Fraenger

Fraenger

Wilhelm Fraenger (* 5. Juni 1890 in Erlangen; † 19. Februar 1964 in Potsdam) war ein deutscher Kunsthistoriker und Volkskundler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1917 wurde er aufgrund seiner Arbeit Die Bildanalysen des Roland Fréard de Chambray zum Dr. phil. promoviert.

Von 1927 bis zur seiner Entfernung aus dem Dienst durch die Nationalsozialisten 1933 wirkte er als Bibliothekar und als Direktor der Schloßbibliothek Mannheim. Er war Herausgeber des Jahrbuches für historische Volkskunde [1] und ab 1919 Begründer und Mittelpunkt des Heidelberger Kreises 'Die Gemeinschaft' [2].

Nach 1945 war er als Politiker engagiert. Von 1945 bis 1947 war er Bürgermeister des bei Brandenburg an der Havel gelegenen Dorfes Päwesin, ab 1946 bekleidete er das Amt des Stadtrates für Volksbildung der Stadt Brandenburg an der Havel unter Oberbürgermeister Fritz Lange. Im Rahmen dieser Tätigkeit gründete Fraenger im selben Jahr die Volkshochschule der Stadt, deren Rektor er bis 1947 war. Sein Amtssitz befand sich zu dieser Zeit im Brandenburger Ordonnanzhaus, dem heutigen Amtssitz der Brandenburger Oberbürgermeister.

1945 trat Fraenger der KPD bei. Im Rahmen eines Parteiprüfungsverfahrens schloß die SED, die zwischenzeitlich durch die Vereinigung von SPD und KPD entstanden war, Fraenger aus ihren Reihen aus.

Fraenger wurde durch seine Interpretationen zu Hieronymus Bosch, Matthias Grünewald, Jerg Ratgeb, Hercules Seghers, aber auch zu literarischen Werken wie Clemens Brentanos Alhambra bekannt. Bereits 1919 und 1929 bis 1930 hielt er Lichtbildervorträge über Grünewald. Sein bekanntestes Grünewaldbuch wurde 1936 veröffentlicht und hat die Grünewald-Interpretation maßgeblich beeinflusst. 1956 schrieb Adolf Max Vogt über dieses Buch:

Fraengers Buch ist durchdrungen von einer erstaunlichen Begabung des Sehens, und was Fraenger über das Physiognomische und das Körpergebaren Grünewaldscher Darstellungen sagt, gehört zum Besten in der Grünewald-Literatur. Meisterhafte Formulierungskraft steigert den Eindruck. (Vorwort zu Fraenger, S. 7)

Diese Ansicht teilte auch Carl Zuckmayer, der in einem Brief über Fraenger 1975 schrieb:

Fraenger zu zitieren, um seine Sprache zu veranschaulichen, wäre fast so müßig wie das Herausbrechen von einzelnen Steinchen aus der goldenen Aura in einem Ravenna-Mosaik [3]

1955 wurde Fraenger zum Professor ernannt. Wilhelm Fraenger war Gründungspate des Castrum Peregrini[4]

Fraengers Publikationen sind auch nach seinem Tod mehrfach erneut aufgelegt worden. Der sehr positiven Aufnahme der Arbeiten Fraengers stehen aber auch kritische Stimmen gegenüber, die seine Interpretationen für zu weit reichend halten.

Werke

  • Matthias Grünewald, Verlag der Kunst: Dresden 1995, ISBN 3-364-00324-6. Die Zitate von Vogt und Zuckmayer sind dem Vorwort zu diesem Buch entnommen.
  • Hieronymus Bosch, Verlag der Kunst: Dresden 1975
  • Die Radierungen des Hercules Seghers - Ein physiognomischer Versuch, Verlag Philipp Reclam jun.: Leipzig 1984, 2. Auflage 1986
  • Formen des Komischen. Vorträge 1920–1921, PHILO & PhiloFineArts: Hamburg 1995 (=FUNDUS Band 136), ISBN 978-3-86572-557-8

Literatur

  • Petra Weckel: Wilhelm Fraenger (1890-1964). Ein subversiver Kulturwissenschaftler zwischen den Systemen. Potsdam 2001[5]

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. [2]
  3. Vorwort zu Fraenger, Seite 7
  4. Castrum Peregrini
  5. Rezension

Weblinks


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