieser hier gab jedoch der etruskische Künstler durch die sehr natürlich wirkenden Gesichtszüge und die Sorgfalt und Feinheit der sonstigen Ausführungsmerkmale eine fast übernatürliche Ausstrahlung und Schönheit.

Die Volterraner Bronzegießer waren schon in der Antike weithin berühmt wegen ihrer erstaunlichen handwerklichen und technologischen Fähigkeiten, die Kupfererze ihrer näheren Umgebung, der Colline Metallifere, zu gießen und mit Zinn zu Bronzen zu legieren. Wohlhabende Römer und andere Kunstbeflissene schmückten denn auch schon damals vor der Zeitenwende ihr Zuhause mit den kleinen Bronzestatuetten aus dem jetzigen Volterra.

Inhaltsverzeichnis

Kunstwerk

Der Betrachter der sehr modern wirkenden, überschlanken Statuette, fühlt sich stark an das Kunstschaffen des zeitgenössischen Künstlers Alberto Giacometti (1901-1966) erinnert und wundert sich oftmals zunächst, dass das vor ihm stehende erlesene Kunstwerk vor etwa 2300 Jahren entstanden ist. Die berühmte Statuette des Ombra della Sera ist nicht zuletzt durch ihre modern anmutende Eleganz heutzutage zum Wahrzeichen der toskanischen Stadt Volterra geworden, wo sie im Museo Etrusco Guarnacci von zahllosen Besuchern bewundert wird.

Das Entstehen der 573 Millimeter hohen Originalstatuette wird von Archäologen heute wegen der erkennbaren Einflüsse griechisch antiker Porträtkunst und inzwischen bekannter Bestattungskulte auf das 3. Jahrhundert vor Christus datiert.

Wiederauffindung

Die Wiederauffindung der Bronzestatuette für die Gegenwart muss kurz vor 1737 stattgefunden haben, denn der florentiner Gelehrte Antonio Francesco Gori entdeckte sie zu diesem Zeitpunkt in der Sammlung der reichen Adelsfamilie Buonarroti in Florenz. Er veröffentlichte danach eine Zeichnung der antiken Skulptur und gab als Fundort Volterra an.

Nach 1750 beschaffte sich der adelige Prälat Mario Guarnacci (1701-1785) auf nicht ganz geklärte Art und Weise die Statuette und bereicherte damit seine Privatsammlung um das vielleicht wertvollste Stück. 1761 schenkte Monsignore Mario Guarnacci seiner Heimatstadt Volterra seine gesamte umfangreiche Sammlung, die zusammen mit seiner ebenfalls hinterlassenen wertvollen Bibliothek das Kernstück des heutigen Museo Etrusco Guarnacci in Volterra bilden.

Die antiken Kostbarkeiten wurden dann noch zweimal umgesiedelt, bis sie aus den zu klein gewordenen Räumen des herrlichen Priorenpalastes aus dem 13. Jahrhundert in ihre jetzige Umgebung, den Palazzo Vigilanti in Volterra gebracht wurden.

Gießverfahren

Das Gießverfahren, in dem der Ombra della Sera entstanden ist und das die Kunsthandwerker damals perfekt beherrschten, wird heute Wachsausschmelzverfahren genannt und nach wie vor angewandt. Der Künstler fertigt seine Skulptur zunächst aus Wachs, damals also wohl Bienenwachs. Da man zum Gießen der Bronze eine Gussform benötigt, also einen Hohlraum in der Gestalt des zu gießenden Kunstwerkes, muss man das Wachsobjekt irgendwie umhüllen und dann das Wachs aus der Hülle entfernen.

Das Wachsmodell wird zu diesem Zweck in eine dünne Schlämme aus Ton oder Lehm getaucht und danach an der Luft getrocknet. Bei einem zweiten Tauchvorgang wird die angetrocknete Lehmschicht auf dem Wachsmodell etwas dicker. Man streut dann auf das nasse Objekt etwas feinen Sand auf, wodurch die auftrocknenden Schichten schneller dicker werden und das spätere Formgebilde stabiler wird. Durch weitere Wiederholungen des Tauchvorgangs und Besandens mit anschließender Zwischentrocknung wächst die Wandstärke nach und nach an. Wie dick die Formhülle zu machen ist, hängt von der Gestalt des Kunstwerkes ab. Da der Ombra della Sera mit seiner Höhe von 573 Millimetern eher ein fragiles Objekt ist, musste die Wandstärke der Lehm- oder Tonhülle sicher viele Millimeter stark werden um die notwendige Stabilität zu erreichen.

Wenn zum Schluss die so entstandene Formhülle vollständig durchgetrocknet war, wurde wahrscheinlich unter der Fußsohle der Figur eine Öffnung geschaffen, bis auf die Wachsoberfläche. Dann wurde das Gebilde langsam und vorsichtig einer Temperatur ausgesetzt, bei der das Wachs schmolz und aus der Hülle herauslief. Das Ergebnis war die negative Abformung des Kunstobjektes, die Gießform für die Bronze.

Brennen der Gießform

Würde die flüssige Bronze (ca. 1000 °C) nun beispielsweise durch eine Öffnung der Formhülle unter der Fußsohle in die kalte Form eingegossen, so würde die Bronze erstarren, bevor die entfernteste Stelle der Form von der Schmelze erreicht wird. Deshalb muss die Gießform sehr stark erhitzt werden, damit alle Partien mit Schmelze ausgefüllt werden, bevor das Erstarren der Bronze einsetzt.

Das Brennen von Tongefäßen war schon zu Zeiten der Etrusker eine uralte, beherrschte Technik. Der Ton- oder Lehmabguss wurde gebrannt wie ein Gefäß und dann sofort in das glühendheiße Tongefäß die flüssige Bronze gegossen. Mit dieser ausgeklügelten und aufwendigen Gießprozedur gelangen schon damals Gussergebnisse wie der Ombra della Sera, bei dem bis hin zu den Nagelfalzen um die Fußnägel herum alle Details, die der Künstler gestalten wollte, perfekt erhalten sind.

heutiges Wachsausschmelzverfahren

Die Chinesen beherrschten die gleiche Wachsausschmelzmethode bereits 5000 vor Christus. Und wenn heute Präzisionsteile zum Beispiel für ein künstliches Kniegelenk, eine Zahnprothese oder für eine Maschinenpistole zu gießen sind, oder „nur“ einfache Schmuckstücke aus Gold, wird nach wie vor das Wachsausschmelzverfahren angewandt.

Quellen

Weblinks

 Commons: Ombra della sera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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