Osiandrischer Streit

Osiandrischer Streit

Der Osiandrische Streit wurde zur Zeit der kirchenpolitischen Reformation in Deutschland geführt. Benannt wurde er nach Andreas Osiander, der den Streit 1550/51 ausgelöst hatte, als er in seiner Rechtfertigungslehre die „essentielle Gerechtigkeit” des neuen Menschen behauptete. Dies sollte bedeuten, dass die Rechtfertigung des Menschen vor Gott darin bestehe, dass Christus als ewiges Wort Gottes im Menschen real präsent sei und der Mensch so durch die Gerechtigkeit Christi gerecht werde.

Die lutherische Mehrheit unter der Federführung Philipp Melanchthons warf Andreas Osiander vor, die Grenze zwischen Rechtfertigung und Heiligung zu verwischen und daher zu lehren, dass der Mensch vor Gott durch seine guten Werke gerecht werde. Das war eine grobe Verzeichnung der Position Osianders. Dem stellten die Philippisten ein rein imputatives Verständnis der Rechtfertigung entgegen: In der Rechtfertigung werde dem Menschen die Gerechtigkeit Christi angerechnet (lat. imputare) und im Gegenzug würden seine Sünden Christus angerechnet. Für die auf ihn übertragenen Sünden erleide Christus am Kreuz die Strafe Gottes. Dieses imputative Verständnis der Rechtfertigung wurde zum Standard der lutherisch-orthodoxen Theologie. Dabei betonten Gnesiolutheraner und Philippisten gemeinsam die „zugerechnete Gerechtigkeit”.

Literatur

  • Martin Stupperich: Osiander in Preußen 1549-1552, Berlin/New York 1973.
  • Claus Bachmann: Die Selbstherrlichkeit Gottes. Studien zur Theologie des Nürnberger Reformators Andreas Osiander, Neukirchen-Vluyn 1996.
  • Claus Bachmann: Das Kreuz mit der Alleinwirksamkeit Gottes. Die Theologie des Nürnberger Reformators und protestantischen Erzketzers Andreas Osiander im Horizont der Theosis-Diskussion, in: Kerygma und Dogma Bd. 49 (2003), S.247-275.
  • Johann Sporschil: Populäre Geschichte der katholischen Kirche. Ernst Fleischer, Leipzig, 1850, 3. Bd. S. 345 (Online)
  • Johann Georg Veit Engelhardt: Handbuch der Kirchengeschichte. Verlag Johann Jakob Palm und Ernst Henke, Erlangen, 1833, 3. Bd., S. 233, (Online)
  • Ignaz von Döllinger: Die Reformation und ihre innere Entwicklung und ihre Wirkungen im Umfange des lutherischen Bekenntnisses. Verlag G. Joseph Manz, Regensburg, 1848, 3. Bd., S. 397-437 (Online)

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