Pala Montefeltro

Pala Montefeltro
 
Pala Montefeltro
Piero della Francesca, zwischen 1466 und 1474
Öl auf Holz, 248 cm × 170 cm
Pinacoteca di Brera

Die Pala Montefeltro, auch genannt Pala di Brera oder Madonna mit Kind und Heiligen und dem Stifter Federico da Montefeltro ist ein Altarbild des italienischen Malers Piero della Francesca. Das Bild zeigt eine sogenannte Sacra Conversazione: die Madonna mit dem schlafenden Kind, umgeben von sechs Heiligen und vier Engeln zusammen mit dem Stifter des Bildes, Federico da Montefeltro.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Bildes

Das Bild ist vermutlich im Auftrag des Herzog von Urbino für sein Mausoleum oder seine Grabkapelle entstanden, die aber nie gebaut wurde. Nach der Vollendung wurde es in der Kirche San Donato degli Osservanti in Urbino aufgestellt und wahrscheinlich erst nach dem Tod des Herzogs in die Osservantenkirche San Bernardino, wo sich sein Grabmal befindet, überführt. 1811 kam das Bild im Zuge der napoleonischen Säkularisation in die Gemäldesammlung der Brera.

Das Bild hat nicht mehr seine ursprünglichen Maße von vermuteten 345 x 190 cm, da es offenbar an allen Seiten beschnitten worden ist. Da die ursprüngliche Rahmung nicht mehr zu rekonstruieren ist, zeigt die Brera das Bild ohne Rahmen.

Beschreibung

Im Zentrum des Bildes sitzt Maria mit dem schlafenden Kind auf einem Thronsessel, der auf einem mit Teppich bedeckten Podest aufgestellt ist. Sie ist umgeben von sechs Heiligen und vier Engeln. Ganz rechts von ihr steht Johannes der Täufer, der Namenspatron der Frau des Herzogs, Battista Sforza.. Er trägt einen Stab in der Hand und zeigt mit seiner Rechten auf den schlafenden Jesusknaben, der für ihn kennzeichnenden Geste des ecce agnus dei. Der ausgemergelte Heilige ist der büßende Hieronymus, der sich mit dem Stein an die nackte Brust schlägt. Der Mönch zwischen den beiden Heiligen wird manchmal von Interpreten als der Bußprediger Bernhardin von Siena identifiziert. Links der Madonna sind der Heilige Franziskus, Petrus Martyr und ein Evangelist aufgereiht. Franziskus, der sein Stigma zeigt, hält in der Hand ein transparentes, schimmerndes Kreuz aus Gold und Bergkristall, wie es in den Kirchen Oberitaliens beliebt war. Hiermit wird auf den Kreuzestod Jesu verwiesen. Neben Franziskus steht ein Evangelist mit Evangelienbuch und hinter den beiden der Heilige Petrus Martyr, zu erkennen an seiner blutigen Kopfwunde.

Auf der Stufe hinter dem Thron stehen vier jugendlichen Engel. Sie sind gekleidet in prächtige, mit Goldborten besetzte Gewänder, tragen Ketten aus Gold, Perlen und Edelsteinen und jeweils einen mit Juwelen besetzten Stern in ihren kunstvoll gelockten blonden Haaren. Auch Maria trug ursprünglich einen solchen Schmuck im Haar, der jedoch bei der Restaurierung des Bildes durch Pedro Berruguete entfernt worden ist. Marias Haar ist mit einem zarten Schleier bedeckt. Sie ist gekleidet in ein Gewand aus rot-goldenem Brokat mit Granatapfelmuster und einen weiten blauen Mantel, der sich in schweren Falten auf dem Podest staut. Auf ihren Knien schläft das Kind. Seine Korallenkette verweist auf das in der Passion vergossene Blut. Maria hat die Hände zum Gebet gefaltet und die Augen niedergeschlagen. Diese Darstellung von Mutter und Kind, die an eine Pietà denken lässt, spielt an auf den Tod Christi.

Porträt Federico da Montefeltros von Piero della Francesca gemalt nach dem gleichen Karton wie der Kopf des Stifters

.

Federico da Montefeltro

Rechts am vorderen Bildrand kniet Federico da Montefeltro. Er ist gekleidet in Rüstung und kurzen Brokatmantel, dessen Stoff dem Kleid der Madonna ähnelt, und er ist mit dem Schwert gegürtet, während er Helm, Handschuhe und Kommandostab vor sich abgelegt hat. Der Helm zeigt noch die Spuren des Kampfes, bei dem Federico sein rechtes Auge und fast sein Leben verloren hätte. Er erinnert an eine verhängnisvolle Geschichte, als er bei einem Turnier mit geöffnetem Helm kämpfte, um einer Frau, die er umwarb, zu imponieren. Wegen dieser Leichtfertigkeit konnte ihm der Gegner das Nasenbein zerschmettern und das rechte Auge ausstechen. Federico hat sich später über seinen Leichtsinn geschämt, bei dem er sein Leben und das Wohl seines Staates aufs Spiel gesetzt hatte. Die Auswahl der Heiligen auf dem Bild, unter denen zumindest der Dominikaner Petrus Martyr ungewöhnlich ist, ist aus dem Geist der Reue und Buße, die den Auftraggeber im Gedanken an den Tod bewegt, zu erklären.

Anders als der Betrachter des Bildes, kann der Stifter selbst, der ja auf dem rechten Auge blind ist, die himmlische Erscheinung nicht sehen, für ihn bleibt sie eine innere Vision.

Farbe und Raum

Auffallend an der farblichen Gestaltung des Bildes ist die Vorherrschaft der Farbe Grau, die in vielfältigen Abstufungen das Bild beherrscht und sich auch – in Farbton und Farbintensität abgewandelt – in den Gewändern der Heiligen und der glänzenden Rüstung des Herzogs wiederholt. Kontrastfarben sind – abgesehen von den zurückhaltenden Farbtönen der Marmorspiegel, nur die wenigen hellroten Farbakzente einzelner Gewänder und Details sowie der dunkle rotbraune Streifen am Gesims, der die Trennung von der Gewölbezone markiert.

Im Gegensatz zu niederländischen Altarbildern, deutet in dem hier dargestellten Raum kaum etwas auf seine sakrale Bestimmung, es könnte auch ein Raum in einem weltlichen Palast sein. Von den beiden vorderen mächtigen Pfeilern, auf denen die Bögen des Gewölbes lasten, sind wegen der Verstümmelung des Bildes nur noch schmale Streifen bzw. Teile der Kapitelle zu erkennen.
Die Rückwände und die Wände der Apsis werden gegliedert durch kannelierte Pilaster, die verschiedenfarbige Marmorspiegel einfassen. Überwölbt wird die Apsis durch ein mächtiges kassetiertes Tonnengewölbe. Ungewöhnlich ist die riesige weiße Jakobsmuschel, die die Apsiskalotte ausfüllt. Die Muschel ist zwar ein „Leitmotiv“ in der Baukunst der Renaissance, hier aber naturalistisch genau wie eine Muschelschale aus dem Meer ausgeführt. In der christlichen Symbolik ist die weiße Muschel ein Symbol für die Mutterschaft und für die Reinheit Marias: So wie die Muschel in sich die kostbare Perle trägt, so hat eine jungfräuliche Maria Jesus, den Sohn Gottes, in sich getragen.

Ein weiteres Symbol für Maria ist das auffällige, an einer Goldkette aufgehängte Straußenei. Das Ei ist in ein in vielen Religionen übliches Symbol mit einer Vielzahl von Bedeutungen. Im alten Ägypten war das Ei Symbol für das Leben nach dem Tod, der Kirchenvater Augustinus deutet es als Symbol der Hoffnung. Für den Theologen Hugo von Sankt Viktor ist das Straußenei Symbol für Christi Tod und Auferstehung. Manche Interpreten deuten das Straußenei in Pieros Bild als Zeichen für die Unbefleckte Empfängnis Mariens.

Nachwirkungen

Das Bild war das erste großformatige Altarbild Pieros. Es diente sofort vor allem in Mittel- und Oberitalien und besonders in Venedig als Modell für die Altarmalerei, wobei die Menge der Bilder von Typ Sacra Conversazione kaum überschaubar ist. Piero hat hier zum ersten Mal mit der Tradition von mittelalterlichen Altarbildern gebrochen, in denen die Madonna und die Heiligen jeweils – in der Darstellungsform eines Triptychons oder Polyptychons – in eigenen Gehäusen dargestellt werden, und die Gruppe stattdessen in einem einheitlichen architektonischen Raum gemalt.
Die mittelalterliche Bedeutungsperspektive, bei der die Größe der Figuren nach ihrem Rang und ihre Bedeutung gestaffelt ist, stimmt in dem Bild nicht mehr. Piero ordnet seine Gruppe nach den Regeln der Zentralperspektive, die Isokephalie – die gleiche Kopfhöhe der Figuren - erreicht er durch die unterschiedlichen Stufen des Bildraums.

Auch der gemalte Raum wurde von Piero nach Prinzipien angelegt, die er in seine theoretischen Auseinandersetzungen mit dem Problem perspektivischer Darstellung erarbeitet hatte, was zu verschiedenen Versuchen geführt hat, die Architektur der Pala mathematisch zu rekonstruieren. Auch diese Erneuerung wurde in Venedig übernommen und von Bellini insofern perfektioniert, als er in seiner Pala di San Zaccaria von 1505 den realen Kirchenraum scheinbar in den gemalten Bildraum erweitert.

Rezeption

Horst Antes schuf eine Farblithographie mit dem Titel "Das Ei des Piero della Francesca" (1974).

Literatur

  • Carlo Bertelli: Piero della Francesca. Leben und Werk des Meisters der Frührenaissance. Köln 1992. ISBN 3-7701-3058-8
  • G. Ugolino: La Pala di Montefeltro. Una porta per il Mausoleo di Federico. Pesaro 1985.

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