- Ordonnanz (Gefechtsordnung)
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Als Ordonnanz wurden im 16. und 17. Jahrhundert die Gefechtsaufstellungen des Fußvolks, teilweise auch die Aufstellung des gesamten Heeres bezeichnet. Ursprünglich vom französischen Begriff für die dazu erlassene Anordnung stammend, galt der Begriff bald auch für die eigentliche Gefechtsordnung.
Mit dem Niedergang der Ritterheere und dem Wiederaufstieg des Fußvolks ab Mitte des 15. Jahrhunderts kam es zu einschneidenden Veränderungen in der europäischen Taktik. Die neuartigen Festlegungen für die Aufstellung und das Zusammenwirken der verschiedenen Truppenkörper im Gefecht wurden als Ordonnanz bezeichnet. Je nach Herkunftsland, in dem die Gefechtsordnung entwickelt und eingeführt wurde, werden die Ordonnanzen unterschieden.
Inhaltsverzeichnis
Schweizer Ordonnanz, Gevierthaufen, Gewalthaufen
In der Schweizer Ordonnanz wurde die taktische Aufstellung der Landsknechte und das Zusammenwirken von Pikenieren und Hellebardieren im Haufen geregelt. Sie war die erste Ordonnanz dieser Art und sah noch keine Regelungen für das Zusammenwirken mit Musketieren oder Arkebusieren vor.
Die Einführung von Feuerwaffen für einzelne Soldaten (Pistolen, Gewehre), insbesondere ihre technische Verbesserung im 16. Jahrhundert und vor allem die Einführung der Muskete, führten zu einer weiteren grundlegenden Änderung in der europäischen Landkriegs-Taktik. Insbesondere die Einführung von Pistolen für die Kavallerie machte es den Reitern möglich, auf Pistolenschussweite an die Gewalthaufen heranzureiten und in sie hineinzufeuern, ohne in den Gefahrenbereich der Piken zu geraten. Einem solchen Angriff hatten die Gewalthaufen mit ihren Stangenwaffen nichts entgegenzusetzen. Die Pikeniere wurden nun durch Musketiere ergänzt, welche die schießende Kavallerie vertreiben konnten. Die Frage, wie diese beiden Arten des Fußvolks auf dem Gefechtsfeld zusammenwirken sollten, war Hauptgegenstand vieler Überlegungen im 16. und 17. Jahrhundert und der daraus entstandenen Ordonnanzen.
Spanische Ordonnanz, Tercio
Sie wurde auch Burgundische Ordonnanz oder Katholische Ordonnanz genannt.
Als bedeutendste Neuerung bildeten die Spanier schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Tercio eine Truppenaufstellung, bei der das kompakte Pikenier-Quadrat von Musketieren oder Arkebusieren umgeben wurde. Die Musketiere schützten die Pikeniere vor schießender Kavallerie durch eigenes Feuer und wurden anschließend ihrerseits durch die Pikeniere geschützt. Notfalls konnten sie unter den langen Piken Schutz finden, mussten sich dazu aber auf den Boden kauern. Im Tercio war die gesamte Pikenierformation von mehreren Reihen und Gliedern von Musketieren umgeben, die auch als Hecke bezeichnet wurden.
Als Spanische Ordonnanz wurde die gestaffelte Aufstellung mehrerer Tercios bezeichnet, vier als Brigade, mindestens sieben als Doppelbrigade. Der letzte Einsatz eines Heeres in dieser Gefechtsordnung war 1643 in der Schlacht von Rocroi, wo ein französisches Heer nach neueren Ausbildungsmethoden die spanischen Tercios im offenen Gelände besiegte.
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Schlacht am Weißen Berg (1620); auf beiden Seiten sind von Musketieren umgebene Pikeniere erkennbar (Spanische Ordonnanz)
Niederländische Ordonnanz
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts entwickelten die Niederlande im Rahmen der Oranischen Heeresreform eine neue Gefechtsaufstellung, um vor allem die bei ihnen größere Zahl von Feuerwaffen besser einsetzen zu können. Die Musketiere wurden nun nicht mehr als Hecke um ein Geviert von Pikenieren gestellt, sondern beide Arten Fußvolk in jeder Einheit nebeneinander. Gewöhnlich so, dass die Pikeniere in der Mitte standen und auf beiden Flügeln Musketiere und Arkebusiere.
Schwedische Ordonnanz
Im Dreißigjährigen Krieg entwickelte Gustav Adolf die Niederländische Ordonnanz weiter. Das Fußvolk wurde nicht mehr so stark nach der Tiefe gestaffelt und die Musketiere wurden in selbständigen Formationen zwischen oder hinter, im Laufe der Zeit jedoch auch immer mehr vor den Pikenieren aufgestellt. Diese Änderung war möglich geworden durch technische Verbesserungen an der Muskete und die Einführung militärischer Ausbildung in Form ständigen Drills. Zugleich war sie durch das stetige Anwachsen der Zahl der Musketiere bei gleichzeitigem Schrumpfen der Pikenierzahl in den Heeren notwendig geworden. Eine Folge war die Zurückdrängung des Nahkampfs und ein immer weiter in den Vordergrund des Kampfes tretendes Feuergefecht. Den entscheidenden Angriff auf den vom Geschütz- und Musketenfeuer geschwächten Gegner führten nicht mehr die Pikeniere, die allmählich vom Schlachtfeld verschwanden, sondern die Reiterei.
Preußische Ordonnanz
Schon außerhalb der eigentlichen Zeit der Ordonnanzen wurden die Gefechtsformationen der Infanterie noch einige Zeit so bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist die Preußische Ordonnanz aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die die taktische Aufstellung und Gliederung der preußischen Infanterie bezeichnete und als Vorläufer moderner Vorschriften gilt.
Danach wurde der Begriff Ordonnanz durch die Bezeichnungen Schlacht- oder Gefechtsordnung ersetzt.
Französische Ordnonnanz
Nachdem der Begriff eigentlich schon obsolet war, kam er noch einmal kurz auf, um die besondere Gliederung der napoleonischen Truppen in Divisionen und Armeekorps zu bezeichnen. Mit dem Begriff der französischen Ordonnanz wurde daher weniger die Aufstellung der Truppen bezeichnet, als die Zusammenfassung verschiedener Truppengattungen (Infanterie, Kavallerie und Artillerie) in mehr oder weniger einheitlichen aber eben gemischten Truppenkörpern, die auch nicht mehr nur für das Gefecht gebildet wurden, sondern in Friedenszeiten als administrative Einheiten fortbestanden.
Siehe auch
Zu weiteren militärischen Bedeutungen von Ordonnanz siehe Ordonnanz
Literatur
- Herbert Schwarz: Gefechtsformen der Infanterie in Europa durch 800 Jahre. München 1977.
- Georg Ortenburg: Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Revolutionskriege. Koblenz 1988, ISBN 3-7637-5807-0.
Kategorien:- Kriegs- und Gefechtsführung
- Taktik und Strategie (Frühe Neuzeit)
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