Ordonnanzhaus

Ordonnanzhaus

Das sogenannte Ordonnanzhaus oder Steinhaus (niederdeutsch: Steenhus) der Altstadt Brandenburg an der Havel ist ein kulturhistorisch bedeutendes Bürgerhaus. Es zählt zu den ältesten Profangebäuden der Mark Brandenburg und ist gegenwärtig ein Teil des Sitzes der Stadtregierung der Stadt Brandenburg an der Havel: Im Ordonnanzhaus befindet sich der Dienstsitz des Oberbürgermeisters der Stadt Brandenburg an der Havel.

Der hanseatische Nordostgiebel des Ordonnanzhauses vom Turm von St.Gotthardt aus gesehen

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Das Steenhus oder Steinhaus wurde in seinen ältesten, d. h. westlichen Teilen etwa um das Jahr 1300 – 1310 erbaut. Es darf angenommen werden, dass es sich um eines der ältesten steinernen Profanbauten der Mark handelt. Es ist nicht sicher, ob neben dem Ordonnanzhaus zum Zeitpunkt seiner Entstehung noch andere Steinhäuser, womöglich ähnlicher Größe, in Alt- oder Neustadt Brandenburg bestanden. In Betracht kämen eventuell u. a. auch die Bäckerstraße 14 (ehem. Preußischer Hof, später Deutscher Hof) oder die Ritterstraße 86 (Das Gotische Haus, ehem. Radio Pax, Ritterstraße Ecke Johanniskirchgasse). Sicher ist nur, dass dieses eine erhalten blieb.

Name

Der Name Ordonnanzhaus leitet sich daher, dass das Gebäude im 18. Jahrhundert den Ordonnanzen des preußischen Königs als Quartier diente.

Gestalt

In seinem gotischen Baustil lehnt es sich an die Bürgerhäuser der norddeutschen Hansestädte an. Besonders der mit sechs großen Halbsäulen gezierte Nordostgiebel, zwischen denen gotische Spitzbogen-Blenden neun nachträglich eingearbeitete Fenster aufnehmen, verweist auf hanseatische Bautradition. Das zweigeschossige Haus zeigt sich zu seiner postalischen Adresse Schusterstraße 6 giebelständig. Dem Südwestgiebel wurde kurz nach der ersten großen Umbauphase in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein kleiner, ebenfalls zweigeschossiger, von einem Satteldach bedeckter Anbau vorgesetzt. Das Satteldach des Ordonnanzhauses wird von einem großartigen Dachstuhl aus dem frühen 15. Jahrhundert (Dendrochronologie) getragen, der mit den Dachstühlen von St. Katharinen, dem des altstädtischen Rathauses und einigen anderen Objekten der Stadt als herausragendes Beispiel mittelalterlicher Zimmermannskunst und Baulogistik dient. Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts wurde zwischen dem Ordonnanzhaus und dem Altstädtischen Rathaus ein Verbinder gebaut, der beide Gebäude nun Teil eines Komplexes sein lässt. Die zwischen Altstädtischem Rathaus und Ordonnanzhaus von der Schusterstraße zum Altstädtischen Markt führende Gasse wurde dabei geschlossen und überbaut.

Funktion

Eichholz, Grasow und Biller hielten das Ordonnanzhaus für ein Patrizierhaus. Stiehl, Kolb und Tschirch vertreten die Ansicht, es handele sich um das älteste Rathaus der Altstadt. Wernicke spricht das Gebäude als Kauf- und Gildehaus an.

Den Ausführungen des renommierten Bauhistorikers Jens Christian Holst aus Hoisdorf, der im Auftrag der Stadt Brandenburg an der Havel mit der bauhistorischen Erforschung des Baukörpers betraut worden war, zufolge erscheint die Variante „Patrizierhaus“ am wahrscheinlichsten. Ein Kaufherr und mittelalterlicher Vertreter bzw. Unterhändler der Stadt am kurfürstlichen Hof wird als „Ghiso ut deme Steenhus“ vermerkt. Wenngleich aus den oben angeführten Gründen Herr Ghiso nicht sicher als Eigentümer des Ordonnanzhauses anzusprechen ist, liegen doch einige Argumente für diese Zuordnung vor.

Auch die Raumaufteilung unterstützt die private Nutzung durch einen sehr begüterten Bürger der Altstadt Brandenburg.

Holst sieht in den Gelassen der ehemaligen Gaststätte "Wein-ABC" die privaten Wohnräume der Patrizierfamilie, die den nordöstlichen Teil des Erdgeschosses ausmachen. Im Nordwesten befindet sich eine kleine Laube mit hervorragend erhaltenen gotischen Putzmalereien, die so erhalten in der Mark Brandenburg als kleine Sensation aufgefasst werden dürfen. Holst sieht in diesem Raume eine kleine Weinlaube zu privaten oder intimen Besprechungen oder kleinen Festlichkeiten des Hausherren.

Ursprünglich existierte keine Verbindung zwischen dem Ordonnanzhaus und dem Rathaus der Altstadt. Zwischen beiden Gebäuden verlief eine offene Gasse vom Markt zur Schusterstraße. Das ließ das Rathaus als singuläres Objekt auf dem Markte eine ähnliche Präsenz behaupten, wie sie noch heute beispielsweise das Tangermünder Rathaus besitzt. Desungeachtet wurde in beiden Gebäuden die nach der Aufgabe des Altstädtischen Rathauses als Verwaltungssitz im Jahre 1715 eingerichtete Barchentfabrik betrieben.

Das Ordonnanzhaus wurde 1818 von der Stadt Brandenburg an der Havel erworben.

Es diente dann seit 1840 als Armen-Arbeits-Anstalt und städtisches Waisenhaus. Im 20. Jahrhundert wurde eine Polizeidienststelle eingerichtet. 1946 war das Ordonnanzhaus Amtssitz des Brandenburger Stadtrates für Volksbildung und Gründers der Brandenburger Volkshochschule Wilhelm Fraenger. Eine Schankstube (Wein-ABC), ein Reisebüro sowie die Stadt- und Kreisbibliothek nutzten das Gebäude während der Zeit des Bestehens der DDR ebenfalls. Seit Dezember 2007 ist das Ordonnanzhaus Teil der Stadtverwaltung und seit Ende Januar 2008 Dienstsitz des Brandenburger Oberbürgermeisters.

Weblinks

Preußischer Landbote

Quellen

  • Friedrich Grasow; Brandenburg, die Tausendjährige Stadt - Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte; Im Selbstverlage der Stadt Brandenburg; Brandenburg an der Havel 1928
  • Chronik der Stadt Brandenburg, Hersg. vom Arbeitskreis Stadtgeschichte der Stadt Brandenburg an der Havel im Brandenburgischen Kulturbund e. V., Verlag B. Neddermeyer Berlin 2003, ISBN 3-933254-40-X
  • Marcus Cante, Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Brandenburg, Stadt Brandenburg an der Havel, Band 1.1 Dominsel- Altstadt-Neustadt, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms am Rhein 1994, ISBN 3-88462-105-X
  • Preußischer Landbote, Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur, notiert an der Deutschen Nationalbibliothek, ISSN 1613-8910, Sonderausgabe Verschwundene Schätze der Stadt Brandenburg, Brandenburg an der Havel 2003
52.41413611111112.554444444444

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